Meinung

Pixel-Manie: Warum sich 8K-TVs nicht lohnen

Luca Fontana
16.1.2019

Innovation ist gut fürs Marketing. Darum lancieren Hersteller immer mal wieder etwas Neues, auch wenn es gar nicht viel bringt. 8K-Fernseher zum Beispiel.

Seit Oktober vergangenen Jahres ist der erste 8K-Fernseher fürs Heimkino da. Gebaut hat ihn Samsung, und seine Produktbezeichnung ist Q900R. Er ist sogar einigermassen erschwinglich. Zumindest im Vergleich zu OLED-Fernsehern ab 75 Zoll. Die sind derart viel teurer, dass Samsungs Pixelkönig glatt als Schnäppchen durchgeht.

Trotzdem hält sich meine Begeisterung in Grenzen. Nicht, weil ich das Gefühl hätte, dass er kein gutes Bild erzeugt. Im Gegenteil. Vergangenen Sommer habe ich Samsungs QLED-Flaggschiff Q9FN getestet. Ein Prachtsfernseher, der den Vergleich zur OLED-Konkurrenz nicht zu scheuen braucht. Samsung weiss, wie man gute Fernseher baut.

Meine Skepsis kommt viel mehr von der 8K-Auflösung, die streng genommen UHD-2-Auflösung heissen müsste. Stand heute ist sie unnötig.

Darum macht 8K keinen Sinn

Ein 8K-Fernseher – oder eben UHD-2-Fernseher – besitzt 7680 Pixel pro Zeile und 4320 Pixel pro Spalte. Macht insgesamt also 33 177 600 Pixel. Das ist viermal mehr als bei einem UHD-TV und 16-mal mehr als bei der Full-HD-Auflösung, die du auf Blu-rays vorfindest.

Der minimale Sitzabstand

Möchtest du die Vorzüge von 8K voll ausschöpfen, musst du sehr nahe vor dem Fernseher sitzen. Entweder das, oder du brauchst einen Fernseher, der grösser ist als die meisten Wohnzimmerwände. Ansonsten siehst du kaum einen Unterschied zwischen 4K und 8K.

Ein Beispiel: Wenn du von einem Sitzabstand von 2.5 Metern ausgehst, muss die Diagonale deines TVs 227 Zoll oder 5.77 Meter gross sein, damit du den vollen 8K-Effekt siehst. Die Formeln zum selbst Nachrechnen sind hier verlinkt:

Pixelmasse vs. Farbwiedergabe

Es fehlen die Inhalte und die Bandbreite

Nur: Je mehr interpoliert wird – so wird das Hochrechnen genannt – desto mehr entfernt sich das Bild von der eigentlichen Qualität des originalen Inhalts. Denn die beste Bildqualität bekommst du nie von einer eigenen Interpretation des TV-Geräts.

Das eigentliche Killerkriterium für 8K-Fernseher ist ohnehin die nötige Bandbreite für die Datenübertragung: Inhalte mit einer so hohen Auflösung generieren eine ungeheure Datenmenge. Eine Datenmenge, die von einer Datenbank oder einem Datenträger zu deinem Fernseher gelangen muss.

Das zeigt: Die Infrastruktur für Bandbreiten und Übertragungsraten, die mit 8K-tauglichen Datenmengen umgehen können, ist in den wenigsten Haushalten vorhanden. Deswegen werden Streamingplattformen wie Netflix oder Hollywood-Giganten wie Disney in naher Zukunft wohl davon absehen, 8K-Inhalte zu produzieren.

Samsungs Q900R: Wieso also gerade jetzt?

Egal wie du es drehst und wendest: Es ist zu früh für 8K-Fernseher. Es gibt nicht genügend Inhalte und Infrastruktur. Die zusätzlichen Pixel sind ohnehin nicht nötig. Und trotzdem hat Samsung einen 8K-fähigen Fernseher lanciert. Wieso?

Der südkoreanische Hersteller hat ein Problem: OLED beherrscht die Schlagzeilen. In Punkto Bildqualität bietet die TV-Technologie das beste Bild, das du kriegen kannst. Samsung hat als einziger der drei wichtigsten TV-Hersteller – namentlich LG, Sony und Samsung – keine Fernseher mit OLED.

Aber Innovation ist gut für den Ruf. Meine Vermutung: Samsung versucht deswegen die Aufmerksamkeit auf 8K zu lenken. Denn hier kann sich der Hersteller als Gewinner profilieren. Derweil ist Samsungs Micro LED die wohl viel wichtigere Technologie als 8K. Aber hier gibt es erst Prototypen, während Samsung bei 8K fertige Produkte liefern kann. 8K dient somit als Lückenfüller, bis Micro LED genug ausgereift ist für den Heimkino-Markt.

Das könnte sogar aufgehen. Und die Gewinner dieses Wettstreits um die beste TV-Technologie sind wir, die Konsumenten. Was der Q900R tatsächlich taugt, werde ich im kommenden Testbericht verraten. Wer weiss? Vielleicht lässt mich Samsung nochmals über die Bücher gehen.

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Ich schreibe über Technik, als wäre sie Kino, und über Filme, als wären sie Realität. Zwischen Bits und Blockbustern suche ich die Geschichten, die Emotionen wecken, nicht nur Klicks. Und ja – manchmal höre ich Filmmusik lauter, als mir guttut.


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