Kritik

20 Jahre danach: Ich schaue nochmal «Buffy – Im Bann der Dämonen»

Florian Bodoky
12.10.2023

Vom herrlichen Trash zum Teenie-Drama zur düsteren Dystopie: Vor 20 Jahren endete das Vampir-Epos, das mich durch die Adoleszenz begleitete. Nun kommt die Neuauflage als Hörbuch. Zu diesem Anlass blicke ich zurück – und schäme mich.

Ich schwelge in alten Erinnerungen an die Serie (und an die Intro-Melodie, yeah!), weswegen ich sie mir zu diesem Anlass nochmals reingezogen habe.

Darum geht's in «Buffy»

Der Plot ist schnell erzählt: In jeder Generation wird ein Mädchen geboren, um das Böse zu bekämpfen. Sie ist die sogenannte Jägerin. In der Generation der Millennials ist das Buffy Summers (Sarah Michelle Prinze-Gellar), 16-jährige Highschool-Schülerin. Die Teenagerin kommt an eine neue Schule in der fiktiven kalifornischen Kleinstadt Sunnydale.

90ies-Trash vom Feinsten

So startete also Buffys Kampf gegen das Böse. Und die Herausforderungen des Alltags als Jugendliche. Begleitet wird sie dabei zunächst von besagtem Giles und ihren beiden Freunden Alexander «Xander» Harris (Nicolas Brendon) und Willow Rosenberg (Alyson Hannigan).

In dieser Phase fokussiert sich die Serie auf in sich abgeschlossene Episoden. Dabei lässt sich der spätere «Avengers»-Regisseur Joss Whedon ein absurdes Höllenmonster nach dem anderen einfallen. Etwa eine riesige Heuschrecke, die Menschengestalt annehmen kann. So verführt es männliche Teenager mit ihren «Lockstoffen» (vulgo: Oberweite) zum Geschlechtsverkehr und frisst sie danach auf.

Oder ein Dämon, der vor Urzeiten mit Bannsprüchen in ein Buch gesperrt wurde. Die Seiten des Buches – und somit der Dämon – wurden nun digital eingescannt. Er wird zum Virus und richtet im Internet Verkehrssysteme, Krankenhäuser und Banken zugrunde. Immer wieder starten die Episoden zwar tragisch – oft mit einem Todesfall eines Teenagers – sind aber so trashig, dass sie bei mir vor dem Fernseher regelmässig Gelächter verursachen.

Staffel 3: Erste Schattierungen

Das Schöne, wenn Höllenwesen die Gegner sind, ist die Einfachheit. Deren Motive bedürfen nämlich keiner Erklärung. Letzten Endes stammen sie aus der Hölle, sind deshalb böse und erstreben den Untergang der Menschheit. Ende.

Ab Staffel drei gewinnen die Charaktere meines Erachtens erstmals etwas an Tiefe. Allen voran Faith, die ebenfalls zur Jägerin berufen wird. Obwohl anfänglich eng befreundet, stösst ihre «egoistische», «frivole» (lies: eigenständige, selbstbewusste) Art auf Unwillen bei Buffys Freunden. Nach einer Reihe von Ereignissen sagen sich diese von ihr los.

Kain’sche Neid-Gefühle, Einsamkeit und die «Suche nach einer stabilen Vaterfigur» trieben sie schliesslich in die Arme von Richard Wilkins III., dem Bürgermeister von Sunnydale. Einem dämonischen Bösewicht, dem sie beim Versuch hilft, die Menschheit zu verschlingen.

Zum ersten Mal verschwimmen die Grenzen zwischen «Gut» und «Böse», die Motive werden «menschlich» und eine charakterliche Morphologie findet statt. Obwohl auch diese Staffel mit flapsigen Sprüchen und einem trashigen Monster endet, beginnt die Serie, sich etwas zu ändern. Zu ihrem Vorteil.

Die Serie nimmt Fahrt auf

Ab hier macht die Serie eine deutliche Wandlung – zum Besseren. Mit Charakteren wie Professorin Walsh, Tara oder «Dark Willow» verabschiedet sich «Buffy» endgültig vom «Gut gegen Böse»-Schema und den stereotypischen Charakteren. Auch der Plot wird komplexer, die Storylines vielfältiger. Die Handlung und die Wendungen vermögen zu überraschen.

Coming-of-age-Elemente wie Geldprobleme, Sucht, Verlustängste und menschliche Schicksalsschläge halten Einzug. Das zieht mich viel mehr ins Geschehen und verbindet mich mit den Protagonisten. Die düsteren Zukunftsaussichten und die deprimierende Grundstimmung machen aus der Teenie-Dramedy eine spannende Serie, in der es um weit mehr als die Monsterjagd geht.

Buffy bricht mit sexistischen Klischees. Wirklich?

Als eine absolut revolutionäre Serie hatte ich «Buffy» in Erinnerung. Als Meilenstein in Sachen Rollenbilder. Eine Frau als grosse Heldin. Eine Frau als Retterin der Welt – Schluss mit der «Jungfrau in Nöten», der Statistenrolle zu dekorativem Zweck. Und erst noch ohne die knappe Bekleidung von Wonder Woman. Oh, wie falsch ich lag.

Dinge, welche die emotional gefestigten Männer der Serie in dieser Situation natürlich nicht tun. Diese greifen zum Alkohol, dem machoiden Ritus der Rache (Angel, Giles) oder ziehen es vor, wegzuziehen, um alleine mit dem Trennungsschmerz klarzukommen (Oz). Lediglich der Vampir Spike lässt eine ähnliche emotionale Verletzlichkeit durchblicken – ungefähr ab Staffel 5.

Fazit: Nicht so gut gealtert wie ich dachte

Titelbild: Disney

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Seit ich herausgefunden habe, wie man bei der ISDN-Card beide Telefonkanäle für eine grössere Bandbreite aktivieren kann, bastle ich an digitalen Netzwerken herum. Seit ich sprechen kann, an analogen. Wahl-Winterthurer mit rotblauem Herzen.


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