Meinung

«Avatar»: Netflix streicht Sokkas Sexismus – und begeht damit einen schweren Fehler

Luca Fontana
1.2.2024

Sokka ist zwar nicht der Hauptcharakter von «Avatar: The Last Airbender», aber trotzdem einer der beliebtesten Charaktere. Nun streicht ihm Netflix wohl eine seiner wichtigsten, «fragwürdigsten» Charakterentwicklungen – zu Unrecht.

Es ist August 2020.

Fans sind ausser sich. Zu Recht, finde ich.

Netflix-Adaption ohne die Macher des Originals: Kann das gut gehen?

Eines vorweg: Mir ist durchaus bewusst, dass ich über eine Serie schreibe, die noch gar nicht erschienen ist. Das mag unfair sein. Diese Zeilen sollen daher nicht als Serien-Kritik verstanden werden, sondern als Ausdruck meiner Besorgnis. Schliesslich begleitete mich die Nickelodeon-Zeichentrickserie jahrelang. Gerade in meiner frühen Jugend, als «Avatar: The Last Airbender» im Jahr 2005 zum ersten Mal auf Nickelodeon ins Fernsehen kam.

Eine davon gehört Sokka.

Sokka ein Sexist? Anfangs, ja, aber dann …

Es stimmt schon: Sokka ist kein Element-Bändiger, aber ein stolzer Krieger des südlichen Wasserstamms. In seiner Weltanschauung ziehen Männer in den Krieg, während Frauen zu Hause auf sie warten. Damit ist er nicht alleine: Auch im nördlichen Wasserstamm, am anderen Ende der Welt, werden nur Männer zu Kriegern ausgebildet, während Frauen sich in der Heilkunst vertiefen. Jemand muss ja die verletzten Männer, die aus dem Kampf zurückkehren, wieder gesund pflegen.

Ein wichtiger Moment in Sokkas Charakterentwicklung. Das zeigt schon diese eine fünfminütige Szene da oben. Kennst du die ganze Serie, wird’s aber noch deutlicher: Sokka kann keine Elemente bändigen. Als stolzer Krieger kratzt das in einer Welt, in der es möglich ist, Wasser, Feuer, Luft und Erde zu bändigen und damit unglaubliche Dinge zu vollbringen, an seinem Selbstwert.

Der Wegfall des Sexismus ist ein Verlust für die Serie

Selten habe ich im Fernsehen das Thema Sexismus so unmoralisch und trotzdem mit der angemessenen Tiefe umgesetzt gesehen wie in «Avatar: The Last Airbender». Zu keinem Zeitpunkt fühlen wir Zuschauende uns belehrt, und trotzdem lernen wir. Auch, weil es nie darum geht, eine klare Gewinnerin oder einen klaren Gewinner zu küren. Am Ende siegt stets die Gleichstellung. Das sich auf Augenhöhe begegnen – mit gegenseitigem Respekt.

Nun denn, die Live-Action-Adaption von «Avatar: The Last Airbender» kommt am 22. Februar auf Netflix. Spätestens dann werden wir sehen, ob Sokka bloss noch zum reinen Sprücheklopfer degradiert wurde, ohne Tiefe und Nuancen. Bis dahin bleibe ich besorgt.

Titelfoto: «Avatar: The Last Airbender» / Netflix

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Ich schreibe über Technik, als wäre sie Kino, und über Filme, als wären sie Realität. Zwischen Bits und Blockbustern suche ich die Geschichten, die Emotionen wecken, nicht nur Klicks. Und ja – manchmal höre ich Filmmusik lauter, als mir guttut.


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