Produkttest

Fräsen, Drucken, Gravieren: Ist der Snapmaker die eierlegende Wollmilchsau?

Kevin Hofer
5.2.2019

Mit dem Snapmaker druckst du 3D, gravierst mit einem Laser und fräst CNC – und das alles für unter 900 Franken. Leider ist aber nicht alles Gold, was glänzt.

Über zwei Millionen US-Dollar brachte die Kickstarter-Kampagne von Snapmaker in 45 Tagen zusammen. Damit ist er der am drittmeisten unterstützte 3D-Drucker in der Geschichte von Kickstarter. Der 3D-Drucker hat es mittlerweile in die Serienproduktion geschafft und wir haben ihn bei uns im Shop. Da lasse ich es mir nicht nehmen, ihn auszuprobieren.

Einfacher Zusammenbau

Den Snapmaker muss ich zuerst zusammenbauen. Dank der mitgelieferten Anleitung ist das kinderleich tund dauert gerade mal 20 Minuten. Danach habe ich ein voll funktionsfähiges Gerät mit 3D-Druck-Modul. Zum Lieferumfang gehören noch zwei weitere Module. Mit diesen verwandelst du den Snapmaker innert weniger Minuten vom 3D-Drucker in einen CNC-Fräser oder Lasergravierer. Als erstes teste ich aber die Druckerkonfiguration.

Mein erstes Mal mit ABS

Das Laden des ABS-Filaments erweist sich als wahrer Kraftakt. Der Knopf zum Einführen ist derart hart, dass es mir nur mit Mühe und Not gelingt, das Material zu laden. Nach einigen Versuchen und noch mehr Gefluche, ist das Filament dann aber endlich geladen.

Danach muss ich die Bauplatte kalibrieren. Das funktioniert über den Touchscreen und ist sehr intuitiv. Bei der weiteren Verwendung des Snapmakers friert mir die Bedienung über den Screen regelmässig ein. Damit er wieder läuft, muss ich das Gerät jeweils neu starten.

Für den Test drucke ich einige Teile, die ich für ein DIY-3D-Drucker-Projekt brauche. Ich will in den nächsten Monaten selbst einen RepRap-Drucker bauen. Dazu benötige ich einige Teile aus ABS von einem 3D-Drucker.

Bei der Druck-Software setze ich auf Snapmaker 3D. Die ist ähnlich aufgebaut wie Cura, die ich üblicherweise verwende. Auch diese friert mir immer wieder ein, sodass ich für jedes neue Projekt den Drucker neustarten muss. Das ist ziemlich nervig und ich habe keine Ahnung, wieso das passiert. Die Firm- und Software muss definitiv noch überarbeitet werden.

Damit lässt sich das Druckbett sogar auf 89 Grad aufheizen und mein Print haftet. Nach etwas mehr als zwei Stunden ist das erste Teil fertig. Ganz ohne Warping hat’s aber trotz aller Vorsichtsmassnahmen wie Heizbett, Haarspray, Brim und Abdeckung nicht geklappt. Auch bei den zwei weiteren Teilen, die ich drucke, kriege ich es nicht ohne Warping hin.

Mit der sonstigen Qualität bin ich für die gewählte Schichtdicke von 0.2 Millimetern aber zufrieden. Da der Snapmaker über viele Funktionen verfügt, ich aber nicht so lange Zeit habe zum Testen, versuche ich es noch mit PLA-Drucken.

Wie sieht’s mit PLA aus?

Als Sujet wähle ich den Dancing-Groot, den ich bereits mit dem Wanhao Duplicator i3 Mini gedruckt habe. So habe ich eine Vergleichsgegenstand. Selbstverständlich wähle ich die gleichen Einstellungen und dasselbe Filament.

Die Qualität überzeugt mich vollends. Wie auch beim i3 Mini ist das Filament bei den Haaren von Groot etwas ausgefranst. Damit das nicht passiert, müsste ich wohl noch etwas langsamer drucken. Aber für die gewählte Geschwindigkeit ist das Ergebnis mehr als ausreichend.

Spielen mit Laser

Jetzt wird’s schwierig für mich. Ich habe keinerlei Erfahrungen mit CNC-Fräsen und Lasergravieren. Als erstes muss ich das Druckbett mit der Bauplatte fürs Gravieren und Fräsen austauschen sowie das Modul fürs Gravieren anschrauben und verbinden. Das ist innert weniger Minuten gemacht und der Snapmaker ist parat für seine nächste Aufgabe.

Gemäss Hersteller lassen sich Holz, Bambus, Stoff, Leder, Papier, Acryl und weitere Materialien gravieren. Metall, Glas, transparente und reflektierende Materialien und ähnliches hingegen nicht. Ich probier gleich als erstes aus Papier zu Gravieren. Hoffentlich stelle ich den Laser nicht zu stark ein und fackle unser Hauptquartier ab.

Als Sujet entscheide ich mich fürs Bieler Kongresshaus. Hast du fertig gelacht? Ich würde gerne fortfahren. Der Grund ist, weil ich A. stolzer Bieler bin – soll’s geben – und ich B. das Kongresshaus architektonisch äusserst gelungen finde – auch dass soll’s geben. So sieht meine Vorlage aus.

Ich fixiere mit Hilfe der beiliegenden Befestigungshilfen ein A4-Papier auf der Platte. Bei den Hilfen handelt es sich um Aluminiumteile, die sich durch Schrauben auf der Bauplatte befestigen lassen.

Beim Fräsen arbeite ich übrigens mit der von Snapmaker zur Verfügung gestellten Software Snapmakerjs. Ich verbinde das Gerät per USB mit dem Notebook und öffne das Programm. Dieses erkennt mein Notebook erst, nachdem ich den Anschluss manuell ausgewählt habe.

Aber so genau muss es für meinen Versuch nicht sein, da mein A4-Papier sowieso die ganze Platte ausfüllt. Ich entschliesse mich daher, den Gravurprozess zu starten. Vorher muss ich aber noch die Laserstärke einstellen. Mangels Erfahrung und weil ich in einigen Beiträgen lese, dass 75 Prozent empfohlen werden, entscheide ich mich dafür.

Mit denselben Einstellungen versuche ich es nochmal, spanne meinen Gürtel ein und starte den Prozess. Seltsam, jetzt riecht es nicht mehr nach Verbranntem. Nach knapp 25 Minuten ist der Snapmaker fertig. Vom Bieler Kongresshaus ist allerdings weit und breit nichts zu sehen. Erst, als ich den Gürtel unters Licht halte und ihn etwas bewege , kann ich wage die Konturen meines Bilds erkennen. Auch mein zweiter Versuch ist ein kompletter Fehlschlag.

Ich versuch’s nochmal. Aus irgendeinem Grund reagiert das Programm jetzt nicht mehr. Ich starte den Snapmaker sowie Snapmakerjs neu. Jetzt kann ich wieder Änderungen vornehmen. Anscheinend hat sich das Programm aufgehängt. Ich versuche den Fehler zu reproduzieren. Es ist tatsächlich so, dass ich nach jeder verrichteten Arbeit Snapmaker und Snapmakerjs neu starten muss, wenn ich einen neuen Auftrag geben möchte. Hier muss Snapmaker unbedingt nachbessern.

Um zu sehen, wie es auf hellem Material zur Geltung kommt, drucke ich das Sujet noch auf eine Spanplatte. Die stelle ich dann Philipp aufs Pult. Das hat er davon, dass er mich auslacht. Im Gegensatz zu den 40 mm x 40 mm stelle ich die Grösse nun auf 100 mm x 100 mm. Den Laser setze ich auf 75 Prozent Stärke.

Jetzt wird gefräst

Zu guter Letzt teste ich noch das CNC-Fräsen. Dazu muss ich das Laser-Modul mit dem CNC-Modul tauschen. Die Bauplatte kann ich drauflassen. Da es wie beim Laser-Gravieren das erste Mal ist, dass ich CNC-Fräse, wähle ich weniger ambitionierte Sujets. Gemäss Hersteller kann der Snapmaker Holz, Acryl, PCB und Carbon fräsen.

Ich entscheide mich für ein Logo der Roci, dem Raumschiff der Crew aus der «Expanse»-Buchreihe. Dazu wandle ich das Bild in eine SVG-Datei. Diese kann ich in der CNC-Funktion von Snapmakerjs importieren. Jetzt muss ich lediglich den G-Code erstellen und diesen laden. Wie bereits beim Laser-Gravieren steht als nächstes das Festlegen des Arbeitsursprungs an.

Das muss ich wieder manuell machen. Über das Menü steuere ich den CNC-Bohrer über die Bauplatte. Sobald ich das Gefühl habe, dass der Bohrer korrekt platziert ist, lege ich den Arbeitsursprung fest und fahre die Grenzen ab. Wenn alles passt, muss ich noch die Z-Achse einstellen. Dazu fahre ich den Bohrer auf 0.01 Millimeter über dem Holz. Das erinnert mich etwas ans Kalibrieren beim 3D-Drucker. Jetzt muss ich nur noch den Druckvorgang starten.

Nach etwa 20 Minuten ist der Snapmaker fertig. Selbstverständlich habe ich während der ganzen Zeit über den Prozess gewacht. Bereits während dem Fräsen hatte ich den Eindruck, dass ich übers Ziel hinausgeschossen bin. Das Logo ist zu komplex. Das Ergebnis des Fräsens enttäuschend. Der Schriftzug ist zwar lesbar, aber das abgebildete Pinup nicht erkennbar. Schade, gerne hätte ich eine Holzplatte mit Roci-Logo auf mein sonst schon chaotisches Pult gestellt.

Ich versuche es mit etwas anderem. Auf der Snapmaker-Anleitung ist ein Holzdeckel mit Superman-Logo abgebildet. Das fräse ich bestimmt nicht – gibt es einen langweiligeren Superhelden als Superman? Aber ein Batman-Logo ist doch sehr reizvoll. Das bereite ich fürs CNC-Fräsen vor. Das Logo ist nicht sonderlich komplex und sollte für den Snapmaker machbar sein.

Dieses Mal dauert der Prozess weniger lange. Nach 6 Minuten ist der Snapmaker fertig. Das Logo ist zwar gut sichtbar, aber bei den Details nicht sauber ausgefräst. Das zeigt sich bei den Ohren. Die hat der Snapmaker ganz ausgefräst.

Zu guter Letzt teste ich das CNC-Fräsen noch mit Text. Ich nehme für etwas Schleichwerbung die digitec- und Galaxus-Schriftzüge mit Logos. Die Schriftzüge und Logos werden zwar gut lesbar, sind aber nicht ganz sauber ausgefräst. Speziell der kleinere digitec-Schriftzug ist in den Details unsauber.

Die Eierlegende Wollmilchsau gibt es nicht

Bei der Firm- und Software muss Snapmaker zudem noch nachbessern. Zu häufig hat sich das Programm und der Drucker aufgehängt und es ist sehr mühsam, immer alles neu zu starten.

Ist der Snapmaker also sein Geld wert? Schwierig. Druckst du ausschliesslich 3D, sparst du dir lieber den Aufpreis für diese 3-in-1-Variante. Auch wenn du primär gravieren und fräsen möchtest, kann ich dir den Snapmaker nicht empfehlen. Dafür ist die Qualität in diesen Bereichen zu schlecht.

Kannst du hingegen mit der mässigen Fräs- und Gravierqualität leben und druckst primär 3D, ist der Snapmaker eine gute Wahl. Du kriegst einen guten 3D-Drucker, der noch etwas mehr kann.

67 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.


Computing
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Produkttest

Unsere Expertinnen und Experten testen Produkte und deren Anwendungen. Unabhängig und neutral.

Alle anzeigen

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • Produkttest

    Mein Wani: 3D-Drucker fürs kleine Portemonnaie und starke Nerven

    von Kevin Hofer

  • Produkttest

    Polaroid PlaySmart: Der 3D-Drucker fürs Schulzimmer

    von Kevin Hofer

  • Produkttest

    Creality CR-10S Pro im Test: Zusammenbau, Inbetriebnahme und erster Druck

    von Kevin Hofer