Hintergrund

AMD Radeon RX 5700 XT auf iMac Pro: Tu es (noch) nicht!

Kevin Hofer
10.2.2020

Mit einer eGPU steigerst du die Grafikleistung deines Systems – im Idealfall. Dass das nicht immer wie erwünscht klappt, zeigt der Test mit der RX 5700 XT und einem iMac Pro von 2017.

Wenn dein iMac Pro in die Jahre gekommen ist, bleibt dir nichts anderes übrig, als auf ein neues Modell umzusteigen. Theoretisch ist es möglich, einen iMac Pro von 2017 mit schnellerem Prozessor und mehr RAM aufzurüsten, das ist aber mit sehr viel Aufwand verbunden und wenn du’s selbst machst, ist die Garantie futsch. Und sowieso: Die Grafikkarte ist verlötet und kann nicht ausgetauscht werden.

Apple unterstützt deshalb seit macOS High Sierra 10.13.4 offiziell eGPUs. Das sind Grafikkarten, die du in ein externes Gehäuse packst und per Thunderbolt 3 mit deinem Mac verbindest.

Das Test-Setup

Seit macOS Catalina (10.15) wird auch die Radeon RX 5700 XT offiziell unterstützt. Dank dieser Karte ist AMD in der mittleren Leistungsklasse erstmals seit Jahren wieder mit Nvidia konkurrenzfähig. Da Apple die Karten von Nvidia nicht offiziell unterstützt, müsste die 5700 XT die bestmögliche Grafikleistung aus Apple-Geräten zaubern. Was das in Zahlen heisst, will ich gemeinsam mit Kollege Armin, Video Editor bei Digitec Galaxus, herausfinden.

Dazu stecken wir die Sapphire Pulse Radeon RX 5700 in die Sapphire GearBox und verbinden das Ganze mit dem iMac Pro, den Armin zum Schneiden braucht. Bei den ersten Tests verwenden wir macOS Catalina in der Version 10.15.2.

Ernüchterung in Premiere Pro CC

Angeschlossen ist die eGPU schnell: Einfach per Thunderbolt mit dem iMac Pro verbinden, einschalten und die Karte wird automatisch vom Mac erkannt. Jetzt müssen wir in den App-Informationen von Premiere Pro CC 2020 (Version: 14.0.1) nur noch die Option «Prefer External GPU» aktivieren. Premiere läuft übrigens mit OpenCL, da Armin mit Metal keine guten Erfahrungen hat.

Armin profitiert nun von der Performance der 5700 XT – zumindest theoretisch. Im Vergleich zur internen Vega 56 sollte die Karte je nach Anwendung bis zu 30 Prozent mehr Leistung liefern. Bevor wir einen Benchmark durchführen, arbeitet Armin eine Woche mit aktivierter eGPU. Sein Zwischenfazit:

Ich habe den Eindruck, dass das Live Playback besser läuft als mit der integrierten Vega 56. Beim Exportieren kann ich keinen Unterschied feststellen.

Wie gut ist Armins Einschätzung? Wir installieren den PugetBench für Premiere Pro von Puget Systems. Beim Benchmark wird die Score relativ zur vorliegenden Framerate der Test-Videos berechnet. Wenn das Testvideo eine FPS von 29.97 aufweist und das System dieses mit 29.97 FPS rendert, bedeutet das 100 Punkte. Sind’s nur 14.98 FPS gibt’s 50 Punkte.

Der Benchmark lässt Medien in den Formaten 4K H.264 mit 150 Mbps in 8 bit (59.94 FPS), 4K ProRes 422 16 bit (59.94 FPS) und 4K RED (59.94 FPS) laufen. Dabei testet er Live Playback in Adobe Premiere Pro und den Export. Beim Live Playback ist ein Wert von 100 maximal, da Premiere die Medien nicht schneller wiedergeben kann als vorgegeben. Beim Export hingegen sind über 100 Punkte machbar, da das Rendern nicht auf die FPS des Mediums beschränkt ist.

Hinzu werden zehn ProRes 422 Clips mit Effekten versehen, die die Grafikkarte stark beanspruchen. Puget Systems nennt das 4K Heavy GPU Effects. Diese Clips werden dann in Premiere wiedergegeben und exportiert.

Problemsuche mit Geekbench 5

Diese Ergebnisse machen Armin und mich stutzig. Nichts da mit bis zu 30 Prozent mehr Leistung. Das Gegenteil ist der Fall. Woran könnte das liegen? Wir schauen uns die Ergebnisse noch genauer an. Bei den Systeminformationen des Benchmarks sind unter GPU beide Karten, die Radeon Pro Vega 56 und Radeon RX 5700 XT, aufgeführt. Kann es sein, dass trotz Bevorzugung der eGPU beide Karten aktiv sind und so in Konflikt miteinander geraten?

Das Update von macOS Version 10.15.2 auf 10.15.3 steht kurz bevor. Eventuell behebt das Update unser Problem? Wir beschliessen, ein paar Tage zu warten und es nochmal zu versuchen.

Es kommt noch dicker

Armin und ich überlegen, woran es liegen kann, dass die 5700 XT so schlecht abschneidet. Da wir alle Einstellungen korrekt vorgenommen und mehrfach überprüft haben, sehen wir den einzigen Grund in den Treiberinformationen. Oder ist die 5700 XT in OpenCL gar schlechter als die Vega 56?

Es bleiben offene Fragen

Und die 875 MHz statt 1670 MHz, die Geekbench 5 ausweist? Ich frage bei Apple nach. Die Antwort:

According to the compatibility listing on the Sapphire website, that GPU is not supported.

Die Liste, die mir Apple im Anhang schickt, belegt dieses Aussage. Die Gearbox und Grafikkarte habe ich für den Test von Sapphire zur Verfügung gestellt bekommen. Wieso sollten sie mir etwas zum Testen geben, das nicht miteinander kompatibel ist? Ich frage bei Sapphire nach.

Liegt es also doch an macOS? Die Antwort von Sapphire lässt darauf schliessen:

Die Karte wird auf jeden Fall von der Gearbox unterstützt, das ist nicht das Thema. Es hat aber evtl. mehrere Gründe, warum die Vega 56 teilweise in diesen Programmen besser abschneidet. Zum einen ist die Treiberunterstützung für Navi in MacOS erst seit kurzem integriert. Evtl. hakt es hier noch an der ein oder anderen Stelle.

Zudem vermutet die zuständige Person von Sapphire, was auch Armin und ich bereits vermuten: Gewisse Karten berechnen bestimmte Dinge anders. So sei die Vega 56 in gewissen Anwendungen schneller als die Vega 64 – dem Topmodell der damaligen Grafikkartengeneration. In den Reviews, die ich studiert habe, hat die Vega 56 im OpenCL besser abgeschnitten als die RX 5700 XT.

Mit diesen Informationen frage ich erneut bei Apple nach. Eine Antwort steht noch aus. Sobald ich die habe, poste ich sie hier.

Radeon RX 5700 XT: Tu es (noch) nicht

Bis auf weiteres heisst es jedoch: Abwarten und auf eine Antwort von Apple gespannt sein.

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