
Hintergrund
«Lex Netflix» kommt: Eine Frage des Patriotismus?
von Luca Fontana

Der Streaming-Gigant Netflix erhöht in der Schweiz per sofort die Preise. Es ist nicht die erste (und wohl auch nicht die letzte) Erhöhung.
Alle Jahre wieder kommt nicht nur das Christuskind, sondern auch die Netflix-Preiserhöhung. Dieses Mal trifft es erneut die Schweiz: Das Basis-Abo mit Werbung kostet neu 14.90 statt 12.90 Franken im Monat, das Standard-Abo steigt auf 22.90 Franken und das Premium-Abo gar auf 29.90 Franken.
Die neuen Preise gelten ab sofort für Neukunden. Bestehende Abonnentinnen sollen laut Netflix gestaffelt umgestellt werden, je nach Zahlungszyklus. Sie sollen rund einen Monat vor der Umstellung eine Benachrichtigung erhalten. So, wie’s Netflix in seinen eigenen Nutzungsbedingungen vorsieht.
Begründet wird das Ganze laut Watson und auf Anfrage der Nachrichtenagentur AWP wie immer mit einer freundlichen Floskel aus der Streaming-PR-Hölle: Man erhöhe die Preise «gelegentlich, da wir den Mehrwert, den wir unseren Mitgliedern bieten, kontinuierlich erhöhen». Übersetzt heisst das: Serien werden teurer, also wird auch dein Konto leichter.
Netflix ist mit dieser «Tradition» nicht allein. Auch andere Streamingdienste haben in den letzten Monaten und Jahren an der Preisschraube gedreht.
Disney+ sorgte erst kürzlich mit einer eher uncharmanten, weil clever versteckten Preiserhöhung für Schlagzeilen: Zuerst bewarb der Anbieter eine zeitlich befristete Rabattaktion für neue Kundschaft. Nach deren Ablauf wurde der ursprüngliche Preis zwar wiederhergestellt – nur dass dieser plötzlich höher lag als zuvor.
Damit reiht sich Netflix ein in einen globalen Trend: Streaming wird überall teurer. Die Anbieter argumentieren mit steigenden Produktionskosten, Investitionen in lokale Inhalte und mit der wachsenden Konkurrenz.
In der Schweiz spielt zudem noch die «Lex Netflix» eine Rolle: Seit 2024 müssen Streamingdienste vier Prozent ihrer Einnahmen in Schweizer Produktionen investieren. 2024 waren das laut Bund rund 30 Millionen Franken. Profitieren konnten davon unter anderem Serien wie «Tschugger» oder «Landesverräter». Diese Kosten werden – zur Überraschung von niemandem – direkt an die zahlende Kundschaft weitergegeben.
Viele empfinden die Schweiz traditionell als Abzockland, wenn es um Streamingpreise geht. Doch ganz so einfach ist es nicht. Kollege Samuel Buchmann hat Anfang Jahr analysiert, wie teuer Netflix und Co. hierzulande im internationalen Vergleich wirklich sind. Also bereinigt nach Kaufkraft und Lohnverhältnissen.
Sein Fazit: Ja, wir zahlen in absoluten Zahlen mehr. Aber im Verhältnis zu unserem Einkommen zahlen wir etwa gleich viel wie in Deutschland. In den USA hingegen schlägt ein Abo relativ gesehen sogar noch stärker auf das Haushaltsbudget.
Trotzdem: Der kalifornische Streaming-Gigant meldete zuletzt erneut starke Geschäftszahlen. Im zweiten Quartal 2025 stieg der Umsatz um 16 Prozent auf rund 11,08 Milliarden US-Dollar, der Nettogewinn um 46 Prozent auf 3,1 Milliarden US-Dollar. Einen wesentlichen Anteil daran hatten – richtig geraten – höhere Abo-Preise und steigende Werbeeinnahmen.
Vor diesem Hintergrund wirkt die Begründung, man müsse die Preise «wegen steigender Kosten» anpassen, etwas heuchlerisch. Dazu kommt, dass kein anderer Streaming-Dienst seine Preise so oft und regelmässig erhöht wie Netflix. Denn wer Quartal für Quartal Milliardenüberschüsse vermeldet, hat den Mehrwert offenbar längst eingepreist – für sich selbst.
Ich schreibe über Technik, als wäre sie Kino, und über Filme, als wären sie Realität. Zwischen Bits und Blockbustern suche ich die Geschichten, die Emotionen wecken, nicht nur Klicks. Und ja – manchmal höre ich Filmmusik lauter, als mir guttut.
Vom neuen iPhone bis zur Auferstehung der Mode aus den 80er-Jahren. Die Redaktion ordnet ein.
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