Hintergrund

Warum eigentlich sind viele Produkte in dickes Plastik eingeschweisst?

Es gibt Verpackungen, die schwieriger aufzukriegen sind als manch ein Safe. Plastikhüllen, die sogar die Schere an ihre Grenzen bringen. Warum wird uns das angetan?

Alle sind genervt von den Verpackungen

Kollege David Lee hat seinen Unmut auch schon kundgetan. Auch weitere Arbeitskollegen stimmen in den Tenor ein. Darum frage ich nach. Bei der Verpackungsindustrie und bei Herstellern. Die ersten paar E-Mails und Anrufe werden ignoriert. Dann meldet sich Herr Weber von der Tanner und Co. AG, die sich um Verpackungstechnik kümmert.

«Ich wünschte, ich könnte Ihre Frage beantworten. Sie interessiert mich nämlich genauso wie Sie. Beispiel: Canon CLI-526 Multipack. Diese Dinger kriegt man nicht auf, ohne sich blutige Finger, abgebrochene Zähne und offene Oberschenkelhalsbrüche zu holen.»

Keine Antwort, aber Motivation. Die Tanner und Co. AG in Meisterschwanden sei allerdings entschuldigt: Sie ist nicht im Verpackungsdesign, sondern in der Ausführung tätig und deshalb nicht die richtige Ansprechpartnerin. Ich solle mich aber unbedingt melden, sobald ich die Antwort habe.

Werde ich machen, Herr Weber.

Nachhaltigkeits-Blabla

Ein paar Tage später rufen mich Tobias Krebs, Senior Product Manager, und Laura Böving, Marketing Director, von der Assmann Electronics GmbH – zu der die Marke Digitus gehört, die meinen Card Reader produziert – an. Endlich erfahre ich die drei Gründe, die für die sogenannte Blisterverpackung verantwortlich sind.

Diebstahlschutz

Produktschutz

Manche Produkte, vor allem elektronische, sind laut Krebs empfindlich auf Staub. Mit der dicken Plastikverpackung werden sie geschützt. Wäre der Card Reader vor meinem Kauf zwei Jahre lang offen im Regal gelegen, wäre er so verstaubt, dass im schlimmsten Fall meine Speicherkarte darunter leidet. Gut, zwischen dickem Plastik und gar keiner Verpackung gäbe es noch ein paar Varianten dazwischen, was mich zum dritten genannten Punkt führt.

Sichtbarkeit

Leute wollen sehen, was sie kaufen. Mit durchsichtigem Plastik klappt das, mit Karton nicht. «Dann werden die Verpackungen oft aufgerissen, zurück ins Regal geschmissen und dann ein geschlossenes Exemplar gekauft», sagt Laura Böving.

Online-Handel und Nachhaltigkeit verdrängen den Blister

Was ich bei all dem raushöre? Eigentlich mag niemand Blisterverpackungen. Für die Industrie sind sie teurer und aufwendiger herzustellen als andere Verpackungen, für die Endverbraucher sind sie unglaublich mühsam zu öffnen. Das Trägheitsgesetz beschreibt in der Physik das Bestreben physikalischer Körper, in ihrem Bewegungszustand zu verharren, solange keine äusseren Kräfte auf sie einwirken. Das gilt anscheinend auch für die Verpackungsdesigner:innen.

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Meinen Horizont erweitern: So einfach lässt sich mein Leben zusammenfassen. Ich liebe es, neue Menschen, Gedanken und Lebenswelten kennenzulernen,. Journalistische Abenteuer lauern überall; ob beim Reisen, Lesen, Kochen, Filme schauen oder Heimwerken.


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Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.

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