Kritik

«Indiana Jones and the Great Circle» übertrifft all meine Erwartungen

«Indiana Jones and the Great Circle» fängt das einzigartige Flair der Original-Filmtrilogie ein. Die «Wolfenstein»-Macher verzichten geschickt darauf, Indy zum ballernden Actionhelden zu machen und stellen den Archäologen in den Vordergrund.

Hinweis: Das Review wurde ursprünglich am 6. Dezember anhand der PC-Version veröffentlicht. Am 17. April erscheint das Spiel auch für die PS5.

Das klingt plump, ist in Wahrheit aber der perfekte, nostalgische Einstieg, der mich als Fan abholt.

Kaum habe ich eine der bekanntesten Szenen der Filmgeschichte selber nachgespielt, bin ich wieder komplett im Indy-Fieber, wie ich es nach den zwei letzten Filmen nicht mehr für möglich gehalten hätte. Aber wer jetzt denkt, dass das schwedische «Wolfenstein»-Studio Machine Games nur gut kopieren kann, dem beweisen die nächsten 15 bis 20 Stunden zweifelsfrei, dass es deutlich mehr drauf hat.

Erkundungsdrang

Der Reiz der Filme besteht für mich aus drei Dingen: abenteuerlichen Schatzsuchen mit einer Prise Übernatürlichem. Wundersamen Schauplätzen im frühen 20. Jahrhundert, als die Welt noch geheimnisvoller war. Und einem charismatischen Helden, der trotz gelegentlichen Missgeschicken immer einen flotten Spruch auf den Lippen hat. Genau das bietet «Indiana Jones and the Great Circle».

Nachdem im Marshall College, an dem Dr. Jones unterrichtet, ein seltenes Artefakt gestohlen wird, begibt sich Indy auf Weltreise, um dem Diebstahl auf den Grund zu gehen. Die erste Station ist der Vatikan. Es ist eines von mehreren grösseren Arealen, in denen Indy viel Zeit verbringt. Wie lange hängt davon ab, wie sehr ich mich in Nebenmissionen verliere.

Dass diese Mission optional ist, wäre mir beinahe entgangen, so gut wirkt sie in der Hauptstory eingewoben. Abenteuerfans kommen voll auf ihre Kosten. Dabei bin ich völlig frei, ob ich mich den Sammelaufgaben widme, den Bewohnern unter die Arme greife oder mich lieber auf die Hauptquest fokussiere.

Gina sucht ihre verschwundene Schwester, die rein zufällig die beste Wissenschafterin toter Sprachen ist. Ob es zwischen ihr und dem Unterfangen der Nazis vielleicht einen Zusammenhang gibt?

Besser ist, ich schnappe mir die grosszügig verteilten Prügelgegenstände wie Kerzenständer, Gitarren oder Werkzeugzangen und ziehe meinen Feinden aus dem Hinterhalt eins über. Einen flotten Spruch gibt es gratis dazu.

Denke ich an die Horden stupider Gegner in «Uncharted», die ich aus distanzierter 3rd-Person-Perspektive abarbeiten muss, kann ich mir gar nicht mehr vorstellen, dass etwas anderes als die Ego-Perspektive Sinn ergibt.

Auch, weil Indy lieber seine Fäuste sprechen lässt statt mit seinem Revolver die gesamte Umgebung zu alarmieren – obwohl die Schläge fast so laut wie Schüsse knallen. Herrlich. Klassische, cartoonische 1970er- und 1980er-Jahre Soundeffekte, wie es sie auch in den «Indy»-Filmen gibt.

Indys ikonische Peitsche kommt natürlich auch zum Einsatz. Entweder, um Feinde auf Distanz zu halten, um sich über Abgründe zu schwingen oder um entfernte Hebel zu aktivieren.

Ebenfalls zu jedem guten «Indiana Jones»-Film gehören vermeintlich aussichtslose Situationen mit einstürzenden Ruinen, aus denen sich Indy im allerletzten Moment retten kann. Das Pacing kann zwar mediumbedingt nicht ganz mit den Filmen mithalten. Wilde Verfolgungsjagden und humorvollen Zwischensequenzen lockern das Spiel aber regelmässig auf.

Zum authentischen Indiana-Jones-Gefühl trägt im Englischen Troy Baker bei. Er imitiert Harrison Ford äusserst treffend. Anfangs zwar noch etwas steif, aber mit der Zeit ist es mir gar nicht mehr aufgefallen, dass ich nicht dem echten Ford zuhöre. Die deutsche Synchronisation mit Florian Clyde trifft den jungen Wolfgang Pampel, Fords Original-Synchronstimme, übrigens auch nicht schlecht.

Ausführlich über das Game reden wir in der neusten Folge des Tech-telmechtel-Podcasts.

Update: Ich habe das Game mittlerweile durchgespielt und meine Meinung zur Wertung hat sich nicht geändert.

«Indiana Jones and the Great Circle» ist erhältlich für PC und Xbox Series X/S. Am 17. April erscheint es auch für die PS5. Das Spiel wurde mir von Bethesda für den PC zur Verfügung gestellt.

Fazit

Mehr «Indiana Jones» geht nicht

Seit 32 Jahren gilt Lucas Arts’ «Indiana Jones and the Fate of Atlantis» als die beste Spieladaption der legendären Filmreihe. Diese Ehrung gebührt nun «Indiana Jones and the Great Circle». Machine Games gelingt es, das Abenteuergefühl, den Charme und den Witz von Harrison Fords berühmten Charakter perfekt einzufangen.

Verschiedene Spiele wie «Tomb Raider» oder «Uncharted» haben als verkleidete Versionen von «Indiana Jones» die Vorlage erfolgreich in Spiele umgemünzt. Nun kann ich endlich als Indy höchstpersönlich ein gutes «Indiana Jones»-Game erleben.

Es führt mich an wundersame Orte rund um den Globus, die ich ausgiebig erkunden kann. Die Rätsel sind kreativ und abwechslungsreich und die Action ist gut dosiert und nimmt nie Überhand. «Indiana Jones and the Great Circle» ist ein packendes Action-Adventure, bei dem das Abenteuer im Vordergrund steht. Und es ist eines, das der Original-Filmtrilogie – die weiteren Fortsetzungen ignoriere ich einfach mal – endlich würdig wird.

Pro

  • fängt die Stimmung der Filme perfekt ein
  • abwechslungsreiche Schauplätze
  • cineastischer Soundtrack
  • Fokus auf Erkundung und Rätsel
  • kreative Rätsel

Contra

  • Grafik nicht überragend

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Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken. 


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