Hintergrund

The Batman: Auf der Spur des Batmobiles

Dodge Challenger oder Charger, Mickey Thompson Tires und NOS. Das Batmobile aus «The Batman» existiert in unserer Welt.

Ein Verbrecher ist auf der Flucht. Vor Batman. Er setzt sich hinter das Steuer seines Autos und braust in den Strassen Gotham Citys davon. Je grösser die Distanz zwischen ihm und dem dunklen Rächer liegen, desto besser.

Der dunkle Rächer nimmt die Verfolgung auf. In einer Gasse lodern die Flammen aus den Auspuffrohren. Genau für diesen Fall hat der Mann im Fledermauskostüm in seiner Höhle, der Batcave, ein Auto gebaut, das gleichermassen Fortbewegungsmittel wie Waffe ist. Das Auto selbst sieht aus wie ein wildes Tier – brüllt noch bedrohlicher. Die massive Stossstange vorne lässt erahnen, was passiert, wenn das Batmobile etwas rammt.

Doch das Faszinierendste: Das neue Batmobile sieht so aus, als ob es auch ausserhalb des Films existieren könnte. Daher habe ich mich aufgemacht, das Batmobil zu jagen, wie Batman im Film den Spuren des Riddlers folgt. Was ist unter der Haube? Was fährt der Mann in Schwarz da genau? Was kann das Batmobile?

Die Suche führt mich abseits der Filmmagie von einer Spielzeugmarke aus Dänemark über eine Garage im Aargau zur Physik, einem Kinderbuch und direkt zur Elektromobilität.

Der Verräter: Die Antwort liegt im Detail

Einer, der es genau wüsste, ist Ash Thorp. Er ist für die frühen Zeichnungen und das Design des Fahrzeugs verantwortlich. Auf meine Anfrage per E-Mail hat er aber nicht reagiert. Auch Production Designer James Chinlund hüllt sich in Schweigen.

Die Spur: 136 Seiten Kinderbuch mit etwas «The Fast and Furious»

Kleine Anmerkung am Rande: Um undercover an den illegalen Strassenrennen Gothams teilnehmen zu können, nennt sich Bruce Wayne im Buch «Paul». Die Alarmglocken bei Autofans schrillen. Schnelle Autos, Strassenrennen und der Name Paul… wer könnte das wohl sein? Nicht etwa Paul Walker, der im «The Fast and The Furious»-Franchise den Brian O'Conner gegeben hat? Eine Anfrage an Buchautor David Lewman bleibt unbeantwortet.

Die Fährte wird kalt.

Die Detektive: YouTube deckt auf

Die aussagekräftigsten Videos zum Thema sind die folgenden drei. Ich empfehle dir, sie anzusehen. Aber die wichtigsten Aspekte der Videos greife ich im weiteren Verlauf des Textes auf und illustriere wo nötig mit Screenshots.

Am selben Event ist die Crew von Car Throttle, die weitere Details kennen.

Aus Frankreich meldet sich Movie Cars Central mit Bildmaterial, das der maskierte Moderator bei Tageslicht geschossen hat. Er kennt auch viele technische Details zum Fahrzeug und auch er sagt: «Die Fenster sind ganz klar Mopar.» Mopar ist die Firma, zu der Dodge gehört.

Das Modell im achten Bezirk der Stadt Paris, das Franck Galiègue – der Mann hinter der Maske Movie Cars Centrals – abgefilmt hat, könnte dasselbe sein, das auch vor Rana65556 und Car Throttle in London gestanden hat. Franck sagt, dass der Aufbau klar von Mopar stamme.

Dann sagt Franck etwas, das die ganze Mopar-Theorie über den Haufen werfen könnte: «Es könnte auch ein Plymouth Road Runner sein», ein Auto der Marke Plymouth, die es schon lange nicht mehr gibt. Dem widersprechen die beiden Schweizer: «Die Form des Dachs ist beim Road Runner komplett anders. Wer würde schon einen Road Runner wegen seiner Formen nehmen und dann ein Dodge-Dach darauf bauen?»

Alex Kersten und Jack Joy von Car Throttle wissen, dass die Stossstange nicht einfach eine Stossstange ist, sondern eine Art Rammsporn. Die Stossstange aus Stahl ist an einen Rahmen geschweisst, der sich durch das ganze Batmobile zieht. Damit hat Bruce Wayne im Film sämtliche Knautschzonen eliminiert. Es gibt also nichts, was den Aufprall abdämpft, wenn das Batmobile ein anderes Auto rammt.

Car Throttle kennt auch erste Details zur Motorleistung. Mit den beiden Turboladern liefert der V8-Motor hinten – offensichtlich funktional – 700 Brake Horse Power (bhp). Umgerechnet in hiesige PS macht das 693 PS. Rana65556 widerspricht der Angabe. Laut dem Angestellten der Ausstellung in seinem Video liefert der Motor nur 650 Brake Horse Power, also 643 PS.

Dazu hat das Batmobile einen Allradantrieb, der bei Bedarf an- oder ausgeschaltet werden kann. Die Modi sind laut Car Throttle Vorderradantrieb, Vierradantrieb und Heckantrieb. «Das Batmobile hier kann im echten Leben all das, was du im Film siehst», sagt Jack.

Eines der Stunt-Fahrzeuge war speziell auf Sprünge ausgelegt. Ein Stahlrahmen ist da zwar nützlich, aber ein Rammsporn aus Stahl vorne ist da überflüssiges Gewicht. Deshalb wurde für das «Jump Mobile» ein Batmobile gebaut, dessen Stossstange aus 100 Kilo leichterem Fiberglas besteht. Dazu wurde die ganze Federung ersetzt, damit die Stossdämpfer sich mehr bewegen und daher mehr Aufprall abfangen können.

«Das Batmobile hat keine Türgriffe», bemerkt Franck.

Die Identifikation: Der hintere Motor

Wenn dein Auto noch mehr Leistung bringen soll, dann machst du entweder deinen Turbolader grösser – das führt aber zu verzögerter Beschleunigung – oder du machst es wie Batman: Zwei Turbos.

Das Mysterium: Ein zweiter Motor?

Warum sind da Auspuffrohre unter der Fahrer- und Beifahrertür und oben unter der Motorhaube, wenn der Antrieb des Batmobiles hinten ist?

«Ist da ein zweiter Motor», fragt Franck im Video.

Das würde im Kontext des Films Sinn ergeben. Dort verwendet Batman die Düsenturbine genau einmal, beim grossen Sprung des Batmobiles. Schaltet Batman also das Düsentriebwerk dazu, um etwas Extraschub zu generieren?

In unserer Welt dürfte dem so sein. Oder der vordere Motor treibt das Auto an, der hintere V8 ist reine Dekoration, die manchmal Flammen speit. In der Welt des Films gibt es aber eine Erklärung, weshalb vielleicht doch der hintere Motor dem Batmobile seinen Antrieb gibt.

Warum ist also NOS der Grund, dass vielleicht doch der hintere Motor den Antrieb für das Fahrzeug bringt? Im Film zündet Batman den Düsenantrieb des Batmobiles dann, wenn er Extraschub braucht. Also wenn er durch einen umgefallenen Lastwagen durchfahren muss oder vor dem grossen Sprung im Trailer. Das ist Konsistent mit dem Verhalten von NOS. Denn die Flüssigkeit liefert kurzzeitig Extra-Pferdestärken.

Und noch viel wichtiger: NOS brennt blau.

Es ist gut möglich, dass das Rohr, aus dem die blaue Flamme schiesst, gar kein Düsentriebwerk ist. Ist es ein Abgasrohr für verbrennendes NOS?

Die falsche Fährte: Der Düsenantrieb

Eigentlich ist klar, dass der Düsenantrieb eine falsche Fährte sein muss. Denn der Blick in die Geschichte zeigt, dass ein Batmobile mit Düsenantrieb ganz anders aussehen müsste. Es könnte kein Muscle Car sein, da eine Düsenturbine nicht einfach so ohne weiteres auf ein Auto geschraubt werden kann. Und schon gar nicht in Form eines V8.

Ein Düsenantrieb funktioniert fundamental anders als ein Verbrennungsmotor. Wenn die Turbine in einem Auto verbaut werden muss, dann ist sie entweder schwach und langsam oder gross. In letzterem Fall würde das Auto in etwa so aussehen wie das Batmobile in «Batman» und «Batman Returns» aus der Feder von Tim Burton.

Eine Turbine saugt vorne Luft an, die dann von einem Kompressor verdichtet wird. Nach der Verdichtung wird Treibstoff, meist Kerosin, eingespritzt. Dieses Gemisch wird dann entzündet. Die entstandene Energie wird hinten aus dem Düsenantrieb ausgestossen, was dem Fahr- oder Flugzeug den Schub gibt, um sich zu bewegen.

Die Explosion im Verbrennungsmotor generiert also nicht wirklich denselben Schub wie eine Turbine. Vielmehr generiert der Verbrennungsmotor Rotation, die am Ende Räder zum drehen bringt. Es ist technologisch sicher irgendwie möglich, aus einem V8-Motor einen Düsenschub zu generieren, aber das ist so sinnlos, dass ich auch nach längerem Googeln nichts gefunden habe, das auch nur ansatzweise nach V8-Düsenantrieb aussieht.

Daher ist klar, dass der hintere Motor kein Düsentriebwerk ist. Die blauen Flammen aus dem vermeintlichen Düsentriebwerk, das eigentlich ein Abgasrohr ist, sind brennendes NOS.

Kurz: Ein Düsentriebwerk generiert permanenten Schub. Batman nutzt die blauen Flammen hinten nur dann, wenn er einen Boost braucht. Das spricht für die NOS-Theorie und gegen «zweiter Motor».

Der Querschläger: Ein elektrisches Batmobile

Das wohl beste Detail der ganzen Produktion, ist, dass eines der vier Batmobiles, die für den Film gebaut wurden, einen elektrischen Antrieb hat. Das sagt der ungesehene Angestellte der Ausstellung in Rana65556s Video. Noch präziser: Der Mann sagt, dass der Motor aus einem Tesla stamme.

Ein Elektroantrieb liefert nicht nur PS und starke Beschleunigung – alles, was mit einem V8 und NOS auch geht, aber wesentlich komplizierter. Er bringt vor allem etwas, das für die Filmproduktion besonders nützlich ist: Ruhe.

Aber: Ein stiller Motor beim Dreh schont nicht nur Robert Pattinsons Gehör, sondern vereinfacht das nachträgliche Vertonen wesentlich. In Rana65556s Video sagt der Ungesehene dann auch: «Das elektrische Batmobile wurde für Night Shoots oder auf Sound Stages gebraucht.» So wurden keine Anwohner gestört und andere Geräusche auf der Bühne nicht vom Brüllen des Motors überlagert.

Die Akte: Fall gelöst?

Mit diesen Herleitungen zeichnet sich ein klares Bild vom Batmobile. Ein so klares Bild, dass es tatsächlich in unserer Welt existieren kann. Filmmagie ist dort zur Anwendung gekommen, wenn das Auto springen muss oder ruhig sein sollte. Aber sowohl Sprungfahrzeug wie auch Elektro-Batmobile existieren und funktionieren so, wie im Film gezeigt.

Es ist nun klar, was das Batmobile ist:

Ist der Fall gelöst? Ja, aber es fehlen wichtige Elemente. Was ist unter der Motorhaube, wenn der Motor hinten ist? Wo ist der Tank? Dazu Details zur Gangschaltung und dem Armaturenbrett. Darum gebe ich den Fall gerne weiter: Was weisst du? Hast du Verdächtiges gesehen?

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


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