Hintergrund

Solarmodule: Wie der Schweizer David gegen den chinesischen Goliath kämpft

Solarmodule made in Europa. Europa, nicht China. Ja, das gibt es – noch. Das Schweizer Unternehmen Meyer Burger setzt auf einen Vorsprung durch Technik und will so im Kampf gegen die übermächtige Konkurrenz aus China bestehen.

Es scheint fest in vielen Köpfen zu stecken: Produkte aus China sind billig, aber eben auch minderwertig. Auch in den Diskussionen hier im Shop werden Produkte hart kritisiert, die das Label «Made in China» haben. Dabei beliefert China die Welt heute längst nicht mehr nur mit seltsam riechenden Plastik-Spielzeugpuppen oder wackeligen Futterstationen für Haustiere.

In Europa gibt es mit Meyer Burger nur noch einen einzigen Hersteller von Solarzellen und -modulen. Der Ursprung liegt in den 1980er-Jahren. Damals stellte die Firma Sägen für Wafer her, die als Halbleiter in der Chipindustrie gebraucht wurden, aber auch für die Produktion von Solarzellen. Weil die Silizium-Wafer dünn und damit zerbrechlich sind, waren Drahtsägen mit hoher Präzision gefragt. Etwas, was Meyer Burger gut konnte.

40 Jahre nach dem Einstieg Meyer Burgers in die Solarindustrie bekomme ich die Gelegenheit, mir vor Ort anzuschauen, wie es das Unternehmen mit den Giganten aus China aufnehmen möchte. Zum ersten Mal hatte ich die hocheffizienten Solarzellen im Sommer 2023 auf dem allein durch Solarenergie angetriebenen Rennauto des Schweizer Teams bei der «World Solar Challenge» gesehen.

Das Team der ETH setzte wegen eines hohen Wirkungsgrades auf die Module von Meyer Burger. In der Fabrik wurden sogar extra Zellen aus der Produktionslinie genommen, die noch um ein paar Zehntel Prozent effizienter waren als andere.

Wiederbelebung im deutschen «Solar Valley»

Hoher Wirkungsgrad als Verkaufsargument

Heute gibt es wieder Leben in einigen der riesigen Hallen. Dort, wo Meyer Burger seine Produktion von Solarzellen aufgebaut hat. Das Schweizer Unternehmen stellt hier Zellen her, die anschliessend im 150 Kilometer entfernten Werk in Freiberg in Sachsen zu Modulen montiert werden. Diese Module, made in Germany, kommen dann hauptsächlich auf Dächer von Häusern, Büro- oder Fabrikgebäuden. Oder sie stehen auf Wiesen entlang von Autobahnen oder auf sonnigen Bergplateaus.

Die Unterschiede bei der Leistung sind allerdings gering. Und das liegt ausgerechnet daran, dass Meyer Burger bis zu seinem Strategiewechsel 2020 seine Technologie in Form von Maschinen weltweit an Solarmodul-Hersteller geliefert hat, vor allem nach China. Bei 90 Prozent aller weltweit hergestellten Module dürfte heute Meyer-Burger-Technologie beteiligt sein.

Wandert die Produktion in die USA?

Wenn dich der Fertigungsprozess in seinen physikalischen und chemischen Details interessiert, empfehle ich dir dieses Video von «Money for Future»:

Ein paar theoretische Grundlagen zur Wirkungsweise von Solarzellen werden in diesem Video erklärt.

Wie hell ist die Zukunft für Meyer Burger?

In der 40’000 Quadratmeter grossen Bitterfelder Fabrikhalle ist viel Optimismus zu spüren. Nicht nur, weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf ihren T-Shirts Slogan wie «Work for a Vision» tragen. Bei meinem Gang durch die Hallen habe ich Enthusiasmus gespürt, Tüftlergeist und Stolz.

Trotzdem ist Meyer Burger nicht zum Überflieger geworden – sondern zur Illustration einer brutalen Wahrheit. Im Markt setzt sich längst nicht immer der Beste durch, sondern oft genug der Mittelmässige.
Titelfoto: Meyer Burger AG

182 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Journalist seit 1997. Stationen in Franken, am Bodensee, in Obwalden und Nidwalden sowie in Zürich. Familienvater seit 2014. Experte für redaktionelle Organisation und Motivation. Thematische Schwerpunkte bei Nachhaltigkeit, Werkzeugen fürs Homeoffice, schönen Sachen im Haushalt, kreativen Spielzeugen und Sportartikeln. 


Nachhaltigkeit
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Hintergrund

Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.

Alle anzeigen

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • Hintergrund

    Zu Besuch beim Hersteller der Digitec-Charger

    von Simon Balissat

  • Hintergrund

    E-Autos, von denen du noch nie gehört hast

    von Manuel Wenk

  • Hintergrund

    Warum das grösste E-Auto der Welt nie laden muss

    von Dayan Pfammatter