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Astrophysik: Schwarzes Loch knipst den Strahler an

Eigentlich waren die Beobachter auf der Suche nach einer Kilonova. Stattdessen entdecken sie Signale eines Schwarzen Lochs, das rasch grosse Mengen an Materie verschlingen konnte.

In zehn Milliarden Lichtjahren Entfernung hat ein supermassereiches Schwarzes Loch namens J221951-484240 einen bemerkenswerten Wandel vollzogen: In einem der «dramatischsten Ereignisse» dieser Art, die Astronomen bislang beobachtet haben, leuchtete das Schwarze Loch extrem stark auf, wie Samantha Oates von der University of Birmingham und ihr Team in den «Monthly Notices of the Royal Astronomical Society» berichten. Es handele sich um einen der leuchtstärksten Vorgänge, Transienten genannt, die der Forschung bislang bekannt sind, schreibt die Arbeitsgruppe.

Sie hatte das Ereignis im September 2019 bei der Suche nach dem elektromagnetischen Licht eines Gravitationswellenereignisses entdeckt. Das Team nutzte verschiedene Instrumente an Bord des Neil-Gehrels-Swift-Weltraumteleskops, um nach einer Kilonova zu suchen, der Verschmelzung eines Neutronensterns mit einem anderen Neutronenstern oder einem Schwarzen Loch. Eine Kilonova erscheint in der Regel blau, verblasst dann und färbt sich über einen Zeitraum von einigen Tagen rot. Stattdessen fanden sie etwas noch Ungewöhnlicheres: J221951. Das Leuchtereignis erschien blau, änderte aber anschliessend weder seine Farbe noch verblasste es so schnell wie eine Kilonova.

Danach beobachteten Oates und Co J221951-484240 unter anderem mit dem Hubble und dem Very Large Telescope der ESO weiter, um mehr darüber zu erfahren. Spektraldaten von Hubble zeigten beispielsweise, dass es sich nicht um ein Gravitationswellenereignis handeln konnte, das letztlich in 500 Millionen Lichtjahren Entfernung seinen Ursprung nahm. Stattdessen führte es die Gruppe auf J221951-484240 in deutlich grösserer Distanz zurück.

Auslöser ist den Messungen zufolge ein supermassereiches Schwarzes Loch, das sich sehr schnell von der umgebenden Materie ernährt hat. Eine Galaxie wurde vor der Entdeckung von J221951 in diesem Bereich beobachtet. Zudem stimmt die Position von J221951 mit dem Zentrum der Galaxie überein, wo sich ein massereiches Schwarzes Loch üblicherweise befinden würde. Das Schwarze Loch begann sehr schnell zu leuchten, nachdem es einige Zeit ruhig war – rückwirkend betrachtet zehn Monate vor der eigentlichen Entdeckung, wie die Datenanalyse erbrachte. Das ultraviolette Spektrum zeigt Absorptionsmerkmale, die auf Material hindeuten, das durch eine enorme Energiefreisetzung nach aussen gedrückt wurde.

Zwei Mechanismen kommen dafür in Frage: Entweder geht das Ereignis auf eine so genannte Gezeitenstörung zurück, wenn sich ein Stern dem Schwarzen Loch im Zentrum seiner Galaxie nähert und dadurch zerrissen wird. Oder es ist durch einen galaktischen Kern entstanden, der von einem ruhenden in einen aktiven Zustand übergegangen ist. J221951 wäre dann das Signal dafür, dass ein ruhendes Schwarzes Loch begonnen hat, sich von Material aus einer Akkretionsscheibe zu ernähren, die sich dicht genug angenähert hatte. Weitere Beobachtungen sollen den tatsächlichen Grund klären helfen.

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Titelbild: M. Kornmesser / Eso

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