Hintergrund

Nikon bringt ein neues Mirrorless-System. Doch zuerst bringen wir noch einen Abgesang auf die Nikon 1

David Lee
6.8.2018

Nikon lanciert bald ein spiegelloses Kamerasystem. Dabei hatte der Konzern ja bereits eines. Doch das System Nikon 1, 2011 mit grossem Trara angekündigt, ist auf leisen Sohlen wieder verschwunden. Die Geschichte eines Flops und was Nikon dieses Mal (vermutlich) besser macht.

Ich sehe Nikon als typisch japanische Firma. Konservativ, solid und qualitätsversessen. Sie plant und denkt langfristig. Sie verbessert ihre Produkte in kleinen Schritten. Sie optimiert selbst Dinge, die nahezu perfekt sind, immer weiter. Seit 1959 verwenden die Japaner das gleiche Objektiv-Bajonett und bieten damit eine beeindruckende Rückwärtskompatibilität.

Unternehmen, die so ticken, sind stark in der Evolution und hassen die Revolution. Wenn etwas geschieht, was die ganze Branche über den Haufen wirft und eine schnelle Reaktion gefragt ist, dann sind sie oft überfordert.

Wo lag der Fehler?

Eigentlich fand ich die Idee, auf einen kleinen Sensor zu setzen, gar nicht schlecht. Kompaktheit war anfangs das Hauptargument der Spiegellosen. Ein kleiner Sensor ermöglicht neben winzigen Kameras auch kleine Objektive. Das Problem des Bildrauschens würde mit den Jahren immer geringer werden. Langfristige Denkweise eben. Der Sensor war zudem noch deutlich grösser als bei den damaligen Kompaktkameras.

Die Nikon 1 war auch ein Marketing-Desaster. Beim Launch versuchte Nikon, die Methoden von Apple zu kopieren und inszenierte die totale Begeisterung. Der Funke sprang aber nicht auf die anwesenden Journalisten über. Das mag an den Produkten selbst gelegen haben, vielleicht aber auch daran, dass der vorgeführte Enthusiasmus nicht zum Image und zur jahrzehntelangen Firmenkultur von Nikon passte und irgendwie aufgesetzt wirkte.

Zweiter Versuch: dieses Mal ist alles anders

Mit dem neuen System hat Nikon zwar erneut den Konkurrenten Sony an der Backe, oder Fujifilm im Fall einer Mittelformatkamera. Es wird auch dieses Mal nicht einfach, aber der Schritt scheint vernünftig, sogar notwendig. Der ewige Konkurrent Canon hat bekanntlich 1987 das eigene Objektivsystem komplett über Bord geworfen und begann wieder bei Null. Es war ein hohes Risiko, das sich aber ausgezahlt hat, weil so der Weg frei wurde für ein modernes System.

Titelbild: flickr.com/othree

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Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere. 


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