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iPhone SE Review: Apple stürmt die Android-Hochburg

Das iPhone SE ist eines der Phones des Jahres, unabhängig von seiner Leistung. Nebst all dem Kapitalismus ist da am Ende ein Handy, das weit über seiner Gewichtsklasse boxt.

Nach dem Test und der Tatsache, dass bei Apple-Geräten viel einfach als gegeben vorausgesetzt werden kann, bleibt nur eine Frage: Was taugt die Kamera?

«Nur ein iPhone 8 mit neuem Chip»

Ein kleines Upgrade kann schon extrem viel ausmachen.

Wo Apple gespart hat

Das iPhone SE 2nd Generation ist stellenweise nicht mehr zeitgemäss. Aber das Ziel war wohl, ein Phone zu schaffen, das gut und günstig ist, also musste der Hersteller irgendwo sparen. Beim Akku ist es unvernünftig zu sparen, beim Chip wollte Apple nicht sparen. Daher mussten der Screen und die Kamera herhalten.

Der Screen ist ein IPS Display, hat also niemals die tollen Schwarzwerte eines mit Amoled ausgestatteten iPhone 11 Pro Max. Aber der Bildschirm ist schön kalibriert und so fällt das IPS Display nur dann auf, wenn du aktiv die Bildschirmtechnologie hinterfragst oder bessere Augen hast als ich.

Dann ist da die Kamera. Statt eines Multi-Camera Setups hat das iPhone SE nur eine Linse vorne und eine hinten. Und hier kämpft das iPhone SE so weit über seiner Gewichtsklasse, dass es die grossen Flaggschiffe zittern lässt. Zumindest fotografisch.

Die Originaldateien haben die gleiche Pixelgrösse und in etwa dieselbe Dateigrösse. Der einzige Unterschied ist, dass das iPhone 11 Pro Max etwas weitwinkliger aufnimmt als das SE. Aber nur der Fotokamera wegen brauchst du dir kein iPhone 11 Pro Max zu kaufen. Das SE tut seinen Dienst mehr als nur zufriedenstellend.

Auf dem SE läuft eine andere Softwareversion als beim 11 Pro Max. Das Pro Max ist bei Redaktionsschluss auf iOS 13.6, das SE auf 13.5.1. Das merkst du kaum, ausser beim Fotografieren. Wenn du zoomst, dann hast du auf dem 11er iPhone ein Rad, beim SE einen richtig nervigen Schieberegler, der dir den Zoom wirklich nicht schmackhaft macht. Die Bilder sind auch nicht so der Wahnsinn, wenn du zoomst, aber sie sind okay.

Im direkten Vergleich zwischen einer Aufnahme ohne Zoom und mit Zoom siehst du, dass die Software nicht wirklich mit dem Zoom klarkommt. Farben verblassen und Details verschwimmen. Social Media dürfte aber kein Problem mit den Zoombildern haben. Dafür stellen Instagram und Co. die Bilder zu klein dar.

Die Schwachstelle Video

Aber: Kamerafrau Mariana Hurtado gibt dem Ton Lob: «Ich kann deine Stimme verstehen. Ich dachte, dass das unter den gegebenen Umständen in der Unterführung unmöglich wäre.»

Das ist extrem schade, denn selbst Social Media dürfte an diesen Aufnahmen keine Freude haben. Vielleicht kommt da eine softwareseitige Lösung, irgendwann, oder du musst auf eine der vielen externen Mikrofone setzen, die tadellos auf Apples iPhones funktionieren.

Die Bildstabilisierung ist dann auch nicht der Hammer. Beim Gehen funktioniert das einigermassen okay und das bisschen optische Bildstabilisation, das die eine Linse hinten hinkriegt tut ihr Möglichstes, aber es ist klar erkennbar, dass ich zu Fuss unterwegs bin.

Daher ist dann der Überlastungstest auf dem Motorrad, wo eine Bildstabilisation ganze Arbeit leisten muss, mehr oder weniger überflüssig und das iPhone SE versagt völlig.

Daher. Wenn du auf ein iPhone SE als Videokamera setzen willst, dann nur mit Gimbal und externem Mikrofon. Zum Vergleich: die selbe Route aus dem iPhone 11 Pro Max, wo die Stabilisierung zugegebenermassen auch nicht wesentlich besser als beim SE ist.

Das ist aber so ziemlich die einzige wirklich krasse Schwäche, die das iPhone SE vorzuweisen hat.

Das iPhone SE ist eines der Phones des Jahres

Das iPhone SE ist klar auf der Liste des Phones des Jahres. Unabhängig seiner technologischen Leistung ist es etwas, das bedeutend für den Markt ist. Denn mit dem iPhone SE kämpft Apple nicht mehr nur im Premium-Preissegment wo Leute sich ein Natel 1000 Franken und mehr kosten lassen. Mit dem Eintritt im Mittelfeld rüttelt Apple den Markt auf und gibt etwas Einblick in die eigene Firma.

Friedrich Dürrenmatt vergleicht in seinem «Winterkrieg in Tibet» das Wachstum von Staaten mit dem Wachstum von Sternen. Für Konzerne funktioniert das genau gleich.

Das Energiegleichgewicht besteht bei der Sonne darin, dass sie nicht mehr Materie in Energie umsetzt als sie auszustrahlen vermag, bei den Staaten, dass sie nicht mehr produzieren als sie ausgeben.
Friedrich Dürrenmatt, Stoffe I-III, Seite 111, ISBN-978-3-257-23068-0

Wenn dieses Gleichgewicht gestört wird, dann gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder, das Konstrukt fällt in sich zusammen, oder es versucht, etwas komplett Neues zu machen. Sollte dieser Punkt bei Apple erreicht worden sein, hatten die Entscheidungsträger im Konzern eine Wahl zu treffen: Zusammenbrechen oder etwas Neues.

Apple hat offensichtlich entschieden, dass der Premium-Markt in seiner Form für dieses Jahr – denn solche proaktiven Entscheide sind Teil einer sich stets selbst hinterfragenden Strategie und nie für die Ewigkeit – okay ist. Aber das Wachstum stimmt unter Umständen nicht, weswegen etwas Neues her muss. Voilà: iPhone SE 2nd Generation.

Dass Apple den Nutzern etwas Gutes tut, indem ein sehr gutes Stück Technologie zu einem unverhältnismässig guten Preis auf den Markt kommt, ist einfach das Resultat aus dieser Überlegung. Hätte Apple anders entschieden, hätten wir vielleicht ein iPhone 11 Pro Max in lila mit Tigerstreifen erhalten.

Die Frage, für wen das iPhone SE gemacht ist

  • Arbeitsaufwand Zürich: 15.0 Stunden Arbeit
  • Arbeitsaufwand Beijing: 126.8 Stunden Arbeit
  • Arbeitsaufwand New Delhi: 321.2 Stunden Arbeit
  • Arbeitsaufwand Cairo: 425.9 Stunden Arbeit
I’d expect some fair number of people switching over to iOS. It’s an unbelievable offer. It’s the engine of our top phones, in a very affordable package, and it’s faster than the fastest Android phones. It’s an exceptional value.
Tim Cook, 9to5Mac.com, 30. April 2020

Daraus können wir schliessen, dass sich Apple in der reichen Schweiz Kunden verspricht. Wer sind diese Schweizerinnen und Schweizer, die das iPhone SE ihr eigen nennen sollen? Die Antwort: Kinder und Jugendliche.

Smartphone User werden immer jünger. Warum auch nicht, denn ein Smartphone ist nicht nur Statussymbol sondern auch sehr nützlich und immer tiefer in unseren Alltag integriert. Es ist nicht nur Telefon oder SMS-Schreibgerät, sondern auch Wecker, Video Screen, Kamera, Spielkonsole, Fernsteuerung für Smart Homes, Taschenrechner… Der Nutzen eines Smartphones kann nicht bestritten werden.

Denn diese beiden Lager bekommen mit dem neuen SE etwas, das sogar für Erwachsene mit finanziell ungebundenen Ansprüchen mehr als nur ausreichende Leistung bringt.

So. Fertig. Ich empfehle das rote iPhone SE. Gibt's zwar auch in Schwarz und Weiss, aber rot ist spannender.

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


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