Hintergrund

OD Zero: TCL stellt die TV-Zukunft vor

Luca Fontana
24.9.2021

TCL will Ende Jahr mit dem X92 Pro im LCD-Bereich neue Massstäbe setzen. Der Fernseher in kurz: 8K, Google TV – und OD-Zero-Technologie.

In Paris hat TCL Journalistinnen und Journalisten zur Produktschau geladen. Kopfhörer, Smartphones, Soundbars. Solche Sachen. Im Zentrum stand aber ein Fernseher: der X92 Pro, mit OD-Zero-Technologie. Laut dem chinesischen TV-Gigant sei das die unmittelbare Fernseher-Zukunft.

Und sonst? Der X92 Pro ist ein 8K-Fernseher. 85 Zoll in der Diagonalen. Kleiner wird er nicht gebaut. Entsprechend teuer ist er: Etwa 10 000 Euro. Auf den Markt soll er Ende November, spätestens Anfang Dezember 2021 kommen.

China calling, liebe TV-Branche

TCLs stärkste Märkte sind China – logisch – und die USA. Seit zwei Jahren versucht TCL, auch den europäischen Markt zu erobern. Kein einfaches Unterfangen, das weiss auch Olivier Semenoux, Head of Product Management für TCL Europe, der nicht nur durch die Pariser Produktschau geführt hat, sondern sich mir vergangenen April im Interview gestellt hat.

Damals wie heute ist klar: TCLs grosser Stolz ist die Mini-LED-Technologie. Salopp gesagt soll sie bei Fernsehern für perfekte Schwarzwerte auf OLED-Niveau sorgen, aber gleichzeitig so hell strahlen wie herkömmliche LCD-Fernseher. Das Beste aus zwei Welten. Für Käuferinnen und Käufer soll das für die besten Kontraste sorgen, die es bei Fernsehern gibt. Also satte, aber natürliche Farben. Olivier sagte darum bereits im Interview:

«Mini LED ist nicht nur gleich gut wie OLED – Mini LED ist besser.»

Anno 2019 habe man mit dem X10 den ersten Mini-LED-Fernseher der Welt zur Marktreife gebracht. Die Konkurrenz aus dem Hause Samsung und LG hätten dieses Jahr zwar nachgezogen, aber TCL betont, dass der Vorteil des Vorsprungs dennoch auf ihrer Seite sei.

OD Zero – Wie Mini-LED, aber besser

Der Punkt, wortwörtlich, ist der: Was OLED gegenüber seiner TV-Konkurrenz so stark macht, ist, dass die Millionen Pixel, die das Bild erzeugen, selbstleuchtend sind und darum kein LED-Hintergrundlicht benötigen. Ein UHD-OLED-Fernseher mit seinen über acht Millionen Pixeln kann also punktgenau kontrollieren, welche Bildbereiche dunkel oder gar schwarz sein sollen und wo Pixel mit Volldampf strahlen müssen.

Herkömmliche LED-Fernseher können das nicht. Ihre LEDs sind nicht klein genug, um auf jedes LCD-Pixel sein eigenes, individuell kontrollierbares LED zukommen zu lassen. Das sorgt oft dafür, dass etwa da, wo Schwarz sein sollte, eher Dunkelgrau ist. Nicht gut für die Kontraste. LEDs, die klein genug wären, sollen aber kommen. Bald. Vielleicht. Funktionierende Proof-of-Concepts gibt’s schon. Bezahlbar sind sie allerdings nicht. Höchstens für Firmenkunden.

In der Zwischenzeit setzt die LCD-TV-Branche – namentlich TCL – auf Mini-LED. Einfach gesagt LEDs, die klein genug sind, damit nicht nur ein paar Dutzend davon fürs Hintergrundlicht sorgen, sondern Tausende. Darum der Name.

Und was ist jetzt OD Zero?

«OD Zero steht für Optical Distance Zero. Das bedeutet, dass unsere neuen Mini-LEDs nur 152 Mikrometer gross sind», erklärt Olivier Semenoux und drückt dabei demonstrativ die Fingerkuppen von Daumen und Zeigefinger aufeinander, «also dünner als ein einziges, menschliches Haar». Dazu sei die Distanz zwischen LED und Display-Glas so gut wie Null – eben, zero. Das sorge für eine bessere Gleichmässigkeit bei der Ausleuchtung des Bilds als bei der Konkurrenz.

Schlussendlich rückt Semenoux doch noch mit der Sprache raus. Im 85-Zoll-Modell des X92 Pro kommen über 2000 individuell steuerbare Dimmzonen zusammen. Etwa 20 Mini-LEDs gruppieren sich zu jeweils einer Dimmzone. Das macht insgesamt 40 000 Mini-LEDs auf über 33 Millionen Pixel.

Ob OD Zero trotz Diskrepanz zwischen Anzahl Mini-LED und Pixel für «perfekte Schwarzwerte auf OLED-Niveau» sorgt? Mein Ersteindruck aus Paris – basierend auf einem Vorverkaufsmodell – sagt: Nein. Beeindruckend ist OD Zero dennoch. Und zweifelsohne das Beste, was ich in puncto Schwarzwerte auf einen LCD-Fernseher je gesehen habe. Auch besser als das, was Samsung derzeit im Mini-LED-Bereich produziert.

Kein Wunder: Kein TV-Hersteller hat derzeit annähernd so kleine Mini-LEDs am Markt wie TCL. Daher auch Olivier Semenoux’ Ansage vor ein paar Monaten im Interview:

«Ich glaube nicht, dass es in Punkto Mini LED viel gibt, das wir von Samsung lernen könnten.»

Google TV, endlich, und Upscaling

Der X92 Pro besteht nicht nur aus Mini-LEDs. Für besonders sauber gemischte Farben soll die Nanopartikel-Technologie sorgen, die TCL, wie seine südkoreanische Konkurrenz, QLED nennt. Das Panel strahle maximal mit 1800 Nits und frischt mit 120 Bildern pro Sekunde gleich schnell auf wie alle High-End-Fernseher – das dürfte vor allem für Gamerinnen und Gamer interessant sein, genauso wie die HDMI-2.1-Anschlüsse, die ALLM und VRR unterstützen.

Softwareseitig freut mich vor allem eines: Das Upgrade zu Google TV.

Das Upgrade auf Google TV kriegen übrigens alle 2020er TCL-Fernseher und neuer. Das schliesst etwa den X10 aus, aber nicht den C82.

Gänzlich neu ist das Prozedere nicht. Dafür bewährt. Samsung hat 2018 damit angefangen.

Solltest du deinen TV nicht mit dem Internet verbinden wollen, sei das kein Problem, sagt Semenoux. Auf dem lokalen Speicher des X92 Pro seien immerhin 200 Bilder abgelegt. Tatsächlich hat mir das Upscaling am Beispiel in Paris gut gefallen. Ein Ersteindruck ersetzt aber kein richtiges, detailliertes Review.

Eines versprechen kann ich leider nicht. Der X92 Pro ist ein Monster von einem Fernseher. Abgesehen von seinen über zwei Metern Diagonale steht er auf zwei riesigen Standbeinen, die von einer Art 5.1.2-Soudbar zusammengehalten werden. Das in meine Wohnung zu kriegen, dürfte unmöglich sein.

Ich werd’ aber mein Bestes versuchen, irgendwie doch noch zu einem Review zu kommen.

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Ich schreibe über Technik, als wäre sie Kino, und über Filme, als wären sie Realität. Zwischen Bits und Blockbustern suche ich die Geschichten, die Emotionen wecken, nicht nur Klicks. Und ja – manchmal höre ich Filmmusik lauter, als mir guttut.


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