Kritik

«Outcast New Beginning» im Test: Zauberhafte Welt, aber etwas eintönig

Nach 25 Jahren kehrt «Outcast» zurück und mit dem Spiel auch Cutter Slade. Der 90er-Jahre-Actionheld-Verschnitt ist der gleiche wie damals, das Gameplay leider auch. Spass macht «Outcast New Beginning» dennoch.

  • I got a bad feeling about this (Ich habe ein schlechtes Gefühl bei dieser Sache)
  • I was born ready (Ich wurde bereit geboren)
  • The power core is missing (Der Energiekern ist weg)
  • We gotta stop meeting like this (Wir müssen aufhören, uns so zu treffen)

Falls sich das Spiel über sich selbst lustig machen will, kommt das nicht rüber. Entwickelt wird es übrigens, wie auch der erste Teil vom belgischen Studio Appeal.

Slades-Stimme, sowohl auf Englisch als auch auf Deutsch, ist genauso unauffällig wie sein Aussehen. «Der sieht aus wie ein Steuerberater», kommentiert meine Frau das Design von Cutter Slade. Nichts gegen Steuerberater, aber Slades Visage wie auch seine Persönlichkeit sind so charakterlos, dass ich ihn ohne sein ikonisch oranges Shirt selbst unter Talanern nicht wiedererkennen würde.

Die sind das nächste Problem von «Outcast A New Beginning». Adelphas Bewohner sind gutmütige Tollpatsche, die in vielen Dialogen durchaus für das eine oder andere Schmunzeln sorgen. Nur haben sie nichts alienartiges an sich. Sie sehen aus wie Menschen, einfach etwas runzliger und mit drei Fingern, statt fünf. Dass viele von ihnen obendrein auf beinahe identischen Charaktermodelle basieren, macht sie nicht interessanter.

Auch ihr Verhalten und ihre Sprechweise unterscheiden sich kaum von Menschen. Ihr auffälligster Charakterzug besteht darin, dass sie alles, was Slade sagt, wörtlich nehmen. Das ist die ersten paar Mal witzig, nutzt sich aber schnell ab. Daran ändert auch ihr Vokabular nichts, für das ich auf Knopfdruck ein Glossar einblenden kann. Dem Spiel hätte etwas mehr Persönlichkeit gutgetan. Neben abwechslungsreicheren Missionen habe ich das am meisten vermisst.

Schiessen, sammeln und wieder von vorne

Mein Ziel ist es, Slade zurück in seine Welt zu schicken. Dafür brauche ich die Unterstützung der Talaner. Die bekomme ich, indem ich den sieben Dörfern unter die Arme greife. Erfülle ich eine definierte Zahl an Missionen, belohnen sie mich mit dem Daromôn, eine Art zeremonieller Teller, den ich als Beweis für meine Leistungen Almayel, der heiligen Herrscherin, überbringen darf.

Die Missionen sind oft in unterhaltsame Geschichten verpackt. So muss ich einem Talaner helfen, ein Artefakt aus einem nahegelegenen See zu bergen. Das stellt sich als Ei heraus. Um es ausbrüten, muss ich Twôn-Has – eine Art zweibeiniges Lama – anlocken, welche die schädlichen Parasiten wegfressen. Dann muss es ausgebrütet werden. Wenn die fliegende Wal-Kreatur namens Galenta schliesslich schlüpft, muss ich Futter organisieren und mit ihr Gassi gehen.

In einem anderen Dorf treffe ich auf den kiffenden Talaner Draod, der sein Haus in eine riesige Bong verwandeln will. Das geht komplett schief, bringt Slade aber auf die Idee, die Erfindung für Bomben umzufunktionieren.

Regelmässig darf ich entlaufende Twôn-Has oder andere domestizierte Tiere einfangen und sie unterwegs vor gefrässigen Monstern schützen. Dann gibt es noch Missionen, in denen ich orange Leuchtkugeln verfolgen muss, damit sie mir Türen zu Tempeln oder Kisten öffnen.

Die Missionen sind reine Checklisten. Das ist nicht per se schlecht. Zu Beginn einer «Outcast»-Session bin ich meist motiviert, die bunte Welt zu bereisen und Aufgaben abzuarbeiten. Aber nach einer Stunde schleicht sich in der Regel Frust ein. Besonders, wenn ich eine Mission abgeschlossen habe und dann wieder auf die riesige Liste an identischen Aufgaben starre.

Die verschachtelte Menüstruktur setzt dem ganzen die Krone auf. Die Übersichtskarte zeigt die verschiedenen Dörfer. Wähle ich eines an, öffnet sich ein Questmenü. Dort sehe ich drei bis vier Ziele, die ich erfüllen muss, bis ich die Unterstützung des Dorfes erhalte. Klicke ich auf eines, öffnet sich ein weiteres Menü. Das zeigt mehrere Aufgaben-Stränge, die ich lösen muss, um eines der Ziele zu erfüllen. Ufff.

Das Jetpack ist das Highlight von Slades Ausrüstung. Den anfänglichen Boost habe ich mit weiteren ergänzt. Mit diesem Mehrfach-Sprung erklimme ich auch die höchsten Areale. Und mit dem Beschleunigungsupgrade düse ich, als hätte ich einen Mario-Kart-Turbopilz gefressen, durch die Landschaft. Auch temporär in der Luft schweben ist mit dem entsprechenden Upgrade möglich. Die Bewegungsfreiheit ist toll und macht das Erkunden der Spielwelt zum Vergnügen.

Mit der Zeit verwandeln sich die Spielzeugknarren in laserspuckende Wummen und es macht richtig Laune, Roboter in Schrott zu verwandeln. Schade nur, sind die Gegner strunzdumm. Bei den Kämpfen ist keinerlei Taktik nötig. Auf den Kopf schiessen und gelegentlich ausweichen, mehr braucht es nicht. Da lobe ich mir «Horizon Forbidden West». Das spielt sich ähnlich, aber die Kämpfe gegen die Roboterdinos sind dynamischer und abwechslungsreicher.

Schöne neue Welt

Hinzu kommt die Vertikalität. Das Dorf Desan beispielsweise befindet sich auf dem Gipfel einer hohen Felsformation. Alleine der halsbrecherische Aufstieg hat mich fünf Minuten gekostet. Vor den weissen Stränden von Sappa wiederum kann ich tauchen und mich ab der wunderschönen Unterwasserwelt erfreuen. Viel zu entdecken gibt es da zwar nicht, Freude macht es dennoch.

Munteres Checklisten-Spiel, aber enttäuschende Fortsetzung

Ich bin etwas enttäuscht. Ich hatte gehofft, «Outcast A New Beginning» entfacht in mir das gleiche Gefühl wie das Original vor 25 Jahren. Dieses warme Kribbeln im Bauch, eine unbekannte Welt zu entdecken, mit fremden Kulturen zu interagieren und neue Abenteuer zu erleben. Das gelingt der Fortsetzung nur bedingt.

Schlecht ist «Outcast A New Beginning» deswegen nicht. Das ist vor allem der wunderschönen Grafik und der damit verbundenen Welt zu verdanken. Adelpha ist ein traumhaftes Plätzchen und die verschiedenen Dörfer der Talaner wirken allesamt einzigartig. Mit dem vielseitig einsetzbaren Jetpack macht das Sightseeing besonders viel Spass. Und wenn dir das nicht ausreicht, gibt es im Verlauf des Spiels auch noch eine elegantere Reisemöglichkeit.

«Outcast A New Beginning» empfiehlt sich für alle, die gerne hübsche Welten erkunden und sich nicht daran stören, primär Checklisten abzuarbeiten. Zu sehen gibt es viel, zum Abschiessen noch mehr und die Action knallt ordentlich. Das Spiel nimmt sich nicht besonders ernst. Dafür albern Slade und die Talaner zu viel herum und das empfehle ich dir auch. Dann kannst du definitiv Spass mit «Outcast A New Beginning» haben. So erging es mir, zumindest meistens.

«Outcast A New Beginning» ist ab dem 15. März verfügbar für PC, PS5 und Xbox Series. Das Spiel wurde mir von THQ Nordic zur Verfügung gestellt.

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Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken. 


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