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iPhone 14 Pro im Test: Hohe Erwartungen treffen auf nüchterne Realität
Apples neues Flaggschiff verspricht viel. Die Kamera soll in neue Sphären vordringen, die Dynamic Island die Interaktion mit dem Handy revolutionieren. In der Realität stimmt für mich beides nicht – warum ich das iPhone 14 Pro trotzdem gut finde, erfährst du im ausführlichen Test.
Seit zwei Wochen habe ich das iPhone 14 Pro im Einsatz. Wie jedes Jahr ist es das beste Apple-Handy aller Zeiten – ein rundes Flaggschiff, das für mich keine wirklichen Schwächen hat. Wenn du also ein neues iPhone willst und dir der hohe Preis egal ist: Greif zu, du wirst zufrieden sein. Trotzdem bleibt das iPhone 14 Pro unter meinen persönlichen Erwartungen. Schuld daran ist Apple selbst.
«Es ist das innovativste Pro-Lineup, das es je gegeben hat.» – «Wir haben die Art, wie du mit deinem iPhone interagierst neu erfunden» – «Die Kamera des iPhone 14 Pro läutet eine neue Ära der Fotografie ein.» Das sind nur drei der vielen Sätze, mit denen Apple-CEO Tim Cook und seine Kollegen das iPhone 14 Pro vorstellten. Die Formulierungen strotzen vor Superlativen. Das ist nichts Neues – doch dieses Jahr war ich von der Präsentation beeindruckt: Die neue pillenförmige Aussparung namens Dynamic Island hat niemand kommen sehen. Das Always-On-Display schien schöner und stromsparender als bei der Android-Konkurrenz. Und dann erst die Kamera! Deutlich grössere Sensoren, bessere Objektive, eine bessere Bildverarbeitung und nicht zuletzt 48 Megapixel Auflösung. Wow. Das klang nach einem grossen Sprung.
Meine Erwartungen waren deshalb hoch – höher als in den vergangenen Jahren und vielleicht auch höher, als es fair wäre. Denn um ehrlich zu sein: Schon das iPhone 13 Pro fand ich hervorragend und es wird jedes Jahr schwerer, Smartphones noch besser zu machen. Mitleid für Apple wäre trotzdem fehl am Platz – wer vollmundige Versprechungen macht, soll auch daran gemessen werden. Genau das mache ich in diesem Test.
Das Design: Hübsches Schwergewicht
Das iPhone 14 Pro sieht aus wie das iPhone 13 Pro sieht aus wie das iPhone 12 Pro. Die Rückseite ist aus mattem Glas, der Rahmen aus poliertem Edelstahl. Das sieht zwar schick aus, auf den Hochglanz-Flächen sieht man aber jeden Fingerabdruck. Besonders ergonomisch finde ich das kantige Design nach wie vor nicht, auch weil das iPhone 14 Pro sogar in der kleineren 6,1-Zoll-Variante über 200 Gramm schwer ist. Schön anzusehen ist es trotzdem. Auch die neue Farbe «Deep Purple» gefällt mir gut.
Das Kamera-Modul steht weiter vor als beim 13 Pro. Ohne Hülle wackelt das Handy deshalb stärker, wenn es mit dem Bildschirm nach oben auf dem Tisch liegt. Hüllen, die das ganz verhindern wollen, müssen dieses Jahr dicker sein. Daraus will ich dem iPhone 14 Pro aber keinen Strick drehen – die grösseren Linsen haben schliesslich einen guten Grund.
Die Kameras: Kein Quantensprung
Die Kameras sind für mich bei jedem Handy das wichtigste Feature. Das iPhone 14 Pro hat genau wie der Vorgänger drei Stück: Eine Ultraweitwinkel- mit 13 mm Brennweite (alle Angaben im Vollformat-Äquivalent), eine Haupt- mit 24 mm Brennweite und eine Telekamera mit 77 mm Brennweite. Die Hauptkamera ist damit um zwei mm weitwinkliger geworden, was ich persönlich schade finde. Ich mag lieber Normalbrennweiten.
Auf dem Papier die wichtigste Verbesserung sind die grösseren Sensoren. Derjenige des Teles hat sich als einziger nicht verändert. Der Sensor der Hauptkamera ist 65 Prozent grösser, der des Ultraweitwinkels ist fast doppelt so gross wie beim Vorgängermodell. Das bedeutet grössere Pixel und grössere Pixel bedeuten eine höhere Lichtausbeute, was weniger Bildrauschen und mehr Details verspricht. Bei der Hauptkamera sind die einzelnen Pixel zwar kleiner als bisher, weil sich die Auflösung auf 48 Megapixel vervierfacht hat. Doch Apple gruppiert im normalen Modus wieder vier Pixel zu einem, was zu zwölf Megapixel Auflösung mit höherer Qualität führen soll. Das alles klingt vielversprechend. Soviel zur Theorie.
In der Praxis bin ich vom neuen Kameramodul etwas enttäuscht. Nicht, dass es schlecht wäre – die Bilder sehen insgesamt sehr gut aus. Bloss: Das taten sie schon beim iPhone 13 Pro. Im direkten Vergleich ist der Unterschied weniger ausgeprägt, als ich es mit den viel grösseren Sensoren erwartet hätte.
Die Hauptkamera
48 Megapixel – wie wirkt sich die grosse Zahl in der Praxis aus? Bei den meisten Anwendungen gar nicht. Solange du in der Standardeinstellung in Apples komprimiertem HEIC-Format fotografierst, sind die Bilder weiterhin nur zwölf Megapixel gross. Bei guten Lichtverhältnissen sind sie von den Fotos aus dem Vorgängermodell für mich kaum zu unterscheiden. Wer danach sucht, kann in Szenen mit hohem Kontrast ein wenig mehr Details in den Schatten erkennen, was auch an der neuen Bildverarbeitung liegen kann, die Apple «Photonic Engine» nennt. Der Look der HEIC-Bilder ist etwas kontrastreicher als bisher und genau so überschärft wie bei allen Smartphones.
Auch bei schlechten Lichtverhältnissen ist der Unterschied zwischen 14 Pro und 13 Pro minimal, hier habe ich einen grösseren Sprung erwartet. Das könnte daran liegen, dass das Objektiv der Hauptkamera neu nur eine maximale Blende von f/1,8 statt wie bisher f/1,5 hat. Es ist also weniger lichtstark, was den Vorteil des grösseren Sensors teilweise negiert.
Erst wenn du den RAW-Modus aktivierst, zeigt die Hauptkamera des iPhone 14 Pros, was sie wirklich kann. Dann löst sie bei Tageslicht merklich mehr Details auf als der Vorgänger und die Artefakte der aggressiven Bildverarbeitungs-Engine verschwinden. Die Bilder haben einen bemerkenswerten Dynamikumfang und ich kann die Schatten in Lightroom viel stärker anheben als noch beim Vorgänger, bevor das Bildrauschen zu stark wird. Mit einer dedizierten Kamera mit ähnlicher Auflösung kann das neue iPhone trotzdem nicht mithalten: Meine Sony A1 mit 50 Megapixel löst feine Details weiterhin sauberer auf und fängt mehr Informationen in Spitzlichtern und tiefen Schatten ein. In höheren ISO-Werten brechen die Bilder des iPhones erwartungsgemäss zusammen, während die Sony auch bei ISO 6400 noch gute Ergebnisse liefert. Dass ich ein Smartphone mit einer fast 8000 Franken teuren Kamera vergleiche, zeigt aber, wie gut der RAW-Modus des neuen iPhones bei optimalen Bedingungen ist.
Der Unterschied zwischen komprimierten Bildern und solchen im RAW-Format macht klar: Aus dem neuen Sensor lässt sich mehr herausholen, als es Apples neue «Photonic Engine» bisher tut. Hier scheint das Gerät an die Grenzen des Prozessors zu stossen. Das merke ich auch daran, dass es in voller Auflösung über eine Sekunde dauert, bis ein Bild nach der Aufnahme als DNG gespeichert ist – die Dateigrösse beträgt übrigens stolze 70 Megabyte.
Ultraweitwinkel-, Tele- und Frontkamera
Abgesehen vom 48-Megapixel-Modus der Hauptkamera ist der neue Sensor der Ultraweitwinkel-Kamera das spürbarste Upgrade. Auch wenn der Unterschied zum Vorgänger nicht riesig ist: Der Dynamikumfang ist in Gegenlicht-Situationen eindeutig besser. Bei schlechtem Licht verschmiert das iPhone 14 Pro die Bilder etwas weniger, um dem Bildrauschen Herr zu werden, als das 13 Pro. Die Auflösung bleibt auch im RAW-Modus bei 12 Megapixel. Insgesamt schliesst die Ultraweitwinkel-Kamera qualitativ näher zur Hauptkamera auf.
Das Gleiche lässt sich von der Tele-Kamera nicht behaupten. Hier hat sich ausser der neuen Bildverarbeitung nichts getan und das 3x-Zoom ist weiterhin das schwächste Glied des Kamera-Moduls. Zwar scheint die Photonic Engine tatsächlich mehr aus den Bildern herauszuholen, denn ich erkenne feinere Details. Aber bei suboptimalen Lichtverhältnissen stösst der kleine Sensor schnell an seine Grenzen und fängt an zu rauschen. Da ist selbst die Qualität des neuen digitalen 2x-Zooms besser, der einen Ausschnitt des Sensors der Hauptkamera nutzt.
Die Frontkamera hat jetzt einen Autofokus. Das bemerkst du nur, wenn du Asterix-Nasen-Selfies aus nächster Nähe aufnehmen willst. Was mir aber positiv auffällt: Im Gegenlicht scheint die neue Frontkamera weniger anfällig für Streulicht zu sein als die des iPhone 13 Pro. Die Bilder wirken klarer und kontrastreicher. Das dürfte für viele eine spürbare Verbesserung sein.
Video
Die Videoqualität ist und bleibt eine der grössten Stärken von Apples Pro-Lineup. Die 4K-Aufnahmen sind so gut, dass ich sie mit etwas Nachbearbeitung mit Material aus meiner grossen Sony-Kamera mischen kann. Der Dynamikumfang und die Klarheit der Filme sind erstaunlich und der Konkurrenz haushoch überlegen. Die leicht besseren Sensoren von Haupt- und Ultraweitwinkel-Kamera schlagen sich auch hier nieder, wobei die Unterschiede zum iPhone 13 Pro bei bewegten Bildern noch weniger auffallen als bei Fotos.
Neu sind nur zwei Dinge: Erstens funktioniert die künstliche Tiefenunschärfe «Cinematic Mode» jetzt auch in 4K-Auflösung und mit 24 Bildern pro Sekunde. Er scheint in meinen kurzen Tests Personen etwas besser zu erfassen. Artefakte und Heiligenscheine gibt es aber weiterhin reichlich, was den Modus für mich nach wie vor unbrauchbar macht. Ähnlich kritisch sehe ich das zweite neue Feature, den «Action Mode». Es ist ein aggressiver digitaler Bildstabilisator, der die Auflösung von 4K auf 2.8K reduziert. Zwar sehen die Aufnahmen danach wirklich aus wie mit einem Gimbal gefilmt. Doch der Crop ist gross und die Qualität leidet für mich zu stark darunter – zumal auch der reguläre, optische Bildstabilisator hervorragend ist.
Der Bildschirm: Always-zu-sehr-On-Display
Die gute Nachrichte zuerst: Das Display des iPhone 14 Pro ist überragend. Mit bis zu 2000 Nits Peak Brightness ist es nochmal heller geworden. Der Unterschied zum 13 Pro ist in direktem Sonnenlicht spürbar. Auch die restlichen Eckpunkte des Bildschirms geben keinen Anlass zu Kritik. Farbwiedergabe und Kontrast sind über jeden Zweifel erhaben, die adaptive Refresh Rate bis zu 120 Hertz lässt Animationen und Scroll-Bewegungen butterweich wirken – ohne den Akku auszusaugen.
Komplett neu ist der Always-On-Modus. Ist die Option eingeschaltet, zeigt das iPhone 14 Pro auch im Sperrzustand Zeit, Mitteilungen und Musik an – und sogar das Hintergrundbild in gedimmter Form. Du kannst also jetzt immer aktuelle Informationen sehen, ohne den Bildschirm anzutippen. In diesem Zustand aktualisiert das Display sein Bild nur einmal pro Sekunde und soll so die Akkulaufzeit nicht wesentlich beeinträchtigen. Das klingt in der Theorie alles gut. In der Praxis irritiert mich die Funktion: Das Display bleibt für mich einfach zu stark beleuchtet. Besonders mit einem hellen Hintergrundbild habe ich ständig das Gefühl, mein Telefon sei entsperrt. Dann leidet ausserdem die Ausdauer des Akkus spürbar. Mit einem dunklen Hintergrund ist das beides besser, doch auch nach zwei Wochen habe ich mich nicht ans Always-On-Display gewöhnt. Ich muss das iPhone umdrehen, wenn es auf dem Tisch liegt, sonst lenkt es mich zu sehr ab. Dann nerve ich mich aber, dass ich es jedes Mal in die Hand nehmen muss, wenn ich meine Benachrichtigungen checken will.
Das liesse sich einfach beheben, wenn ich das Feature personalisieren könnte, wie bei gewissen Android-Geräten. Ich hätte gerne einen Regler für die relative Helligkeit und eine Option, das Hintergrundbild auszublenden. Habe ich aber bisher nicht – Apple gibt mir nur zwei Einstellungsvarianten: ein oder aus. Ich hoffe, dass die Kalifornier das in einem zukünftigen Software-Update nachliefern. In der momentanen Form ist das Always-On-Display für mich ein Always-zu-sehr-On-Display.
Dynamic Island: Da geht noch mehr
Nur Apple kommt auf die Idee, die neue pillenförmige Aussparung im Display für Face-ID-Sensoren und Frontkamera «The Dynamic Island» zu nennen. Doch bei aller Lächerlichkeit sorgt der Name für so viele Memes und hat einen so hohen Wiedererkennungswert, dass ich ihn leider respektieren muss – genau wie die Idee dahinter. Statt die Notch des Vorgängers einfach zu verkleinern, macht das iPhone 14 Pro daraus ein Feature. Ein dreister aber genialer Schachzug. Der schwarze Bereich expandiert nach links, rechts und nach unten. Je nachdem, was für eine App im Hintergrund gerade ihren Dienst verrichtet, erscheint ein anderes kleines Symbol im Balken. Bei einem kurzen Tipp öffnet sich sofort die entsprechende App. Drücke ich länger drauf, mutiert die Pille zu einem kleinen Widget mit Kontrollmöglichkeiten. So lässt sich zum Beispiel auf direktem Weg der nächste Songtitel wählen.
Hin- und hergerissen bin ich in der Frage, ob die Insel unter dem Strich wirklich einen Mehrwert bietet. Positiv fallen mir die verspielten und perfekt abgestimmten Animationen auf, mit denen sich die Pille vergrössert, zweiteilt oder wieder schliesst. Wie das in fünf-facher Verlangsamung aussieht, siehst du oben im Video. Die Animationen sorgen dafür, dass Dynamic Island gut ins Gerät und in die Software integriert wirkt. Die Schattenseite der ganzen Action: Die neue Aussparung fällt mir viel mehr auf als die des iPhone 13 Pro. Ständig bewegt sich etwas, ich sehe farbige Album-Cover oder laufende Timer, die meine Aufmerksamkeit binden. Die Unterkante der Pille sitzt ausserdem tiefer als die Unterkante der Notch. Das spielt in den meisten Fällen keine Rolle, doch einige meiner liebsten Youtuber laden ihre Videos im 18:9-Format hoch. Während bei der Notch nur ein paar wenige Pixel ins Bild ragten, ist es bei der Pille fast die Hälfte ihrer Fläche.
Im Alltag nutze ich die Insel bisher hauptsächlich, um Musik und manchmal einen Timer zu steuern. Status-Indikatoren wie Navigation oder Anrufe haben endlich einen würdigen Platz, statt wie bisher nur die linke obere Ecke blau oder grün einzufärben. Das alles ist ein kleiner Fortschritt gegenüber der alten Bedienung, verändert aber mein iPhone-Erlebnis nicht massgeblich. Die Position der Insel ist für eine einhändige Bedienung nicht geeignet. Ich finde es zudem unlogisch, dass ein Antippen die volle App öffnet und erst der längere Druck das Kontroll-Widget statt umgekehrt. Alles in allem verbuche ich die Dynamic Island deshalb als schwarze Null in meiner Test-Bilanz. Da Apple sie für App-Entwickler freigibt, hat sie das Potenzial, mit der Zeit nützlicher zu werden.
Weitere Features: Das iPhone als Lebensretter
Abseits von Bildschirm und Kamera gibt es noch weitere Neuerungen. Die neue Unfallerkennung soll zum Beispiel merken, wenn du mit dem Auto eine Kollision hast. Das iPhone wählt dann automatisch den Notruf. Das habe ich nicht selber ausprobiert, gewisse Youtube-Kanäle berichten aber von erfolgreichen Tests. Das ist etwas, das die meisten Leute wahrscheinlich nie brauchen werden. Doch in einigen wenigen Fällen dürfte die Unfallerkennung Leben retten. Genau in die gleiche Bresche schlägt die Notruf-Funktion über Satellit: An Orten ohne Mobilfunkempfang kann das iPhone 14 Pro sich mit Satelliten verbinden und so via Nachrichten Notrufe absetzen. Das funktioniert bisher nur in den USA und in Kanada und nur unter freiem Himmel. Zyniker unterstellen Apple, solche Sicherheits-Funktionen seien nur Marketing. Ich finde sie trotzdem löblich – gutes Marketing und sinnvolle Features schliessen sich nicht aus.
Skeptischer sehe ich die Umstellung auf eSIM: In den USA streicht Apple den physischen SIM-Kartenslot beim iPhone 14 Pro ersatzlos. Es dürfte eine Frage der Zeit sein, bis das auch in Europa passiert. Das wird Mobilfunkanbieter weltweit dazu zwingen, eSIM zu unterstützen – diese Umstellung wird aber gerade in Schwellen- und Entwicklungsländern eine Weile dauern. Bis es soweit ist, wird ein fehlender physischer Slot für manche Leute ein Ausschlusskriterium sein: Gerade wer viel reist, kauft oft lokale SIM-Karten, die sich dann nicht mehr verwenden lassen. Das ist aber Zukunftsmusik. Für den Moment bin ich froh, dass wir in der Schweiz und in Deutschland weiterhin die Wahl zwischen physischer und elektronischer SIM-Karte haben.
Performance, Akku und Lautsprecher: Eine runde Sache
Apples neustes Flaggschiff ist wie jedes Jahr etwas schneller als das letzte. Das merke ich in der Praxis schon lange nicht mehr, nur der synthetische Benchmark Geekbench 5 offenbart die Leistungssteigerung von einigen Prozent. Apple sagt, der neue A16 Bionic Chip sei effizienter und deshalb gut für die Akkulaufzeit. Davon merke ich nichts, wahrscheinlich wegen des aktivierten Always-On-Displays – so hält das iPhone 14 Pro gefühlt etwas weniger lange als das 13 Pro. Das ist allerdings Jammern auf hohem Niveau, denn auch so übersteht es bei mir locker einen ganzen Tag und hat am Abend noch 30 bis 40 Prozent Ladung übrig.
Das neue Modem scheint für einen besseren Empfang zu sorgen. Ich habe in einem abgelegenen Tessiner Tal zum Beispiel plötzlich ein bis zwei Striche 4G, wo ich mit dem 13 Pro noch im Funkloch sass. Das Gleiche kann ich für die WLAN-Verbindung nicht behaupten – Apple belässt es bei WiFi 6, statt den neusten 6E-Standard zu unterstützen. Besser als beim Vorgängermodell klingen für mich die Lautsprecher. Der Klang wirkt ausgewogener und die einzelnen Instrumente und Stimmen lassen sich besser auseinanderhalten – für ein Smartphone ist die Audioqualität erstaunlich. In diesem Bereich macht Apple im Moment bei all seinen Geräten alles richtig.
Fazit: Acht Prozent besser
Das iPhone 14 Pro ist gut. Sehr gut sogar. Kamera, Display, Akkulaufzeit und Features sind State of the Art. Sein einziges Problem ist Apples übertriebenes Marketing, das die Erwartungen in schwindelerregende Höhen treibt. Wer sich wie ich davon beeindrucken lässt, wird enttäuscht: Die Kamera läutet keine «neue Ära der Fotografie» ein. Dynamic Island erfindet die «Art, wie ich mit meinem Smartphone interagiere» nicht neu. Und das iPhone 14 Pro ist auch nicht «das innovativste Pro-Lineup, das es je gegeben hat».
In der Realität ist das neuste iPhone Pro einfach nur ein bisschen besser als das letztjährige – insgesamt gefühlte acht Prozent, wenn ich meine subjektiven Eindrücke in Zahlen fassen müsste. Die Kamera macht in den meisten Fällen die gleich guten Bilder. Nur im RAW-Modus zeigt der neue 48-Megapixel-Sensor, was er kann. Den werden wegen der grossen Dateien aber nur die wenigsten User aktivieren. Die Dynamic Island finde ich elegant, aber bisher nicht sonderlich nützlich. Das Always-On-Display lenkt mich mehr ab, als es mir einen Mehrwert bringt. Die letzten zwei Dinge könnte Apple mit Software-Updates deutlich verbessern. Gut möglich, dass die neuen Features deshalb erst in einigen Monaten ihr Potenzial entfalten.
Abseits des Rampenlichts sind es die kleinen Dinge, die das iPhone 14 Pro im Alltag besser machen als den Vorgänger: tolle Lautsprecher, besseres Mobilfunk-Modem, neue Sicherheitsfeatures und helleres Display. Sie sind für mich die wahren Stars und machen aus Apples neuem Flaggschiff ein rundes Gesamtpaket ohne Schwächen – zu einem wie immer gesalzenen Preis. Dieser ist sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland etwas höher als der Einführungspreis des iPhone 13 Pro.
Für wen ist das iPhone 14 Pro also zu empfehlen? Wenn du immer auf dem neuesten Stand der Technik sein willst, hast du es dir wahrscheinlich ohnehin schon bestellt. Auch wenn du aus irgendeinem Grund jetzt ein neues iPhone brauchst oder von Android umsteigen willst, ist der Fall klar: Das iPhone 14 Pro hebt sich dieses Jahr so deutlich vom regulären iPhone 14 ab, dass es für mich den Aufpreis wert ist. Wenn du aber bereits ein iPhone 12 Pro oder 13 Pro besitzt und damit zufrieden bist, kannst du dir aus meiner Sicht das Upgrade sparen. Dafür fühlt sich das diesjährige Modell zu ähnlich an. Acht Prozent besser eben.
Als Kind verbrachte ich zu viel Zeit vor selbstgebauten PCs. Viele Jahre und ein Journalismus-Studium später bin ich wieder gleich weit. Ich schreibe über Apple, Fotografie, Monitore und Geschichten an der Schnittstelle zwischen Technik und Wirtschaft.