
Ratgeber
Bildbearbeitung: Weissabgleich bei Sonne und Schatten im gleichen Bild
von David Lee
Warst du auch schon enttäuscht von deinen Waldfotos? Eine bessere Kamera ist nicht die Lösung.
Ich mag Fotografieren und ich mag Spaziergänge im Wald. Daher versuche ich immer mal wieder, ein gutes Foto aus dem Wald mit nach Hause zu bringen. Und merke immer wieder: Es ist schwierig. Woran liegt das? Es sind mehrere Dinge: Farben, Licht und Bildaufbau.
Die meisten Kameras stellen im Wald den Weissabgleich falsch ein. Dadurch, dass grosse Teile des Bildes grün sind, versucht die Kamera einen Grünstich zu korrigieren. Sie fügt somit einen Magentastich hinzu. Sichtbar wird dies vor allem am Waldboden, der violett statt braun erscheint.
Die Lösung ist einfach: Fotografiere immer in RAW und korrigiere den Weissabgleich nachträglich im RAW-Editor, zum Beispiel in Adobe Lightroom. Mit dem JPEG-Format geht es zur Not auch, aber die Korrektur ist verlustbehaftet und begrenzt.
Im obigen Beispiel befindet sich der Grün-Magenta-Regler bei +36. Also viel zu viel Magenta. In einem ersten Schritt schiebe ich ihn in Richtung Grün, etwa zu +10. Bei manchen Bildern darf es sogar noch grüner werden.
Zudem ist im Wald der Blau-Gelb-Regler, also die Farbtemperatur, meist zu kalt eingestellt. Im Beispiel oben lag sie bei 4200 Kelvin (K). Ich habe sie auf 6700 K gestellt. Dein Geschmack entscheidet, wie stark du hier korrigierst. Vielen Leuten gefallen kalte Farben besser. Als Richtwerte: Bewölkter Himmel hat etwa 6500 K, Schatten etwa 7500 K.
Im schattigen Wald gibt es Stellen, an denen die Sonne zwischen den Ästen durchscheint oder ein Stück Himmel zu sehen ist. Die Kamera kann einen so grossen Helligkeitskontrast nicht bewältigen. Das Foto ist an den hellen Stellen überbelichtet oder an den dunklen unterbelichtet – oder beides.
Smartphones gleichen diese Unterschiede erstaunlich gut aus. Sie schiessen mehrere Aufnahmen unterschiedlicher Belichtung und rechnen diese zusammen. Die Ergebnisse sehen aber eher unnatürlich aus.
Die Lösung für dieses Problem besteht nicht darin, eine bessere Kamera zu kaufen. Selbst Kameras mit der besten Dynamik sind im Licht-Schatten-Spiel überfordert. Wichtiger als die Kamera ist, dass du im Rohformat und nicht in JPEG fotografierst. Dies gibt dir mehr Spielraum beim Korrigieren von Unter- und Überbelichtung. Vor allem aber solltest du hartes Licht vermeiden.
Am einfachsten gelingt dir das, wenn du bei schlechtem Wetter fotografierst. Versuche ausserdem, eine Szene ohne Himmel zu fotografieren. Auch bedeckter Himmel ist immer noch zu hell im Vergleich zum schattigen Wald.
Spaziere ich im Wald, ist es oft der Gesamteindruck, der mir gefällt – ich weiss aber nicht, wie ich den in einem Bild festhalten soll. «Einmal alles mit scharf» bringt's nicht, ein Foto braucht ein klares Motiv oder zumindest klare geometrische Strukturen. Beides musst du im Wald aktiv suchen.
Das Bild oben wäre ohne die unscharfen Äste im Vordergrund und die beiden diagonalen Stämme ganz okay. Es hätte immer noch kein Motiv, aber eine gewisse Regelmässigkeit, die fürs Auge annehmbar ist.
So etwas hinzubekommen, ist aber schwierig. Du musst dir viel Zeit nehmen. Bist du in einer Gruppe unterwegs und der einzige, der fotografiert, geht das nicht.
Viel einfacher: Waldwege und Bäche bringen Struktur ins Bild. Gleichzeitig sind das aber die Orte, an denen du besonders oft mit den oben beschriebenen Helligkeitsproblemen zu kämpfen hast. Probier mal aus, einen geraden Waldweg nicht mit dem Weitwinkelobjektiv, sondern mit einem leichten Tele-Ausschnitt zu fotografieren. Also mit einer Brennweite von 50 bis 100 Millimetern im Vollformat. Die Vegetation ist kompakter und überbelichtete Stellen lassen sich einfacher vermeiden.
Eine andere einfache Methode: Fotografiere Details. Baumrinden. Pilze. Ein Blatt. In diesem Fall darf auch die Sonne darauf scheinen, während der Hintergrund dunkel ist. Von diesem muss am Ende nicht viel zu sehen sein.
Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere.