

Samsungs neuster QLED-TV im Test: Das LCD-Imperium schlägt zurück

Der Q9FN ist etwas dick. Und das ist schon so ziemlich das einzige Negative, was ich über den neusten QLED-Fernseher von Samsung sagen kann. Denn im LCD-Bereich setzt er neue Massstäbe.
Rey und Ben aus «Star Wars: The Last Jedi» kämpfen sich durch zahlreiche, in schimmernd-roten Rüstungen gepanzerte Elite-Wachen. Funken sprühen, wenn Lichtschwerter auf Elektro-Peitschen und Hellebarden treffen. In dunklen Bildbereichen sieht Schwarz tatsächlich wie Schwarz aus. John Williams Score, der beeindruckend aus den 60-Watt-TV-Lautsprechern dröhnt, reisst mich in seinen Bann.
Ja, der neue QLED von Samsung ist eine wahre Offenbarung.
LCD vs. OLED: Was bisher geschah
In den letzten zehn Jahren hat die TV-Branche den Aufstieg und Fall von Plasma-Fernsehern gesehen, den kometenhaften Boom der OLED-Technologie und, irgendwo darüber thronend, die vor sich hin trottende, aber nicht totzukriegende LCD-Technologie. Gerade LCD-TVs haben echte Weiterentwicklungen bloss so langsam vorangetrieben, dass sie sich oft wie Evolutionen statt Innovationen angefühlt haben.
Dabei ist es die Technologie mit den organischen Leuchtdioden, namentlich OLED, die wohl Samsungs grösste Sorge im High-End-Bereich ist. Laut GfK verkauften sich bereits letztes Jahr OLED-Fernseher im oberen Preissegment – so ab etwa zweitausend Franken – besser als LCD-Fernseher.
Smart Home und die einwandfreie Installation
Eine Stunde vorher. Die Samsung-Techniker haben mir den Fernseher soeben vorbeigebracht und installiert. Mit dabei haben sie auch noch eine Soundbar, einen Saugroboter und ein Smartphone. Natürlich alles Marke Samsung. Damit soll ich testen, inwiefern der neue QLED-Fernseher in Samsungs Smart-Home-Konzept reinpasst.
Dieses Konzept sieht vor, dass ich Sachen mache wie etwa vom Fernseher aus den Saugroboter zu starten oder meinen Wäschetrockner eine Popup-Nachricht auf den QLED schicken zu lassen, sobald meine Gryffindor-Socken trocken sind. Hätte ich einen Samsung-Kühlschrank, könnte ich gar via installierter Kamera vom Fernseher aus in den Kühlschrank blicken, um zu sehen, was ich mir als nächstes zum Futtern holen soll.
Dafür geht die erstmalige Installation des QLEDs äusserst einfach von der Hand, und die One Connect Box kriegt ein kleines Update.
Einmal alles eingesteckt, erkennt der QLED-TV die angeschlossenen Geräte, egal ob Blu-ray-Player, Spielkonsole oder Set-Top-Box. Im Smart-TV-Menü kann ich die Geräte so einfacher auswählen und sie teilweise gar über die von Samsung mitgelieferte Fernbedienung bedienen. Einzig meine Swisscom-TV-Box will der Fernseher nicht so recht erkennen. Dennoch: So viel Benutzerfreundlichkeit gefällt mir sehr gut.
Der vermutlich beste LCD-Fernseher, den es gibt
Zurück zu «Star Wars». Mittlerweile belagert die böse, erste Ordnung die Widerstandsbasis auf dem Planeten Crait. Blutrote Staubwolken – eigentlich Mineralien, die sich unter einer weissen Salzschicht befinden – ziehen sich wie Kondenswolken hinter den Ski-Speedern her. Waghalsig stürzen sich die Widerstandskämpfer in den Kampf.
Neu an Bord: Full Array und Local Dimming
Mit etwa 2.5 Zentimetern ist das Panel etwa zwei Zentimeter dicker als bei der OLED-Konkurrenz von LG, und ein wenig dicker als alle anderen 2018er-QLED-Modelle.
Die für das Jahr 2018 eher an der oberen Grenze kratzende Breite hat hier einen guten Grund: Als einzigem QLED-Modell überhaupt hat Samsung dem Q9FN eine Full Array und Local-Dimming-Hintergrundbeleuchtung spendiert, kurz: FALD. Diesen Begriff möchte ich dir kurz erklären, denn er ist wichtig.
Die Full-Array-Leuchtdioden können zwar nicht punktgenau jedes der über acht Millionen Pixel anstrahlen, aber sie teilen die Bildfläche in etwa fünfhundert lokale Zonen ein. Jede Zone kann unabhängig von der anderen ein- und ausgeschaltet werden.
Oben: Vize-Admiralin Holdo zerreisst die Supremacy – den Mega-Sternzerstörer vom bösen Supreme Leader Snoke – in dem sie mit einem Sternenkreuzer des Widerstands – der Raddus – mit Hyperraum-Geschwindigkeit direkt durch sie hindurch fliegt.
Überhaupt – im Tandem mit der Quantum-Dot-Technologie sind Samsungs QLED-TVs in der Lage, selbst bei Helligkeitswerten von 2000 Nits – die der Q9FN laut Samsung erreicht – ein bisher unerreicht breites Farbspektrum darzustellen. Denn wenn bei anderen LCD-TVs die Leuchtdioden unter Volllast laufen, verblassen die Farben buchstäblich.
Abseits von UHD und HDR
Der Film ist zu Ende, und ich zufrieden. Es wird Zeit, mir anderes Quellmaterial anzuschauen. Ich merke schnell: Auch abseits von UHD- und HDR-Material weiss der QLED zu überzeugen. Dafür verantwortlich ist der im TV verbaute Prozessor.
Bild-Prozessoren sind dazu da, Videosignale vom Tuner oder von anderen Eingangskanälen wie HDMI oder LAN zu berechnen und zu verbessern. Zum Beispiel dann, wenn du eine Fernsehsendung in Full HD schaust und sie auf Ultra-HD-Auflösung hochskaliert wird.
Ich probier’s also mit Live-TV aus. Das beziehe ich via Internet von meiner Swisscom-TV-Box. Auf sämtlichen ausprobierten Kanälen beherrscht Samsungs Q9FN das Upscaling sehr gut. Es fügt Details hinzu, ohne das Rauschen oder andere Störungen in der Signalquelle zu verstärken. Kanten werden sinnvoll geglättet und die Farben natürlich verstärkt.
HLG und die Zukunft des Live-TVs
Samsungs Q9FN beherrscht natürlich auch HLG – eine HDR-Technologie, die fürs Live-TV besonders gut geeignet ist. Erst vor kurzem habe ich darüber geschrieben.
Weil Swisscom TV das UHD-HDR-Signal der SRG überträgt, konnte ich mir ein erstes Bild machen, wie die Zukunft des Live-TVs aussehen könnte. Kurios: Für die WM-Übertragung hat sich die Swisscom für das HDR10-Signal entschieden. HLG sei noch zu wenig verbreitet, wie ich in einem Statement von Mediensprecherin Sabrina Hubacher erfahren habe. In Zukunft soll bei Live-Inhalten aber ein HLG-Signal zum Zuge kommen, und nur bei «Video-on-Demand» ein HDR10-Signal.
Ruckler und Streifen gab’s im hochkarätigen Spiel zwischen Japan und Kolumbien nicht – auch auf der in Full HD vorliegenden Bildqualität von ORF. Das spricht für eine gute Reaktionszeit des Fernsehers.
Ambient Mode: Eine nette Beigabe
Ganz neu im Gepäck hat Samsungs Q9FN den Ambient Mode. Dabei handelt es sich vereinfacht gesagt um den aus der Frame-Serie bekannten Kunst-Modus – aber ohne Kunst.
Aber das spannendste Feature des Ambient Modes ist, dass du die Wand hinter deinem QLED-TV imitieren kannst, und zwar so, als ob du direkt durch den Fernseher hindurch gucken würdest. Um das hinzukriegen, brauchst du die SmartThings-App auf deinem Smartphone, mit der du ein Foto der Wand schiesst.
Anfangs finde ich den Ambient-Mode noch recht witzig. Weil mein Fernseher aber vor einem Wohnzimmerfenster steht, gibt’s da einen etwa halben Meter grossen Abstand zwischen TV und Fenster. Sobald ich also nicht mehr frontal auf die Glotze gucke, geht die Illusion verloren.
Das ist dann auch der Grund gewesen, weshalb ich praktisch nie Gebrauch vom Ambient Mode gemacht habe. In Zukunft wird das aber «the way to go» sein – da lege ich mich fest. Denn Samsung ist nicht der einzige Hersteller, der gemerkt hat, dass sich Fernseher besser verkaufen, wenn sie auch als Lifestyle-Produkte vermarktet werden.
Fazit: Der Q9FN nimmt es mit den neusten OLEDs auf
Dafür haben die Fernseher mit den organischen Leuchtdioden in dunkleren Bildbereichen die Nase vorn. Sie zeigen dort mehr Details und gleichzeitig eine geniale Farbtreue. Überhaupt fehlt mir beim QLED-Bild noch etwas der gewisse «Punch», den ich bei einem OLED verspüre – egal, wie hell es in meinem Wohnzimmer ist.
Die Zukunft bleibt spannend. Es wird wohl doch kein so einfacher Spaziergang für die OLED-Technologie, wie viele Experten es letztes Jahr noch vermutet haben. Wir dürfen gespannt sein.


Ich schreibe über Technik, als wäre sie Kino, und über Filme, als wären sie Realität. Zwischen Bits und Blockbustern suche ich die Geschichten, die Emotionen wecken, nicht nur Klicks. Und ja – manchmal höre ich Filmmusik lauter, als mir guttut.
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