Hintergrund

Was taugt der DIY-3D-Scanner?

Kevin Hofer
18.3.2020

Ich habe mir einen 3D-Scanner gebaut. Trotz haarsträubend spärlicher Anleitung funktioniert das Teil. Bis ich die Bilder zu einem dreidimensionalen Modell zusammenfügen will.

Es war ein riesen Krampf, den 3D-Scanner zu bauen. Nach getaner Arbeit gibt’s zu allem Überfluss nicht einmal Lob, sondern Schelte von User Anonymous:

$ for i in *,jpg; do convert $i $i:s/jpg/png; done

Und wer editiert oder pastet bitteschön Code in Google Docs?]]

Halb so schlimm. Ich bin kein Software-Crack – danke für den Tipp mit ImageMagick. Zur Erinnerung: Beim letzten Mal habe ich aufgegeben, als mir Meshroom – die Software, die meine Bilder in ein dreidimensionales Bild umwandeln soll – eine Fehlermeldung ausgespuckt hat.

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    Wie schwierig ist es, einen 3D-Scanner zu bauen?

    von Kevin Hofer

«Not a PNG file» stand da und ich hatte erstmal genug. Zwei Tage später habe ich wieder Musse, mich erneut an das Projekt zu machen.

Aller Anfang ist schwer

Bevor es soweit ist, muss ich die Bilder für Meshroom lesbar machen. Öffne ich eines der Brio-Brücken-Bilder mit Notepad++ – es tut’s übrigens auch Windows’ eigener Editor –, sind die ersten vier Zeichen «ÿØÿà». Das heisst: Es handelt sich um eine JPG-Datei. Wenn ich mir die Eigenschaften der Dateien im Windows-Explorer anzeigen lasse, werden sie jedoch als PNG ausgewiesen. Hier ist etwas faul. Das merkt auch Meshroom. Da ist wohl beim Übertragen der Dateien vom Smartphone an den Computer etwas schiefgelaufen mit der Bezeichnung. Einfach den Dateisuffix auf JPG zu ändern, löst das Problem leider nicht: Meshroom nimmt immer noch fälschlicherweise an, dass es sich um ein PNG handelt. Deshalb konvertiere ich die Dateien mit IrfanView von JPG zu JPG. Nervig, aber weil Windows nicht kapiert, dass es sich um JPG-Dateien handelt, nicht anders machbar.

Erster Scan: Absturz

Ich muss nur noch auf Start klicken und Meshroom rechnet. Und rechnet und rechnet und rechnet. Holy Shit. Ich glaube, ich habe einen neuen Benchmark für CPU-Reviews gefunden: Alle 16 Kerne des Ryzen 9 3950X laufen auf Hochtouren. Irgendwann stockt der Fortschritt und der Balken wird rot. Da ist wohl irgendwo ein Fehler beim Bildmaterial. Ich entschliesse mich dazu, den 3D-Scanner nochmal anzuwerfen, ein etwas einfacheres Modell auf die Plattform zu legen und es mit weniger als 180 Bildern zu versuchen.

Bei Meshroom ist die Qualität der Bildquellen das A und O. Da die Smartphone-Kamera jedes Mal neu fokussiert, ist nicht immer derselbe Bereich scharf gestellt. Eventuell hat das Meshroom in die Knie gezwungen.

Zweiter Scan: Naja

Mein Ghetto-Setup, Teil 1.
Mein Ghetto-Setup, Teil 1.

Ich versuch’s mit einem Modell-Solarauto. Damit Meshroom schneller rechnet, mache ich nur 60 statt 180 Bilder wie beim Brio-Brücken-Versuch. Erneut muss ich den Umweg über IrfanView machen und die Bilder in JPG konvertieren. Ich importiere sie in Meshroom und klicke auf Start. Cool, irgendetwas passiert und Meshroom erzeugt ein 3D-Modell. Dessen Qualität lässt zu wünschen übrig.

Das war nichts, eine Seite des Modells fehlt.
Das war nichts, eine Seite des Modells fehlt.

Meshroom kann nur sieben von den 60 Bildern verwenden. Das Programm erzeugt deshalb nur von einer Seite her ein dreidimensionales Modell. Was wohl schief gelaufen ist? Das erstellte Modell ist jedenfalls unbrauchbar. Eventuell braucht es mehr Licht und vielleicht ist das Blau der Plattform kein optimaler Untergrund.

Dritter Scan: Does not compute

Ich klebe eine weisse Folie auf die Plattform und stelle eine Lampe hin, um mein Projekt besser zu beleuchten. Zudem mache ich jetzt nur noch 20 Bilder. Falls es so klappen sollte, kann ich’s immer nochmal mit mehr Bildern probieren.

Mein Ghetto-Setup, Teil 2.
Mein Ghetto-Setup, Teil 2.

Wie gehabt muss ich die Bilder zuerst in IrfanView konvertieren. Danach lade ich sie in Meshroom und lasse das Programm rechnen. Leider gibt es mir bei jedem Bild eine Fehlermeldung. War nix, ich versuch’s nochmal. Eventuell lag es daran, dass ich zu weit vom Modell-Solarauto mit der Kamera entfernt bin?

Vierter und fünfter Scan: Dem Fehler auf der Spur

Zum Vergleich schaue ich mir nochmal das Video von QLRO, dem Designer des 3D-Scanners, an. Er ist mit seiner Kamera viel näher als ich und er arbeitet mit einem schwarzen Hintergrund. Das versuche ich auch. Wieder mache ich nur 20 Bilder. Immer noch derselbe Fehler. Liegt es daran, dass ich zu wenig Bilder mache? Als Fehlermeldung steht nämlich: «No valid initial pair found automatically».

Mein Nicht-mehr-ganz-so-Ghetto-Setup
Mein Nicht-mehr-ganz-so-Ghetto-Setup

Ich google die Fehlermeldung. Gemäss diversen Foren kann es zwei Gründe haben, dass mein Unterfangen nicht von Erfolg gekrönt ist. Erstens kann es sein, dass ich zu wenig Bilder gemacht habe und zweitens stört eventuell die Lampe, da mein Modell stark spiegelt. Alles von vorne, dieses Mal mit 100 Bildern und ohne Lampe. Muss ich den leidigen Schritt mit IrfanView noch erwähnen?

Cool, jetzt rackert sich Meshroom mit den Bildern ab. Über 28 Minuten dauert es, bis das Programm fertig gerechnet hat. Jetzt sieht das Ganze schon viel vernünftiger aus.

Weil das Modell spiegelt, habe ich immer noch gewisse Unebenheiten. Auch der Schattenwurf des Modell-Solarautos hat beim Erstellen des Modells nicht geholfen. Das könnte ich jetzt noch in einem anderen Programm wie Maya oder Blender ausbessern. Auch das überschüssige Material ums gescannte Modell-Solarauto liesse sich so entfernen.

Fazit: Funktioniert, aber damit ist es nicht getan

Ich überarbeite das Modell-Solarauto nicht. Ich weiss nicht, was ich damit soll, wenn ich fertig bin. Ich habe weder in Maya noch Blender Erfahrung. Es dauert sicher einige Zeit, bis ich mit dem Programm vertraut bin. Ich bin ja kein Software-Genie. Das spare ich mir für ein konkretes Projekt – da fällt mir bestimmt etwas ein.

Aus diesem Blickwinkel sieht mein Ghetto-Setup nicht mal schlecht aus.
Aus diesem Blickwinkel sieht mein Ghetto-Setup nicht mal schlecht aus.

Im Grossen und Ganzen empfinde ich mein Projekt als gelungen. Der Scanner funktioniert und die Scans sind – mit etwas Übung – ganz passabel. Da liegt mit noch mehr Üben sicher noch mehr drin. Nachbearbeiten muss ich wohl so oder so. Ich bleibe dran.

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.


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