Lima Ultra – Die Plug’n’Play Cloud
Produkttest

Lima Ultra – Die Plug’n’Play Cloud

Daten sollen immer und überall sein. Daher: Cloud-Speicher. Doch mit den Daten, die irgendwo abgespeichert sind, kommen Sicherheitsbedenken. Wer kein Experte für Raspberry Pi oder ähnliche Produkte ist, musste sich bisher den grossen Clouds beugen. Jetzt will Lima die Cloud einfach ins Eigenheim bringen.

«Und wozu braucht die Welt das jetzt», frage ich in der Redaktion laut. Weil wer seine eigene Cloud aufbauen will, der kann das recht einfach tun. Das geht in etwa, ganz kurz gesagt, so:

  1. Rapberry Pi oder Asus Tinkerboard kaufen
  2. MicroSD Class 10 kaufen
  3. Raspbian OS Image runterladen
  4. Das ganze mit Bildschirm und Tastatur verkabeln
  5. Über Command Line Installation und so durchackern

Maximal zwei Stunden Aufwand und fertig.

«Nicht jeder ist so der Computertüftler wie du», entgegnet mir Assistant Editor Ramon Schneider. Tja, daran habe ich gar nicht gedacht. Das erklärt auch, warum mich die Packung des Lima Ultra beleidigen will, wenn sie sagt «Wir reden wie Menschen, nicht wie Nerds».

Ramon hat Recht. Denn nicht jeder kann oder will sich mit Raspberry Pis oder Tinkerboards rumschlagen. Damit diese Leute aber doch in den Genuss von den schier unendlich vielen Leistungen und Services der Kleincomputer kommen, gibt es Geräte wie die Lima Ultra. Das kleine Gerät macht nichts anderes als Daten von einer Festplatte, die via Lima Ultra an einen Router angeschlossen sind auf allen mit der Mini-Cloud verbundenen Geräten zur Verfügung zu stellen. Sprich: Dropbox, iCloud, Google Drive oder ownCloud in ganz klein und ganz privat.

Die Gründe, die für so ein Gerät sprechen, sind offensichtlich. Die Hersteller versprechen ein einfaches Setup und schmerzlosen Service und Sicherheitsbedachten wird die Hoheit über ihre Daten nie genommen. Klar will ich diese kleine Box testen, denn die Idee finde ich grossartig. Die Ausführung hat zwar noch so seine Macken, aber im grossen und ganzen ist die Lima Ultra ein solides Gerät. Zudem: Das Teil könnte zufällig auf die Zukunft des Datenspeichers gestossen sein.

Das Setup mit Sorgen

Also verbanne ich mal alle Gedanken an Raspberry Pis und Tinkerboards aus meinem Kopf und sehe mir das Teil mit den Augen eines Users an, der sich nicht mit Linux rumplagen kann oder will. Denn Lima richtet sich an diese Leute. Das Prinzip ist einfach:

  • Lima an den Router anschliessen
  • Externe Festplatte an Lima anschliessen
  • App runterladen
  • Anweisungen auf dem Bildschirm befolgen
  • Fertig

Theoretisch ist das auch ganz super und einfach. Praktisch funktioniert das auch knapp so. Hier ist auch die grösste Schwäche des Lima-Systems ersichtlich: Das User Interface gibt so gut wie keine Informationen aus. Natürlich muss nach dem ersten Aufsetzen gleich ein Systemupdate eingespielt werden. Irgendwas geht das nicht ganz so gut, weil ich bekomme einen Error Code 43. Was heisst das? Keine Ahnung. Und auch die Website Limas gibt recht wenig an nützlichen Informationen aus.

Was ich an dieser Stelle mit Sicherheit sagen kann, ist dass das Hardware-Setup komplett und richtig ist. Weil an der Lima Ultra hast du drei Stecker und jeder davon ist anders geformt. Das Gerät falsch zu verkabeln ist schlicht unmöglich. Sogar meine Grossmami könnte das, auch wenn sie noch nie auch nur einen VHS-Videorekorder verkabelt hat. Trotzdem: Error Code 43.

Falsch kabeln ist unmöglich.

Der einzige Weg, den Lima anbietet, Support zu erhalten, ist, der Firma ein Mail zu schreiben. Dass dies bei einigermassen breiter Verbreitung ihres Produkts keine Zukunft hat, scheint ihnen noch nicht aufgefallen zu sein. Vor allem dann nicht, wenn ich das Test-Setup gegen 21 Uhr nachts aufsetzen will und ich es gewohnt bin, technische Datenblätter und Ähnliches durchzugehen. Klar, E-Mail ist nett und schön und lustig, aber Error Codes könnten locker auf einer Website zusammengefasst werden. Weil wenn die Firma schon den Aufwand betreibt, Error Codes zu vergeben, anstelle Fehlermeldungen, dann sind die irgendwo bei denen intern dokumentiert.

Nun gut, ich gehe dem mal nach. Etwas mehr technische Informationen liefert die mitgelieferte Betriebsanleitung, da das Support Center Limas keine Ahnung hat, was ein Error 43 sein soll. Ich gehe einfach mal davon aus – basierend auf keinerlei Anhaltspunkten und wider jeder Logik – dass irgendwas an der Hardware fehlerhaft ist. Wahrscheinlich mit etwas, das weder Router noch Lima ist. Mehr oder weniger durch Probieren finde ich raus, dass der USB-Speicher mit NTFS formatiert werden muss, weil sonst die Lima Ultra nicht mit dem Speicher umgehen kann. Ferner liegt das obere Limit des Speichers, das die kleine blauweisse Box verwalten kann, bei 7000GB. Also für grössere Datenschiebereien ist die Lima Ultra nicht geeignet.

Nach der Formatierung muss ich dem Gerät aus irgendwelchen Gründen nur zweimal sagen, dass es ein Update machen soll, weil das erste aus irgendwelchen Gründen gescheitert ist. Aber nachher ist alles fixfertig auf der Hardwareseite.

Ein Account für alle

Lima hat bei der Konzeption des Ultra gespart, wo es nur geht. Wenn das junge Unternehmen «Your Cloud» sagt, dann meint es genau das: Deine Cloud. Nicht die deiner Schwester oder deines Freundes. Deine. Denn Berechtigungen für Files können nicht vergeben werden. Warum nicht? Weil laut meinen Erkenntnissen einer Lima Ultra nur ein Account zugewiesen werden kann. Wenn ich also mit Redaktionskollege Phil Rüegg Daten austauschen will, die auf meinem Lima-Ultra-Setup liegen, dann muss ich ihm meine Zugangsdaten geben.

Rein sicherheitstechnisch muss Lima hier Negativpunkte einbüssen. Weil, wenn schon gross mit Sicherheit und Cloud und so geworben wird, dann sind File Permissions und Multi Account Handling Pflicht. Wenn ich jetzt meine Artikel auf meinem Lima-Setup speichern will, aber nicht möchte, dass Phil drin rumwurschteln kann, dann geht das nicht, wenn ich ihm die Fotos vom MWC in Barcelona zeigen will. Ich gebe ihm automatisch alle Rechte über alles. Also kann er meine Artikel löschen, private Bilder vom letzten Familienfest ansehen und mir meine Musik klauen. Finde ich jetzt nicht ideal von einem kollaborativen Standpunkt her, was ja eines der Hauptargumente für Cloud-Setups ist.

Am unteren Rand in der App wird der Medienplayer angezeigt.

Dafür können aber alle Geräte, die mit den Zugangsdaten versehen sind, auf das Lima-Setup zugreifen. Also PC, Smartphone und Tablet. Apple iOS oder Android. Kein Problem. Lima bleibt der Linie treu und macht auch das einfach, indem sie auf ihrer offiziellen Website eine Page eingerichtet haben, auf der die Apps direkt verlinkt sind. Nett.

Der Flaschenhals bei den Internetprovidern

In der Benutzung aber macht Lima Ultra Freude. Denn die App ist recht übersichtlich und das Unternehmen hat, wie bei allem anderen auch, auf Simplizität gesetzt.

Die App gleicht der ownCloud-App und eigentlich allen anderen Cloud-Apps auch. Interessant ist, dass das Lima-Interface auf dem PC im Wesentlichen das eines Netzlaufwerks mit einigen Ordnern ist. Wenn ich also eine MP3-Datei im Filmordner ablege, dann taucht die Audiodatei in der mobilen App unter Filme auf. Ist okay. Stört mich nicht.

Die App weiss zwar, dass da etwas da ist, muss aber kurz die Dateien indizieren bevor auf sie zugegriffen werden kann.

In Sachen User Experience haben die Mannen und Frauen bei Lima ganze Arbeit geleistet. Die Synchronisation von Lima zu App dauert etwas. Also, ein Film, den ich auf mein Lima-Setup geschmissen habe, kann ich nicht sofort auf dem Smartphone oder Tablet ansehen, weil der Ordner zuerst indiziert werden muss. Das dauert aber je nach Internetverbindung des Routers etwas. Wenn ich euch einen Rat geben darf: Werdet Kunde bei Fiber7. Denn kein Internetanbieter kann zu Redaktionsschluss eine schnellere Upload- und Download-Rate anbieten. Wenn du also eine Cloud im Eigenheim betreiben willst – egal ob mit Lima, Asus Tinkerboard oder Raspberry Pi –, dann wird die Upload-Rate auf einmal wichtig. Denn wenn du einen Film vom Heimnetz streamen willst, dann muss der Film zuerst von deiner Festplatte am Lima hochgeladen werden und dann auf dein Handy runtergeladen werden. Der Unterschied zum kompletten Up- und Download ist beim Streaming – vereinfacht gesagt – der, dass du einfach nur Teile der streamenden Datei auf dein Gerät herunterlädst und die Datei so teilweise abgespielt wird.

Nach der Indizierung sieht das ganze aber recht gut und modern aus.

Was ich ganz toll finde ist, dass die Entwickler bei Lima bei Plex und Co abgeschaut haben und wenn ich einen Film auf mein Lima-Setup lade, dann sucht die Software mir in den Weiten des Internets ein Filmposter, das mir in der App angezeigt werden kann. Ist zwar komplett nutzlos von einem technischen Standpunkt her, aber die App fühlt sich so etwas besser an.

Apropos Festplattenspeicher

Ein grosser Vorteil des Lima-Setups ist, dass der Speicher variabel ist. Aber er liegt halt auch in der Verantwortung des Users. Höchstens kann die Software auf der kleinen Lima-Kiste 7000GB verwalten, was für die meisten Einzelanwender ohne Kollaborationsbedarf eigentlich ausreichen sollte, zumindest, wenn es um die von Lima gegebenen Möglichkeiten geht. Wenn du oder deine Firma mehr Speicherplatz benötigt, dann ist die Lima Ultra eh nicht deine Kiste Bier. Dann bist du mit einem komplexeren Setup besser bedient.

Ich dachte mir dann «Mal sehen, wie wenig Speicherplatz das Lima-Gerät minimal verwalten kann» und habe allerlei USB-Sticks aus meiner Schublade mit Kabelsalat und Technikschrott ausgegraben. Meinen ersten Test habe ich mit der Porsche-Design-Festplatte von LaCie gemacht. Funktioniert wunderbar.

Dann habe ich mit Memory Sticks rumgespielt und bin aktuell bei diesem hier hängengeblieben, weil ich halt keinen Use Case für das ganze Lima-Setup habe.

Kingston DataTraveler SE9 G2 (32 GB, USB 3.0)

Kingston DataTraveler SE9 G2

32 GB, USB 3.0

Kingston DataTraveler SE9 G2 (32 GB, USB 3.0)
USB Stick

Kingston DataTraveler SE9 G2

32 GB, USB 3.0

Die Überlegung hinter dem Test war, dass ich etwas mehr an Geschwindigkeit gewinnen kann, wenn ich mit Solid State Speicher arbeite gegenüber der LaCie, in der immer noch rotierende Platten verbaut sind. So gut die Überlegung knapp vor Mitternacht an einem Dienstag auch war, ich kann jetzt keinen grossen Unterschied feststellen. Ich bin mir sicher, dass da einer ist, aber bemerkt habe ich aus Usersicht nichts.

Was ist also die Lima Ultra?

Als Endnutzer ohne grosses technologisches Verständnis und/oder Interesse weisst du jetzt, worauf du dich mit der Lima Ultra einlässt. Aber da ich, wie mein Kollege Ramon mir gesagt hat, Computertüftler sei, frage ich mich natürlich, was in der kleinen Box drin ist. Hardwaremässig kann ich das nicht sagen, weil ich die kleine Box nicht auseinandernehmen durfte. Aber sie ist definitiv etwas kleiner als ein Raspberry Pi, lustigerweise aber etwas schwerer. Haben die da Gewichte reingetan, damit das Ding «wertiger» wirkt?

Softwaremässig überrascht Lima, ein alles in allem recht sympathisches Unternehmen, einmal mehr. Ihre gesamte Software, oder ein grosser Teil davon ist Open Source. Alle Lizenzen führt die Firma auf ihrer Website auf, was ich eine ganz tolle Geste des Unternehmens finde.

Kurz: Wenn du auf deine Daten von allen Geräten von extern zugreifen willst, dann ist die Lima Ultra definitiv etwas für dich. Sobald du aber kollaborativ arbeiten willst, dann bist du mit anderen Lösungen besser bedient.

Apropos Cloud. Ich bin mir jetzt ganz sicher, dass einige meiner Leser – ich kenn euch doch mittlerweile schon etwas – denken «Hey, das ist gar keine Cloud» und so halb recht damit haben. Denn Cloud Storage, also den Datenspeicher in der Cloud, hat einige Kernaspekte, die das Lima-Setup nicht hat. Unter anderem sind das die folgenden Punkte.

  • Hat viele verteilte Ressourcen, die aber als eine Einheit agieren. In der Praxis heisst das, dass Bilder von deinen Ferien, die in einem Ordner auftauchen, nicht zwingend auf derselben Festplatte liegen müssen
  • Sicherheitskopien und Backups werden automatisch erstellt und gepflegt
  • Versionen und Kopien werden automatisch generiert. Das heisst, dass deine Word-Dokumente regelmässig zwischengespeichert werden und du auf alte Versionen zurückgreifen kannst

Das Endresultat ist aber bei einer wirklichen Cloud und dem Lima-Setup das selbe: Deine Daten sind simultan auf mehreren Geräten verfügbar, auch wenn im Hintergrund des Lima-Setups nichts geschieht. Klar, Lima flunkert etwas, wenn sie von einer Cloud reden, aber ich denke, da kommt das ganze Nerd/Menschen-Ding rein, denn wenn dein einziges Interesse ist, unterwegs deine Ferienföteli zu zeigen ohne, dass du zum Sklaven Googles oder Apples werden musst, dann juckt dich Redundanz und Dezentralisation wenig. Vor allem dann nicht, wenn du nicht besonders technisch versiert bist.

Zufällig die Zukunft entdeckt?

Interessant ist aber, zu bemerken, dass im Nachgang zum Mobile World Congress in Barcelona 2017, im speziellen zu Samsungs Pressekonferenz, Lösungen wie die Lima Ultra zusehends an Bedeutung gewinnen könnten. Weil 5G wird das Gigabit kabellos machen. Sprich: Extrem hohe Geschwindigkeiten können ohne Kabel und nur mit dem Handy erreicht werden.

  • News & Trends

    Samsung am MWC - Angriff auf die Glasfaser, 5G und das Internet of Things

    von Dominik Bärlocher

Das kann bedeuten, und wir spekulieren hier, dass du die Rechenpower nicht mehr in deiner Hosentasche brauchst. Also, Prozessor und RAM und so werden zusehends weniger wichtig, weil die ganzen Rechenoperationen kannst du dank der hohen Streaminggeschwindigkeit irgendwo in der Cloud, oder eben bei dir zu Hause, ausführen. Daher könnte dein PC zuhause als Rechenzentrum funktionieren und das Handy lediglich als richtig gutes Anzeigegerät.

Das aber nur so nebenbei.

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


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