

LCD vs. Sonnenbrille: Die Bildschirmtechnologie erklärt

Ein Tag am Fluss und ich sehe Schwarz: Wieso bleibt der Handyscreen beim Betrachten mit polarisierter Sonnenbrille dunkel? Ich will es herausfinden.
Es ist ein heisser Tag. Meine Freundin und ich haben ein lauschiges Plätzchen an der Limmat gefunden. Ich setze meine neue Sonnenbrille auf – Oakley Titanium – und möchte gleich ein paar Beweisfotos dieser grünen Oase machen. Instagram, du verstehst.
«Läck, Bobby», sage ich.
«Schön, gäll», sagt meine Freundin.
«Ich sehe nichts», antworte ich.
Genervt schlurfe ich zurück in den Schatten. Dort nehme ich meine Brille ab, um mir ein genaueres Bild der Gesamtsituation zu verschaffen.
Auf einmal ist alles wieder da.
Dann fällt’s mir wie Schuppen von den Augen: Der Polarisationsfilter meiner Sonnenbrille. Er lässt bereits polarisiertes Licht nicht durch. Ich fühle mich erleuchtet, und beginne, meiner Freundin die Sachlage zu erklären.
Es ist alles Schuld der LCDs
Der «Trick» mit der Polarisations-Brille funktioniert nur bei Smartphones, Tablets, Fernseher oder sonstigen Monitoren, die auf LCD-Technologie basieren. Das liegt an deren Funktionsweise.
Die zwei Hauptmerkmale von LCD-Monitoren sind Hintergrundbeleuchtung und Flüssigkristalle. Die Kristalle erzeugen das Bild, und das Licht, das sie zum strahlen bringt, liefern LEDs. Sie strahlen von hinten auf zwei Glasplatten, auf denen die Polarisationsfilter, die Elektroden und der Farbfilter angebracht sind. Zwischen den Glasplatten befindet sich das Herzstück: Die stäbchenförmigen Flüssigkristalle.
Die beiden Polarisationsfilter im LCD-Panel sorgen dafür, dass das Panel zwischen hell und dunkel – also zwischen weiss und schwarz – abwechseln kann. So, dass dein LCD-Fernseher nicht nur die gleissende Wüste des Wastelands aus «Mad Max: Fury Road», sondern auch die romantische Nachtszenerie aus «La La Land» darstellen kann.
Schwingende Moleküle: Jetzt wird’s abstrakt
Das LED-Licht besteht, einfach ausgedrückt, aus Wellen, die senkrecht und waagerecht schwingen. Stell dir diese Wellen wie Gitarrensaiten vor, die zu schwingen beginnen, wenn du sie zupfst. Die erste Polarisationsfolie absorbiert nun die waagerecht schwingenden Wellen und lässt die senkrecht schwingenden durch. Dieses Licht wird «polarisiertes Licht» genannt, oder genauer: senkrecht polarisiertes Licht.
Anschliessend trifft das polarisierte Licht auf die Flüssigkristalle. Die Kristalle bestehen aus stabförmigen Molekülen, die sich wie Streichhölzer in einer Schachtel anordnen. Sie verhalten sich einerseits wie eine Flüssigkeit, andererseits besitzen sie eine Ordnung, die jenen von Kristallen gleicht – daher Flüssigkristalle.
Hier kommen die Flüssigkristalle ins Spiel.
Die aus dem ersten Filter kommenden Lichtwellen haben dieselbe senkrechte Anordnung der Streichhölzer. Durch elektrische Spannung, die von den Elektroden erzeugt wird, kann die Ausrichtung der Streichhölzer gedreht werden. Was noch viel praktischer ist: Die Lichtwellen drehen sich gleich mit. Bis sie auf den zweiten, waagerecht angeordneten Polarisationsfilter treffen, haben sie ihre Ausrichtung von senkrecht auf waagerecht geändert, und das Licht kommt durch.
Also: Soll das Bild hell strahlen, ändern die Elektroden die Ausrichtung der Kristallmoleküle – und damit jene der Lichtwellen – von senkrecht auf waagerecht. So passiert das Licht den zweiten Polarisationsfilter. Soll das Bild hingegen dunkel bleiben, tun die Elektroden nichts, und die waagerecht ausgerichteten Lichtwellen passieren den zweiten Filter nicht.
Natürlich gibt’s nicht nur weiss und schwarz. Je nachdem, wie hell das Bild strahlen soll, können die Stäbchenmoleküle der Flüssigkristalle – die Streichhölzer – auch nur teilweise gedreht werden. So können Helligkeitsunterschiede und Graustufen erzeugt werden.
Und jetzt zur Sonnenbrille
Aber warum ist mein Smartphone-Screen schwarz geblieben, als ich mit meiner polarisierten Sonnenbrille draufgeblickt habe?
Aus der obigen Erklärung kannst du ableiten, dass Licht, das vom Smartphone zu meiner Sonnenbrille gelangt, bereits polarisiert ist. Auf dem Sonnenbrillenglas befindet sich ebenfalls eine Polarisationsfolie, die nur bestimmte Lichtwellen durchlässt. Je nachdem, wie ich auf mein Handy blicke – oder in welcher Ausrichtung ich es vor mir hin halte – werden die Lichtwellen geblockt, und ich sehe bloss einen schwarzen Screen.
Dieser Effekt passiert bei auf OLED-Technologie basierenden Screens übrigens nicht. OLEDs funktionieren ohne Hintergrundbeleuchtung, und benötigen daher keine Polarisationsfilter, die nur polarisiertes Licht durchlassen.
So, und jetzt hoffe ich, dass du dieselbe Erleuchtung erlebt hast, wie ich.
Update, 16.8.2018, 17.00 Uhr:
Ein einzelner Polarisationsfilter hilft aus: Das von Aussen kommende Licht wird durch den Filter polarisiert. Die Richtung, in welcher die Lichtwellen anschliessend schwingen, spiegelt sich automatisch, sobald der Film das Licht reflektiert. Das umgekehrt polarisierte Licht, das sich nun auf den Rückweg befindet, kann den Polarisationsfilter nicht mehr passieren.
Nebeneffekt: Das von den organischen Dioden erzeugte Licht ist ebenfalls polarisiert und du kannst mit einer polarisierten Sonnenbrille nichts mehr sehen :).
Danke an die User Spl4tt und Joshua4045 für den Hinweis!


Ich schreibe über Technik, als wäre sie Kino, und über Filme, als wären sie Realität. Zwischen Bits und Blockbustern suche ich die Geschichten, die Emotionen wecken, nicht nur Klicks. Und ja – manchmal höre ich Filmmusik lauter, als mir guttut.
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