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Online Safety Act: Kinderschutzgesetz löst britischen VPN-Run aus

Nach Einführung des Online Safety Act in Grossbritannien schnellen VPN-Downloads hoch, Pornoseiten verlieren Nutzer – und der Streit um Freiheit im Netz eskaliert.

Am 25. Juli trat im Vereinigten Königreich der sogenannte «Online Safety Act» in Kraft. Mit der Pflicht, sich im Internet auszuweisen, sollte Minderjährigen der Zugang zu Erwachseneninhalten erschwert werden. Zunächst hatte das neue Gesetz aber einen ganz anderen Effekt: Innerhalb weniger Stunden schnellten die Anmeldungen bei VPN-Diensten in die Höhe. Zehntausendfach luden sich Britinnen und Briten VPN-Apps auf ihre Telefone und suchten nach VPN-Diensten im Netz. Im App Store befanden sich zwischenzeitlich vier VPN-Apps in den Top 6 der App-Charts. Der Schweizer Anbieter Proton VPN verzeichnete sogar einen Anstieg um mehr als das Vierzehnfache.

VPN Apps führen die Charts in UK an.
VPN Apps führen die Charts in UK an.
Quelle: Tom Warren / X

Zeitgleich brach aber die Besucherzahl bei anderen Diensten ein – nämlich den Porno-Webseiten – offenbar um bis zu 50 Prozent. Dies scheint ebenfalls ein direkter Effekt des geforderten Altersnachweises zu sein. Wer pornografischen Content in UK sehen will, muss sich per Gesichtserkennung, Kreditkarte oder Ausweisdokument identifizieren.

Auch offline gingen die Wogen hoch: Innert weniger Wochen unterschrieben Hunderttausende eine Petition, die eine Abschaffung oder deutliche Abschwächung der neuen Vorschriften fordert.

Andy Yen, Proton-CEO, darf sich über regen Zulauf freuen.
Andy Yen, Proton-CEO, darf sich über regen Zulauf freuen.
Quelle: Wikimedia

Wo liegt das Problem?

Das Ziel des Online Safety Act klingt zunächst plausibel: Kinder und Jugendliche sollen wirksam vor jugendgefährdenden Inhalten geschützt werden. Webseiten mit pornografischen oder sonst potenziell schädlichen Inhalten müssen dafür strenge Alterskontrollen durchführen, sonst drohen Geldstrafen oder Sperrungen. Die Regulierungsbehörde Ofcom überwacht die Einhaltung.

Kritiker warnen jedoch vor den Nebenwirkungen. Sie monieren, dass Nutzer und Nutzerinnen bei der Identitätsprüfung persönliche Daten preisgeben – mit den Risiken von Datenlecks und möglicher Überwachung. Zudem öffne dieses Gesetz Tür und Tor für willkürliche Netzsperren unter dem Vorwand der Sicherheit. Finanziell weniger potente Unternehmen seien darüber hinaus einem hohen finanziellen und bürokratischen Druck ausgesetzt, wenn sie dem neuen Gesetz genüge tun wollen. Dies könne zu einer Einschränkung von Meinungs- und Informationsfreiheit führen.

Kommt ein VPN-Verbot?

Die explosionsartige Nachfrage nach VPN-Diensten scheint also kein Zufall zu sein. Mit einem VPN lässt sich der eigene Standort verschleiern, sodass Webseiten die (in diesem Fall britische) Herkunft eines Besuchers oder der Besucherin nicht mehr erkennen können. So umgehen Nutzer die Altersprüfung – zumindest technisch. Die Behörden habenbereits verlauten lassen, dass die «Förderung oder aktive Bewerbung» solcher Methoden unzulässig sei. Nun befürchten kritische Stimmen ein VPN-Verbot. Dafür gibt es aber keine konkreten Pläne, jedoch werde «die Entwicklung beobachtet». Konkrete Konsequenzen wurden bis jetzt noch nicht angedroht.

Titelbild: Shutterstock

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Seit ich herausgefunden habe, wie man bei der ISDN-Card beide Telefonkanäle für eine grössere Bandbreite aktivieren kann, bastle ich an digitalen Netzwerken herum. Seit ich sprechen kann, an analogen. Wahl-Winterthurer mit rotblauem Herzen.


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