
Hintergrund
What’s in my bag: Martin hat eine Tastatur, die nicht allen gefällt
von Martin Jud
Während der Themenwoche «Keycap Kevin» habe ich in einer Folge einen Artisan Keycap – eine Tastenkappe aus Kunstharz – hergestellt. Eigentlich war noch eine zweite geplant, die jedoch dem Rotstift zum Opfer gefallen ist.
Ist dir bei der Artisan-Keycap-Folge von Keycap Kevin etwas aufgefallen? In einer Einstellung beim Fazit halte ich eine gelbe Harz-Tastenkappe in der Hand und in der nächsten ist das Teil dunkel.
Was ist passiert? Zwischen den zwei Aufnahmen liegen Ferien auf Korsika, zig Drehstunden an zwei Tagen und viele gescheiterte Versuche, einen vernünftigen Artisan Keycap herzustellen.
Nach meinem ersten selbstgemachten Artisan Keycap will ich mehr. Das ist Anfang Juli dieses Jahres, als ich in meinem Keller für eine Folge von Keycap Kevin eine solche Tastenkappe mache. Mein Komplize Thomas Kunz und ich entschliessen uns, nach meinen Ferien auf Korsika eine weitere Folge zu den Artisans zu produzieren. Wieso die französische Mittelmeerinsel mit separatistischen Tendenzen wichtig ist? Dort will ich am Strand Muscheln und Sand sammeln, um sie in Kunstharz zu giessen. Wie ich später erfahre, ist das Sammeln der beiden Dinge in Frankreich nicht wirklich gestattet.
Nach meinem Urlaub reise ich nach Zürich in unser Studio. Im Gepäck: Die illegal aus Korsika importierten Sandkörner und Muscheln sowie legal erstandener Kunstharz. Nach meinem ersten Erfolg vor den Ferien bin ich guter Dinge und mache mich an die Arbeit.
In mehreren Gussschritten will ich die Muscheln und den Sand im Kunstharz verewigen. Ich stelle mir das Ganze zu einfach vor, wie ich nach 60 Minuten Aushärtungszeit feststelle.
Die Gussform ist kaputt und das Projekt «Müscheli in Kunstharz» ein Flop. Zu sagen, ich bin enttäuscht, ist milde ausgedrückt. Mein Blick spricht Bände.
Aufgeben kann und will ich jedoch nicht. Ich entschliesse mich einen Schritt zurückzugehen und es mit einfacheren Keycaps zu versuchen. Damit mir die aber gelingen, brauche ich erstens eine neue Gussform und zweitens einen Druckkessel. Mit diesem bekomme ich die Luftblasen aus dem Kunstharz. Der Druck sorgt dafür, dass die Luft im Inneren des Harzes derart komprimiert wird, dass du sie von blossem Auge nicht mehr siehst.
Druckkessel fürs Giessen von Harz sind nicht günstig und in der Schweiz schlicht nicht erhältlich. Mein Ziel bei diesen ersten Folgen von Keycap Kevin ist es, beste Resultate mit wenig finanziellem Aufwand zu erreichen. Wie ich bei meiner Recherche herausfinde, lässt sich ein Farbdruckkessel zu einem Druckkessel fürs Harzgiessen umbauen. Der ist günstiger und scheint mir eine vernünftige Lösung. Ich bestelle mir einen und baue ihn um.
Damit ich aber überhaupt wieder Artisan Keycaps giessen kann, muss ich erstmal eine neue Gussform anfertigen. Hier verwende ich wie beim Kunstharz ein Produkt von Smooth-on, den Mold Star 30. Beim Kunstharz setze ich übrigens auf Smooth-Cast 326. Beide Produkte besorge ich mir auf Empfehlung der Artisan Alliance. Deren Video-Tutorials und weitere Tools brauche ich auch, um die Gussform herzustellen und meine ersten Schritte mit dem Druckkessel zu machen.
Mit der neuen Gussform und dem Druckkessel im Gepäck mache ich mich einige Wochen später wieder mit dem Zug auf ins Studio in Zürich. Habe ich schon erwähnt, dass ich in Biel wohne und die ganze Ware immer mit Zug, Bus und Tram transportiere?
Als ich an dem Tag ins Studio komme, ahne ich bereits, dass ich wohl keinen Keycap machen kann, mit dem ich voll zufrieden bin. Das Problem: Meine Gussform ist nicht optimal. Das weiss ich von etlichen Versuchen zu Hause. Dennoch versuche ich es vor der Kamera. Das Video ist wie die beiden oben ein Rohschnitt, ich übernehme deshalb keine Verantwortung dafür, wenn du seekrank wirst. Meine im Vorfeld gescheiterten Versuche siehst du ebenfalls auf dem Tisch.
Wenn ich mir die Artisan Keycaps mit etwas zeitlichem Abstand anschaue, sind sie nicht mal so schlecht geworden. Sie haben ein paar unschöne Elemente, wie die Aufdrucke oben von den Vorlage-Tastenkappen oder Flecken. Wenn sie jedoch beleuchtet sind, fallen diese Mängel weniger ins Gewicht.
Gleich nach dem Ende des obigen Clips würde mein Fazit kommen. Also jenes, das du in der Folge zu den Artisan Keycaps gesehen hast. Damit endet meine Odyssee mit den kunstvollen Tastenkappen vorerst. Ich habe aber vor, weiter damit zu experimentieren und weitere Artikel dazuzuschreiben. Eine neue Gussform habe ich bereits zu Hause und auch einige Ideen.
Die Themenwoche Keycap Kevin war ein Erfolg. Dazu hast du als Teil der digitec-Community beigetragen. Besten Dank. Das Interesse an Inhalten zu Tastaturen Marke Eigenbau ist vorhanden und dem will ich Rechnung tragen.
Ich werde das Projekt der eigenen Tastatur weiterverfolgen. Auch du kannst helfen. Erstens werde ich für gewisse Dinge auf deine Hilfe angewiesen sein. Ich habe noch nie ein PCB designt und auch CAD ist für mich bislang nur ein Hobby. Zweitens möchte ich zwar mein eigenes Keyboard machen, aber du sollst mitentscheiden, in welche Richtung es gehen soll.
Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.