

Fossil Sport: Endlich eine vernünftige Android-Uhr?

Android-Uhren gibt es viele. Wirklich was taugen, tut keine. Die Fossil Sport soll der langersehnte Heilsbringer sein. Spoiler: Ist sie nicht, aber es geht in die richtige Richtung.
Wear OS hat nicht den besten Ruf. Grössere Software-Updates gibt es selten und die Hardware-Entwicklung stagniert fast völlig. Dennoch war die Resonanz auf die Fossil Sport von vielen Testern äusserst positiv. In der Smartwatch steckt der Nachfolger des fünf Jahre alten Qualcomm-Prozessors Snapdragon 2100. Aber selbst mit dem neuen 3100er-Chip macht die Smartwatch keine Luftsprünge. Trotzdem gibt sie Grund zum Hoffen.
Ein Hingucker

Die Fossil Sport gibt es in zwei Grössen: 43 und 41 Millimeter. Die Displays sind praktisch identisch (1.29 Zoll und 1.19 Zoll OLED) und setzten auf dieselbe Auflösung (390 x 390 Pixel). Beide Modelle haben austauschbare Bänder mit 18 mm respektive 22 mm Breite. Mir stand für den Test das grössere Modell zur Verfügung. Farblich bietet Fossil zahlreiche Optionen. Wir führen aktuell jedoch erst drei Variationen.
Optisch gefällt mir das schlichte Design sehr. Besonders weil die Fossil Sport im Vergleich zu meiner Huawei Watch 2 eine plane Oberfläche besitzt. Damit lässt sich das Touchdisplay viel besser bedienen als mit einem abstehenden Rand. Die drei Tasten, respektive die drehende Krone, sorgen ebenfalls für einen eleganten Touch. Obendrauf ist die Fossil Sport gerade mal 12 mm dick und ein absolutes Leichtgewicht. Für die einen mag das negativ sein, ich schätze die Leichtigkeit enorm.

Durch die plane Bauweise kommt das Display perfekt zur Geltung. Die Fossil Sport ist ein echter Hingucker. Aber Smartwatches sind nicht nur zum Anschauen da und damit fangen die Probleme an.
«Neue»Hardware, alte Probleme
Der Snapdragon 3100 basiert auf der gleichen Architektur wie der 2100er-Chip. Der Prozessor mit vier ARM Cortex
A7 ist der genau gleiche. Genauso auch der Grafikbeschleuniger Adreno 304. Es ist nicht der erhoffte Leistungssprung, den Wear-OS-Uhren dringend bräuchten. Stattdessen setzt der Snapdragon 3100 primär auf Akku-Verbesserungen und selbst davon habe ich nicht viel gespürt. Nach wie vor muss die Fossil Sport jeden Abend an das kleine Wireless-Dock angeschlossen werden. Mit Always-On-Display habe ich beim Zubettgehen meist noch circa 20 Prozent Akku übrig.

Damit kann ich leben. Womit ich mich nicht abfinden kann, ist die schlechte Performance. Die Fossil Sport fühlt sich langsam an – und das direkt nach dem Auspacken. Wirklich flüssig funktioniert selten etwas. Immer mal wieder wird eine Eingabe nicht registriert. Oder eine App startet so langsam, dass ich mehrmals klicke. Dreimal ist die Uhr einfach stehen geblieben. Nach zwei Stunden habe ich erst bemerkt, dass die Zeit nicht mehr stimmt. Dass es so lange gedauert hat, zeigt auch, wie oft ich das Teil benutze. Per Hard Reboot (lange die Krone drücken) konnte ich die Uhr neu starten.
Die Fossil Sport läuft zwar einiges besser als meine Huawei Watch 2. Aber nur, weil letztere nach weniger als einem Jahr wegen Performance- und Akkuproblemen fast unbrauchbar geworden ist. Wie sich die Fossil Sport in ein paar Monaten schlägt, kann ich noch nicht beurteilen. Bei mir ist sie seit über drei Wochen im Einsatz.
Praktische Ansätze mit Tiles und Google Pay
Das Benutzererlebnis ist aber nicht nur schlecht. Wear OS lässt sich trotz gewisser Lags relativ schnell und einfach navigieren. Das Display kannst du in vier Richtungen wischen. Von links nach rechts zeigt sie den Google Assistant, von oben nach unten öffnet die Quick Settings, von unten nach oben aktuelle Benachrichtigungen und von rechts nach links Google Fit. Zusätzlich hat die Uhr drei Knöpfe. Der mittlere lässt sich drehen. Der obere und untere können mit eigenen Shortcuts versehen werden. Bei mir starten sie Strava und Google Pay. Die Krone bringt dich zur App-Übersicht, durch die du mit dem Rädchen scrollen kannst. Allerdings kannst du die Apps nicht mit einem weiteren Klick öffnen. Sonst landest du wieder auf dem Homescreen. Dass man die App nur antippen kann, ist etwas irreführend.

Die Watch Faces (Zifferblätter) von Fossil setzen primär auf Fitness in Verbindung mit Google Fit. Obwohl es im Play Store tausende von Watch Faces gibt, sagen mir die wenigsten zu. Mit den drei vorinstallieren von Fossil (plus 17 weiteren via Wear-OS-App) bin ich mehr als zufrieden. Auf Wunsch kannst du Farbe und die dargestellten Infos verändern.
Vor Kurzem hat Google mit Tiles ein neues Update geliefert. Durch Wischen von rechts nach links wird weiterhin Google Fit geöffnet. Neu kannst du aber weiter wischen und zu verschiedenen Tiles wie Wetter, News, Termine etc. navigieren. Meine Fossil Sport hat das Update allerdings noch nicht erhalten.
Hoffnungen setzte ich aufs mobile Bezahlen. Da Google Pay nun auch in der Schweiz verfügbar ist und es die einzige Zahlmethode ist, die die Uhr erlaubt, habe ich das gleich ausprobiert. Es sollte überall dort funktionieren, wo kontaktloses Zahlen möglich ist. Viel praktischer als eine Bankkarte ist Google Pay leider nicht. Zum einen musst du die Uhr umständlich an das Terminal drehen, damit die Verbindung über NFC gegeben ist. Davor musst du auf der Uhr aber erst Google Pay starten. Standardmässig geht das über das Quick Menü. Um diesen Schritt zu beschleunigen, habe ich Google Pay auf einen der Knöpfe gelegt.

Selbst damit spielt sich die Situation meist so ab: Ich stehe vor dem Kartenterminal im nahe gelegenen Café und verrenke meinen Arm. Die Verkäuferin verdreht ihrerseits die Augen, während hinter mir der genervte Cappuccino-Mob die Fackeln und Heugabeln zückt. Meine Uhr zeigt mir derweil an, dass mein Puls auf 120 gestiegen ist. Ein entspanntes Bezahlerlebnis sieht ander aus. Meist bin ich ohnehin schneller, wenn ich das Portemonnaie zücke und eine Karte rausfische.
Egal, für was ich die Uhr brauche, bei fast allen Anwendungen bin ich schneller, wenn ich direkt zum Smartphone greife. Für die Uhr benötige ich auch immer beide Hände. Die Musik steuere ich meist direkt an meinen Kopfhörern und Nachrichten muss ich ohnehin auf dem Handy beantworten, wenn ich mehr als «OK» oder ein Smiley brauche. Trotzdem swipe ich gern durch die verschiedenen Benachrichtigungen oder schau auf Google Fit, wie viel ich mich schon bewegt habe. Und sei es nur, weil die Apps auf dem Fossil-Display so schick aussehen.
Doch nicht so sportlich
Neben den Benachrichtigungen nutze ich die Uhr primär zum Sport. Für längere Bike-Touren reicht der Akku aber nur knapp. Zumindest wenn ich GPS eingeschaltet habe – ohne das macht sie nun mal wenig Sinn. Nach vier Stunden ist meist Schluss.
Einmal mehr habe ich zur Navigation auf Bike-Trails die Komoot-App ausprobiert. Die zeigt dir jede noch so kleine Abfahrt an. Es wäre extrem praktisch, nicht ständig das Handy zücken zu müssen, um den Weg zu finden und stattdessen die Smartwatch nutzen zu können. Leider ist die App nach wie vor viel zu unzuverlässig und zeigt Abzweigungen regelmässig zu spät an oder ist zu ungenau.

Für kürzere Ausflüge oder zum Joggen reicht die Fossil Sport aber problemlos. Das GPS-Signal wird schnell gefunden und der optische Pulsmesser kann auch mit einer dedizierten Sportuhr wie der Polar Vantage V mithalten.
Fazit: Ganz nett
Wenn mich jemand fragen würde, wie ich die Fossil Sport finde, meine Antwort wäre: «Easy». Sie macht nichts besonders gut, aber auch nichts besonders schlecht. Aussehen und Tragekomfort sind top. Sie ist eine brauchbare Sportuhr. Der Pulsmesser ist zuverlässig, GPS ist vorhanden, nur der Akku hält damit nicht besonders lange. Wear OS ist mittlerweile ein ganz brauchbares Betriebssystem, das sich angenehm bedienen lässt. Nach wie vor fehlt es aber an gescheiten Wear-OS-Apps. Mein Hauptkritikpunkt betrifft aber die Performance. Die Uhr ist schlichtweg zu träge. Jede Eingabe dauert viel zu lange und die Benutzung fühlt sich nicht flüssig genug an. Telefonieren kannst du damit übrigens auch nicht. Sorry K.I.T.T.

Da die Fossil Sport aber verhältnismässig günstig ist, kann ich sie dennoch empfehlen. Wenn du unbedingt eine Smartwatch suchst und du dich mit Rucklern hi und da abfinden kannst, greif ruhig zu. Ich würde sie behalten, aber wohl nicht kaufen. Noch hoffe ich darauf, dass Google endlich die Pixel Watch vorstellt. Und zwar mit einem eigenen Chip. Ohne wird Wear OS nicht aus der Bedeutungslosigkeit ausbrechen können.


Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken.