Yingqiang Wang / ETH Zürich
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ETH Zürich entwickelt smarte Textilien: Bewegungserkennung per Schallwellen

Kim Muntinga
20.5.2025

Mit gezielt eingewebten Glasfasern und piezoelektrischen Schallgebern entsteht ein Gewebe, das selbst kleinste Verformungen erkennen kann. Eingesetzt werden könnte es künftig in Sportbekleidung, medizinischer Überwachung oder interaktiver VR-Ausrüstung.

Die ETH Zürich hat ein neuartiges Textil entwickelt, das Bewegungen nicht mit Kameras oder Chips erkennt, sondern mit Schallwellen. Zum Einsatz kommen dabei fein eingewebte Glasfasern, die selbst kleinste Veränderungen im Stoff registrieren. Unter dem Namen Sono Textiles verspricht die Technologie präzise Messwerte und das bei hoher Alltagstauglichkeit.

Hightech im Stoff: Glasfaser statt Chip

Das Prinzip ist ebenso simpel wie raffiniert: In ein Textil werden mehrere Glasfasern in regelmäßigen Abständen eingewebt. An einem Ende jeder Faser befindet sich ein Sender, der Ultraschallwellen aussendet. Die akustischen Signale werden durch den Stoff geleitet und ein zentraler Empfänger misst, wie stark sie sich beim Durchlaufen verändern: etwa wenn das Material gedehnt, gedrückt oder bewegt wird. So entsteht ein akustisches Muster, das sich bei jeder Form der Bewegung verändert.

Mehrere Glasfasern im Gewebe bilden ein Sensorsystem: Sender (Tx) und ein zentraler Empfänger (Rx) erfassen präzise, wo das Textil berührt oder verformt wird.
Mehrere Glasfasern im Gewebe bilden ein Sensorsystem: Sender (Tx) und ein zentraler Empfänger (Rx) erfassen präzise, wo das Textil berührt oder verformt wird.
Quelle: Yingqiang Wang / ETH Zürich

Es wird dementsprechend ein MISO-System (Multiple Input, Single Output verwendet. Mehrere Sender (Tx in der Abbildung oben) senden auf unterschiedlichen Frequenzen, die Signale treffen auf einen einzigen Empfänger (Rx), was die Anzahl der Bauteile reduziert. Dadurch lassen sich zudem einzelne Berührungs- oder Bewegungspunkte klar zuordnen, erklären die Forscher in der Studie «A smart acoustic textile for health monitoring», die in Nature Electronics veröffentlicht wurde. Das soll für eine effiziente und detailgenaue Datenverarbeitung sorgen.

Im Gegensatz zu klassischen Wearables kommt das System ohne Elektronik auf der Haut aus. Keine Akkus, keine Kabel, keine starren Module. Nur Stoff mit eingebauter Intelligenz.

Für Sport, Gaming und smarte Kleidung

Gerade für Sportbegeisterte ist das spannend: Die Sono Textiles können laut Forscher Bewegungsabläufe präzise erfassen, etwa beim Laufen, Yoga oder Krafttraining. Das eröffnet neue Möglichkeiten für digitale Trainingsanalysen, ohne dass man sich mit Gadgets behängen muss. Außerdem sollen die Textilien weiterhin atmungsaktiv sein.

Wird die Glasfaser gedrückt oder gebogen, verändert sich das Schallsignal. Der Energieverlust zeigt, wo die Berührung stattfindet.
Wird die Glasfaser gedrückt oder gebogen, verändert sich das Schallsignal. Der Energieverlust zeigt, wo die Berührung stattfindet.
Quelle: Yingqiang Wang / ETH Zürich

Auch im Gaming oder in der VR-Welt könnten die Stoffe zum Einsatz kommen, etwa in Handschuhen oder Anzügen, die Gesten und Bewegungen direkt ins Spiel übertragen. Die Technologie ist dabei so leicht und flexibel, dass sie sich problemlos in Alltagskleidung integrieren lässt.

Waschbar, robust, massentauglich?

Außerdem sollen die Sono Textiles waschbar und robust sein. Weil sie ohne empfindliche Elektronik auskommen, halten sie mehr aus als viele aktuelle Smartwear-Produkte. Und sie benötigen kaum Energie.

Die Forschenden der ETH setzen nach eigenen Angaben auf kostengünstige Materialien und eine skalierbare Produktion. Das macht die Technologie auch für den Massenmarkt interessant. Beispielsweise für Sportmarken, die smarte Kleidung serienreif machen wollen.

Noch in der Entwicklung aber mit klarem Ziel

Marktreif ist das Ganze noch nicht. Zwar funktionieren erste Prototypen zuverlässig im Labor, zum Beispiel bei Atemüberwachung oder Gestenerkennung. Doch die Integration aller Komponenten von der Stromversorgung über die Datenerfassung bis zur drahtlosen Übertragung ist noch eine Baustelle. Auch die Langzeitstabilität bei häufigem Waschen oder starker Beanspruchung muss weiter getestet werden.

Noch werden die Glasfasern manuell in die Textilien eingearbeitet. Für den industriellen Einsatz wäre eine automatisierte Fertigung notwendig. Denkbar wäre das beispielsweise über digital gesteuerte Webmaschinen. Die Forschenden arbeiten daran, diesen Schritt möglichst kosteneffizient umzusetzen.

Titelbild: Yingqiang Wang / ETH Zürich

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