

SpotCam HD Pro: Überwachung vs. Datenschutz und -sicherheit

Mit der Netzwerkkamera von SpotCam kannst du dein Zuhause oder Privatgrundstück überwachen. Das an sich ist super. Trotzdem wirft Überwachung auch immer Fragen in Punkto Datenschutz und -Sicherheit auf.
Die SpotCam HD Pro ist eine Netzwerkkamera. Im Wesentlichen zeichnet sie ein Bild auf, das in der Cloud von Hersteller SpotCam gespeichert wird. Von dort aus kann es 24 Stunden lang auf einen Computer, ein Tablet oder ein Smartphone gestreamt werden. Dann wird das Bildmaterial aus der Cloud gelöscht. Alles, was die Kamera dafür benötigt, ist Strom und ein WLAN-Netzwerk, in das sie eingeklinkt werden kann.

Interessant ist das, wenn du zum Beispiel wissen willst, was bei dir zu Hause vor sich geht, wenn du nicht da bist oder schläfst. User Ventoesole wollte das vermutlich auch wissen. Er hat sich eine SpotCam besorgt und ist zu folgendem Urteil gelangt:

Diesen Wanderpokal habe ich ausprobiert. Dabei ist mir klar geworden, dass sich die wichtigsten Fragen gar nicht um das Gerät selbst drehen, sondern ums Thema Datenschutz und Datensicherheit.
Installation und Setup
Hersteller SpotCam verspricht ein Setup innert Sekunden. Das ist utopisch. Gerade, weil die Kamera ziemlich oft mit dem SpotCam-Server und anschliessend mit meinem Heimnetzwerk kommunizieren muss, ehe sie einsatzbereit ist. Installiert habe ich die SpotCam übrigens zu Hause – unsere IT-Abteilung wäre ziemlich sauer, wenn ich ein externes Gerät, das Bilder an eine externe Cloud streamt, ins Firmennetzwerk gehängt hätte.
In Betrieb nehmen kannst du die Kamera via Smartphone App aus dem Google Play Store oder dem Apple iTunes Store. Natürlich geht es auch am PC, via Website. Etwa zehn Minuten musst du für das Prozedere inklusive Erstellen eines SpotCam-Accounts einberechnen. Dann läuft die Kamera. Du kannst sie übrigens jederzeit vom Strom nehmen, umpositionieren und wieder einstecken, ohne sie neu konfigurieren zu müssen
So läuft die App
Die WLAN-Kamera nimmt mit einer FHD-Auflösung von 1920×1080 Pixel und 30 Bilder pro Sekunde auf. Für die Nachtsicht, die sich bei wenig Licht automatisch aktiviert, sind 12 Infrarot-LEDs um die Linse herum platziert. Das Bild wird im Weitwinkel von 155 Grad aufgenommen. Die Kamera wiegt etwa 275 Gramm und lässt sich dank IP65-Zertifizierung problemlos draussen aufstellen.

Das Bild hat definitiv keinen «Magenta-Stich, wie es seit den Anfängen der Netzwerkkameras nicht mehr zu erleben war», um User Ventoesole zu zitieren. Ich denke, dass seine Kamera tatsächlich ein Montagsmodell gewesen ist. Dem bin ich übrigens nachgegangen: Die offenbar defekte Kamera wurde von unserem Kundendienst gegen eine neue eingetauscht. Ich nehme an, dass sie nun ordnungsgemäss funktioniert. Dennoch: Wirklich hochauflösend ist das Pixel-Schlamassel – gerade im Vollbildmodus – auch nicht. Da habe ich mehr erwartet.
Damit du dir ein besseres Bild von der Aufnahmequalität machen kannst, habe ich einen Zeitraffer auf YouTube hochgeladen.
Zu sehen ist der Teil meiner Wohnung, den ich in vielen Fernseher-Tests bereits abgelichtet habe. Also nichts, was die Welt nicht eh schon kennt. Denn eigentlich möchte ich dich nicht dazu ermutigen, es mir mit dem Hochladen gleichzutun. Also, nochmals im Klartext: Tu’s nicht.
Mit der App stehen dir weitere nützliche Optionen zur Verfügung. Du kannst beispielsweise entscheiden, ob die Kamera immer aufnehmen soll oder nur während eines gewissen Zeitplans. Alternativ kannst du die Kamera auch im Schlafmodus lassen: Sie aktiviert sich dann nur, wenn sie eine Bewegung und/oder ein Geräusch registriert.

Die Smartphone App bietet noch mehr Möglichkeiten. So kannst du festlegen, ob du via Push-Benachrichtigungen über Bewegungen oder Geräusche informiert werden willst. Die Sensibilität des Mikrofons lässt sich übrigens einstellen. Auf Stufe «Mittel» bekam ich alle 5 Sekunden eine Benachrichtigung, obwohl kein Geräusch zu hören war. Ausser das Surren der Kamera. Vielleicht hört sie sich ja selbst.
Die Alarmfunktion ist bei mittlerer Einstellung so empfindlich, dass ich alle zwei Minuten eine Alarmmeldung bekomme, obwohl die Kamera bloss die unbewegliche Wohnzimmerwand sieht. Auch ohne Erdbeben.
Ob User Ventoesole auch Geräusch- und nicht bloss Bewegungsalarme gekriegt hat, weiss ich nicht. Aber auf Stufe «Niedrig» funktionierte das bei mir tatsächlich viel besser.


Teure Zusatzabos, wenn du das volle Programm willst
Mit einem etwas faden Beigeschmack nehme ich zur Kenntnis, dass noch viel mehr mit der Kamera gemacht werden kann, wenn teure Zusatzabos gelöst werden.

Um zwei Beispiele zu nennen: Eine KI soll intelligent genug sein, um bei fehlenden Objekten Alarm zu schlagen. Klingt nützlich, wenn beispielsweise in einem Veloraum ständig geklaut wird. Die automatische Sturzerkennung soll mich benachrichtigen, wenn eine Person umfällt und nicht wieder aufsteht. Zum Beispiel ein älteres Familienmitglied. Kostenpunkt für alle Dienste zusammen: 37.90 Franken pro Monat.
Die Dienste lassen sich allerdings auch einzeln für je etwa 5-10 Franken pro Monat abonnieren. Finde ich fair. So muss nicht für Abos gezahlt werden, die nicht gewollt sind. Apropos zahlen: Wer mehr als 24 Stunden Videomaterial aufzeichnen will, darf nochmals tief ins Portemonnaie greifen. Je nach Angebot werden bis zu 200 Franken im Jahr fällig.

Grundsätzlich empfinde ich das zusätzliche Abkassieren als extrem störend und nervig. Allerdings wird ein Mieter kaum alle Abos und Dienste gleichzeitig in Anspruch nehmen. Das würde etwa 655 Franken im Jahr kosten. Ist wohl eher was für Vermieter von Familienwohnungen oder Grösseres.
Datenschutz und Sicherheit
Während dem Testen sind mir immer wieder zwei wichtige Themen im Zusammenhang mit Netzwerkkameras in den Sinn gekommen: Datenschutz und Datensicherheit.
- Darf ich meine Wohnung oder mein Privatgrundstück filmen, wenn andere Personen darauf zu sehen sind?
- Sind meine Aufzeichnungen oder Netzwerkdaten gut genug vor Hackern oder Einbrechern geschützt?
Um Antworten zu bekommen, habe ich zwei Experten befragt.
Daten- und Persönlichkeitsschutz
Dich selber zu filmen ist kein Problem. Komplizierter wird es erst, wenn andere Personen gefilmt werden. Und das ist ja Zweck der Sache. Martin Steiger, Rechtsanwalt bei Steiger Legal AG, sagt dazu:
«Bei Videoüberwachung prallen Eigen- und Fremdinteresse aufeinander. Etwa der Schutz vor Einbruch und die Privatsphäre der gefilmten Personen.»
Er führt aus, dass der Betrieb einer Videoüberwachungsanlage gerechtfertigt sein muss. Die Bewachung muss also sowohl verhältnis- als auch zweckmässig sein.
«Als Rechtfertigung wird oft der Schutz von Personen oder persönlichen Gegenständen genannt. Wenn es aber mildernde Massnahmen gibt, sind diese zu bevorzugen.»
Damit meint Steiger beispielsweise ein verstärktes Sicherheitsschloss anstelle einer Kamera. Oder ein Aussenlicht mit Bewegungssensor. Videoüberwachung muss zudem transparent sein. Etwa durch ein angeschriebenes Schild, auf dem steht wer filmt, was er filmt und wieso.
Gerade letzteres ist wichtig. Gefilmte Personen wie zum Beispiel der Briefträger oder die Zügelfirma, die sich einer Überwachung nicht einfach entziehen kann, dürfen jederzeit Auskunft darüber verlangen, was gefilmt wurde und zu welchem Zweck. Ohne das Einverständnis der gefilmten Personen darf sowieso nichts veröffentlicht werden.
Aber was ist mit dem Datenschutz von Einbrechern? Martin Steiger sagt:
«Auch sie haben ein Recht auf Datenschutz. Trotzdem würde ich mich als Betroffener weniger Gedanken darüber machen.»
Die Gefahr, dass ein Gericht die Aufzeichnungen in einem Strafverfahren als Beweismaterial nicht zulasse, sei deutlich grösser als jene, dass ein Einbrecher sein Opfer wegen Datenschutzverletzung erfolgreich verklagen könnte, so Steiger. Ein Einbrecher müsste ja zugeben, den Einbruch begangen zu haben, wenn er eine Privatperson fürs Filmen behaften will.
Datensicherheit: Wie gross ist das Risiko?
Live-Videos und Aufzeichnungen sowie Abspeicherungen werden durch SSL-Datenverschlüsselung geschützt. Ob das ausreicht? Auch dazu habe ich mit Stefan Friedli, Hauptsicherheitsberater bei der SCIP AG, einen Experten befragt. Die Firma ist spezialisiert auf Cybersecurity und Informationssicherheit.
«Die Antwort auf Ihre Frage ist vermutlich unbefriedigend: Es kommt darauf an.»
Was Friedli meint, ist, dass eine Überwachungslösung wie jene von SpotCam durchaus ausreichend sicher installiert werden könnte. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es allerdings nie. Das ist wie mit der Wohnungstüre: Wenn ich sie abschliesse, ist ein Einbruch unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Als Beispiel nennt Stefan Friedli Googles Tochterfirma Nest, die ebenfalls Netzwerkkameras herstellt.
«Obwohl Nest über eine Armee von klugen Engineers verfügt, ist die Sache mit der Sicherheit auch dort kein Selbstläufer.»
Der Sicherheitsexperte verweist mich an einen Bericht von Jason Doyle, der unter public disclosure veröffentlicht wurde. Er zeigt, wie sich Nests Netzwerkkameras angreifen lassen. Das geht so:
Ein potenzieller Einbrecher könnte das WLAN-Signal des Netzwerks, an dem die Kamera angehängt ist, überlagern. Dafür braucht er einfach ein anderes Netzwerk mit derselben SSID – das ist der Name eines Netzwerks, zum Beispiel «Lucas Heim» – aber einem noch stärkeren WLAN-Signal. Das zu bauen ist nicht besonders schwer. Ich hab’s selber auch schon für einen TV-Test machen müssen.
Die meisten Netzwerkkameras sind nicht intelligent genug, um zu merken, dass ein anderes Netzwerk im Spiel ist. Sie denken sich nur: «Hey, da ist ein neues "Lucas Heim"-Signal, das noch stärker ist. Ich hänge mich lieber da ran, damit ich meine Daten noch besser in die Cloud übermitteln kann.»
Um ein Netzwerk zu bauen, brauchst du kein Internet. Genau das macht sich der Einbrecher zu Nutze. Denn statt dass die Bilder übers Internet zur Cloud geschickt werden, landen sie laut Jason Doyles Bericht ins internetlose Netzwerk des Angreifers – und damit ins Daten-Nirwana. Salopp gesagt ein Loch, wo Daten sterben gehen. Er kann die aufgezeichneten Bilder zwar nicht sehen, ich allerdings auch nicht. Somit kann er unbeobachtet in meine Wohnung eindringen.

Quelle: Luca Fontana
Sicher, der Einbrecher müsste schon vorher wissen, dass da eine Netzwerkkamera in der Wohnung steht und wo. Ebenso müsste er die SSID des Netzwerks kennen. Letzteres ist einfach rauszufinden, wenn ich beispielsweise mein Heimnetzwerk nach mir selbst benennt hätte. Darum: Gib deinem Heimnetzwerk nie einen Namen, der auf dich selbst schliessen lässt.
Ob diese Methode auch bei Spotcams funktioniert, habe ich nicht ausprobiert. Das Beispiel ist ohnehin exemplarischer Natur: Kein System ist komplett sicher, aber ein Angriff ist in den meisten Fällen eher unwahrscheinlich.
Fazit: Überwachung ist okay, aber nur wenn’s wirklich nötig ist
Die SpotCam HD Pro hat mich insgesamt zufriedengestellt: Die Aufzeichnungsqualität ist gut, wenn auch nicht so hochauflösend wie vom Hersteller versprochen, und die dazugehörige App bietet von Haus aus Bewegungs- und Geräuschalarme. Für noch mehr Dienste greifst du tief in die Tasche.
Entscheidend für den Kauf sind aber zwei andere Punkte: Datenschutz und Datensicherheit. Eine WLAN-Kamera ist nichts, das du dir aus Freude am Überwachen kaufen solltest. Sei dir der Konsequenzen bewusst. Sei kritisch. Privatsphäre ist ein wertvolles Gut, das geschützt werden muss. Brauchst du diese Art der Überwachung wirklich oder gibt es angemessenere Alternativen? Zudem: Rechtfertigt der Zweck deiner Aufzeichnungen das Risiko, dass deine Netzwerkkamera irgendwie gehackt werden könnte?
Letzteres ist zwar eher unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Ich würde die Kamera nur dort anwenden, wo es wiederholt zu Gesetzesverstössen gekommen ist und wo andere Sicherheitsmassnahmen bereits versagt haben. Gelangst du zur Überzeugung, dass eine Netzwerkkamera notwendig und angebracht ist, dann halte dich unbedingt an die geltenden Datenschutzbestimmungen.


Abenteuer in der Natur zu erleben und mit Sport an meine Grenzen zu gehen, bis der eigene Puls zum Beat wird — das ist meine Komfortzone. Zum Ausgleich geniesse ich auch die ruhigen Momente mit einem guten Buch über gefährliche Intrigen und finstere Königsmörder. Manchmal schwärme ich für Filmmusik, minutenlang. Hängt wohl mit meiner ausgeprägten Leidenschaft fürs Kino zusammen. Was ich immer schon sagen wollte: «Ich bin Groot.»