

«Pac-Man World 2: Re-Pac» – Nostalgie-Bait ohne Biss

Bandai Namco gräbt einen 23 Jahre alten Platformer aus und verpasst ihm ein dezentes Makeover. Dumm nur, dass unter der aufgehübschten Fassade immer noch das gleiche träge Jump'n'Run schlummert, das schon 2002 niemanden vom Hocker gehauen hat.
2002 war ein grossartiges Jahr für Jump‘n’Run-Games. Nintendo brachte den Klempner mit «Super Mario Sunshine» ins neue Jahrtausend und mit «Ratchet & Clank» und «Sly Racoon» starteten gleich zwei neue Franchises, die zeigten wie, vielseitig das Genre sein kann.
Und dann war da noch «Pac-Man World 2». Ein kurzes, bestenfalls durchschnittliches Spiel, das den gelben Pillenschlucker aus seinem gewohnten Labyrinth herausholte und auf eine Abenteuerreise schickte. Der Vorgänger war ein kleiner Kult-Hit, an den das Sequel allerdings nur bedingt anschliessen konnte. Die Gaming-Presse reagierte darauf mit einem kollektiven Schulterzucken und «Pac-Man World 2» war trotz kommerziellem Erfolg schnell wieder vergessen.
Zumindest bis das deutlich bessere Original 2022 ein kompetentes Remaster erhielt, das sich ordentlich verkaufte und plötzlich alle daran erinnerte, dass es da noch einen Nachfolger gab. Nur logisch, dass Bandai Namco jetzt mit diesem nachlegt.
Fruchtloser Held
Die Story von «Pac-Man World 2: Re-Pac» passt auf einen Bierdeckel: Geister klauen goldene Früchte von einem heiligen Baum im Pac-Village und befreien dabei den kreativ benannten Bösewicht Spooky. Der kugelrunde Protagonist muss das Chaos wieder geradebiegen und Spooky zurück in sein Baumverliess stecken. Es ist ein Plot für alle, denen die Comics auf der Rückseite der Cornflakes-Packungen zu anspruchsvoll sind.

Quelle: Bandai Namco
Pac-Village fungiert als Hub-Welt. Hier gibt’s eine Arcadehalle, in der du klassische Pac-Man-Games spielen kannst, Gacha-Automaten und ein paar langweilige Bewohner, die ebenso langweiligen Smalltalk labern. Wenn du magst, kannst du das Dorf ausserdem mit einigen Collectibles aufwerten.
Der Ball kommt nicht ins Rollen
Nachdem ich alles gesehen habe, was circa dreieinhalb Minuten dauert, steuere ich den ersten Level an. Hier wird das grösste Problem von «Pac-Man World 2: Re-Pac» offensichtlich: Pac-Man bewegt sich, als ob er durch Sirup watet. Jeder Input kommt mit einer kleinen, aber spürbaren Verzögerung an – es ist, als würde ich ein Online-Spiel mit einer 200ms-Latenz spielen, nur dass hier keine schlechte Internetverbindung schuld ist, sondern schlicht mangelhaftes Game-Design. Für einen Plattformer ist das eine Kardinalsünde.
Hinzu kommt ein ebenso harziges Moveset: Pac-Man kann stampfen, kicken, rollen und eingesammelte Pac-Pellets werfen. Während die ersten drei Optionen sich öfter mal launisch verhalten, aber zumindest in der Theorie funktionieren, ist die Wurf-Attacke komplett unnütz. Es dauert mehrere Sekunden, bis der Angriff geladen ist, und die Geschosse haben die Dynamik eines Taschentuchs im Gegenwind.

Quelle: Bandai Namco
Sofern die schwammige Steuerung überhaupt zulässt, dass sie ihr Ziel erreichen. Selbst ein betrunkener Stormtrooper hat die bessere Trefferquote als ich mit diesen verdammten Pellets.
Level-Design: Best of Langeweile
Ebenso enttäuschend oder uninspiriert sind die Settings der sechs Welten: Eiswüste, Vulkan, Wald-Level – alles schon tausendmal gesehen und 990 Mal davon besser und kreativer.
Der lineare, schlauchartige Aufbau erinnert an «Crash Bandicoot», allerdings ohne dessen Finesse oder Charme. Von Naughty Dogs Beuteltier klaut «Pac-Man World 2: Re-Pac» aber nicht nur das Level-Design, sondern auch die Fluchtsequenzen, in denen Pac-Man auf die Kamera zurast. Kombiniert mit der trägen Steuerung mutieren diese zu digitalen Sisyphus-Aufgaben – ich scheitere aber nicht am Schwierigkeitsgrad (der ist absurd leicht), sondern am Kampf gegen die Spielmechanik selbst.

Quelle: Bandai Namco
Sammelwut und einschläfernde Bosskämpfe
Neben den Standard-Pellets gibt es noch ein halbes Dutzend weitere Collectibles zu finden. Den grossen Teil davon machen verschiedene Früchte aus, von denen einige durchaus gut versteckt sind. Wirklich Spass macht mir das Sammeln aber trotzdem nicht, weil das Spiel dafür zum Teil eine Präzision fordert, die an der Realität der Input-Latenz scheitert. Meistens gebe ich nach einigen Versuchen frustriert auf.
Apropos frustrierend: Die Bosse nerven ebenfalls. Hier warte ich ewig auf ein viel zu kurzes Zeitfenster, in dem die Endgegner angreifbar sind. Verpasse ich dieses, dauert es gefühlt fünf Minuten, bis sich die nächste Chance auftut. Das ist weder anspruchsvoll noch aufregend, sondern einfach nur langweilig. Es ist ein Meeting, das eigentlich eine E-Mail hätte sein können.

Quelle: Bandai Namco
Frische Farbe auf einem maroden Fundament
Bandai Namco hat sich bei dem Remaster durchaus Mühe gegeben. Die Grafik wurde hochskaliert, es gibt neue Kostüme für Pac-Man, erweiterte Level, Voice Acting und sogar einen Koop-Modus. Unter dem neuen Anstrich steckt allerdings noch immer derselbe mittelmässige Plattformer von 2002.
Und dieser ist ziemlich schnell durchgespielt. Bis zu den Credits dauert es rund sechs Stunden, was für einen Preis von 40 Stutz kein besonders guter Deal ist. Klar, ich könnte mich noch auf die Collectibles konzentrieren, aber warum sollte ich ein Spiel, das mich bereits nach der ersten Welt anödet, künstlich in die Länge ziehen wollen?
Der Elefant im Raum: Die Konkurrenz
Das vielleicht vernichtendste Urteil über «Pac-Man World 2: Re-Pac» ergibt sich aus dem direkten Vergleich mit anderen aktuellen Plattformern. Während ich durch die monotonen Level kullere, kann ich nicht aufhören, an bessere Alternativen zu denken.
«Astro Bot» zeigt, wie man Nostalgie richtig macht. Sonys herziger Roboter kombiniert Innovation geschickt mit einem verspielten Schulterblick auf die Vergangenheit. «A Hat in Time» beweist, dass selbst Indie-Entwickler mit Minimalbudget mehr Kreativität und Spielspass in ihre Projekte packen können. Andere Remasters wie die «Crash Bandicoot N. Sane Trilogy» oder «Spyro Reignited» haben verstanden, dass sich in den letzten 20 Jahren eben nicht nur technisch, sondern auch spielerisch viel geändert hat.

Quelle: Bandai Namco
Besonders bitter: Selbst Pac-Mans eigene Geschichte hatte bessere Momente. «Pac-Man Championship Edition» und dessen Fortsetzungen zeigten, wie man eine Formel modernisiert, ohne die DNA zu verlieren. Hier hätte Bandai Namco sich inspirieren lassen können. Stattdessen gibt es ein Remaster, das sich anfühlt, als hätte man es 2005 für die PSP entwickelt und dann zwanzig Jahre in der Schublade vergessen.
«Pac-Man World 2: Re-Pac» ist verfügbar für PC, PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X/S, Switch und Switch 2. Ich habe die PS5-Version getestet, die mir Bandai Namco zur Verfügung gestellt hat.
Fazit
Manchmal sollte Vergangenheit vergangen bleiben
«Pac-Man World 2: Re-Pac» ist das spielgewordene Argument gegen die ungezügelte Remaster-Wut. Es demonstriert eindrucksvoll, dass nicht jedes alte Game ein Comeback braucht. In einer Welt, in der oben genannte Spiele nicht nur existieren, sondern auch regelmässig günstig zu haben sind, gibt es schlicht keinen rationalen Grund, sich dieses digitale Relikt anzutun.
Wer damals die Original-Version gespielt hat, dürfte mit Pac-Man mutmasslich ein bisschen mehr Spass haben als ich. Mir fehlt dieser nostalgische Benefit allerdings komplett und losgelöst von dem emotionalen Bezug ist das Spiel einfach sehr dürftig.
Pac-Man hat Besseres verdient.
Pro
- schön bunt
- bugfrei
Contra
- träge Steuerung
- anspruchsloser Schwierigkeitsgrad
- einfallslose Bossgegner
- sehr kurz



In den frühen 90er-Jahren vererbte mir mein älterer Bruder sein NES mit «The Legend of Zelda» und startete damit eine Obsession, die bis heute anhält.
Welche Filme, Serien, Bücher, Games oder Brettspiele taugen wirklich etwas? Empfehlungen aus persönlichen Erfahrungen.
Alle anzeigenDiese Beiträge könnten dich auch interessieren
Kritik
Das chinesische Playstation-Game «Lost Soul Aside» scheitert an den eigenen Ambitionen
von Domagoj Belancic
Kritik
Gelungenes Upgrade: «Kirby und das vergessene Land – Nintendo Switch 2 Edition + Die Sternensplitter-Welt» überzeugt
von Kevin Hofer
Kritik
«Donkey Kong Bananza» im Test: ein affenstarker 3D-Plattformer
von Cassie Mammone