
Hintergrund
«The Outer Worlds 2» angespielt: kleiner als «Starfield», dafür mit mehr Humor
von Philipp Rüegg
Reparieren, renovieren und Logikrätsel lösen: In «The Lift» bringst du eine unterirdische Forschungsstation nach einem mysteriösen Vorfall wieder auf Vordermann. Die Demo macht Lust auf mehr.
Was haben das Sci-Fi-Rollenspiel «Prey», der Renovations-Simulator «House Flipper» und die Netflix-Kultserie «Stranger Things» gemeinsam? Sie dienten als Inspiration für «The Lift: Supernatural Handyman Simulator». Ich konnte einen Ausschnitt daraus spielen und bin vom Konzept sehr angetan.
Ich übernehme die Rolle eines Handwerkers. Im Mini-Tutorial, das passend zum Namen in einem Lift stattfindet, werden mir die ersten Handgriffe erklärt und dass ich offenbar für ein naturwissenschaftliches Institut arbeite. Anschliessend werde ich in den Kälteschlaf geschickt, bis man mich wieder braucht. Das ist Momente später bereits der Fall, ich merke aber schnell, dass Jahre vergangen sein müssen. Es scheint zu einem Unfall gekommen zu sein. Überall sprühen Funken, die Stromversorgung ist weg und merkwürdiger schwarzer Glibber bedeckt einen Grossteil der Instrumente.
Für das Setting hat sich das Entwickler-Studio Fantastic Signals an sowjetischen Sci-Fi-Geschichten orientiert. Der Grund dafür ist, dass viele aus dem Team damit aufgewachsen sind. Das Studio arbeitet in Lettland und Serbien, wo die Vergangenheit stark von den Einflüssen des Kommunismus geprägt ist. Das Ganze würzen sie mit Inhalten aus dem kollaborativen Schreibprojekt «SCP Foundation». Dabei handelt es sich um eine fiktive Geheimorganisation, die sich um Anomalien kümmert. Davon scheint es in «The Lift» einige zu geben. Neben dem besagten schwarzen Schleim finde ich auch Gegenstände, die merkwürdig flimmern.
Darum kümmere ich mich später. Als Erstes gilt es, für Licht zu sorgen. Dazu schraube ich mit einem Schraubenzieher die Abdeckung eines Schaltschranks auf. Anschliessend stelle ich mit den Kabeln, die ich zuvor gesammelt habe, den Schaltkreislauf wieder her. Schon kann ich den damit verbundenen Schalter umlegen und das Licht ist wieder da.
Solche Schalterrätsel machen einen grossen Teil des Spiels aus. Sie sind inspiriert von realen Programmierproblemen, erklären die Entwickler während einer Discord-Präsentation. Ein bisschen Ingenieurskunst soll auch dabei sein. Aber keine Sorge, bisher waren weder Javascript- noch vertiefte Mathematikkenntnisse erforderlich. Die Schaltungen werden aber laufend komplizierter. Reichen am Anfang ein paar Kabel, die ich mal biegen oder mal strecken muss, sind später Spannungswandler, Elektromotore und weitere Bauteile nötig.
Nachdem ich den Strom wiederhergestellt habe, werde ich angefunkt. Eine unbekannte Person erklärt mir, dass ich als Nächstes den Lift reparieren muss. Nicht jener vom Tutorial, sondern einer, der aus mehreren Zimmern besteht. Dieser dient mir fortan als Basis. Damit kann ich die verschiedenen Ebenen der Forschungsstation erreichen und auf Vordermann bringen. Das ist die Kernaufgabe des Spiels.
Damit der Lift funktioniert, muss ich erst die Unordnung beseitigen und einen Generator wieder in Betrieb nehmen. Dazu gehört: Glühbirnen austauschen, Sitzbänke festschrauben oder die Klimaanlagen reparieren. Oft reicht dafür eine Drehung mit meinem bewährten Schraubenzieher, manchmal braucht es zusätzlich eine Schraube. Falls ich keine habe, kann ich sie an einem Automaten kaufen. Die Münzen dafür erhalte ich, indem ich an einer anderen Maschine kaputte Gegenstände recycle.
Habe ich zu wenig Geld oder die Automaten sind leer, kann ich Gegenstände auch selbst herstellen. Sobald der entsprechende Raum in meiner Liftbasis offen ist, interagiere ich dort mit drei Maschinen. Die erste wandelt Schrott in Ressourcen um. Die zweite schaltet aus Ressourcen und Blaupausen Craftinggenstände frei. Die dritte Maschine produziert die gewünschten Gegenstände.
Viele Handgriffe erfordern mehr als einen Tastendruck. Je nachdem, ob ich mit Maus und Tastatur oder Controller spiele, muss ich die Maus umherschieben, um eine Schraube zu drehen oder den Analogstick bewegen, um eine Türe zu öffnen. Das macht die Arbeit physischer, greifbarer und einfach befriedigender. Das Spiel erinnert mich dabei positiv an «Pacific Drive», das ebenfalls einen Fokus auf einzelne Handgriffe legte.
Beim Generator muss ich erst eine Anleitung konsultieren, die an einer Tafel in der Nähe aufgedruckt ist. Erst nachdem ich eine Turbine umgedreht, dort eine mechanische Biene – ja, Biene – eingesetzt und mehrere Hebel in der richtigen Reihenfolge betätigt habe, funktioniert der Generator wieder. Damit fährt auch der Lift wieder und die Demo springt zu einem späteren Zeitpunkt im Spiel.
Ich finde mich auf der Poststation wieder. Auch hier gilt es zuerst, die Energieversorgung wiederherzustellen und die kaputte Einrichtung zu reparieren. Dabei lerne ich über Funk weitere Personen kennen. Offenbar ist ein ganzes Rettungsteam an der Instandsetzung beteiligt. Die kurzen Gespräche sind eine angenehme Abwechslung zum sonst einsamen Tagesablauf. Ich bin zwar schon auf einen gesprächigen Roboter gestossen sowie auf einen kauzigen Händler, solche Begegnungen sind aber wohl selten. Daneben gibt es noch Audiokassetten, die mehr über die Geschehnisse in der Station verraten.
Kampf oder sonstige Bedrohungen gibt es im Spiel übrigens keine. Das Studio hat damit experimentiert, aber es hätte nicht die Stimmung getroffen, die sie erzeugen wollten. Das Spiel soll gemütlich sein und dir nicht Angst einjagen mit Monstern, die dir jederzeit den Kopf abreissen könnten, erklären sie während der Präsentation.
Weil auf der Postebene verschiedene Armaturen und Maschinen vom schwarzen Glibber versperrt sind, muss ich erst eine Art Staubsauger finden. Ein paar reparierte Schaltkreise später gelange ich in einen blau schimmernden Raum. Darin steht ein Mensch. Zumindest vermute ich das. Allerdings bewegt er sich nicht. Er sieht aus wie eine graue Statue. Es ist nicht die einzige Person, die ich in diesem Zustand vorfinde. Irgendwas ist hier mächtig schief gelaufen. Diese Frage muss allerdings warten. Die Statue hat nämlich genau das Werkzeug in der Hand, das ich brauche: den Glibbersauger. Damit säubere ich verunreinigte Stellen und komme wieder ein Stück weiter. Kurz vor Ende der Demo finde ich auch noch eine Leimpistole, mit der ich merkwürdig leuchtende Löcher in Wänden und Böden verschliessen kann.
Mittlerweile jongliere ich mit einem stetig wachsenden Inventar aus unterschiedlichen Bauteilen, Werkzeugen, Schrott und Dokumenten. Kompliziertes Inventarmanagement ist bisher trotzdem nicht nötig. Das Spiel wählt meist je nach Kontext selbständig die passenden Elemente aus, sodass ich nur eine Taste drücken muss.
Nach knapp vier Stunden bin ich leider schon am Ende der Demo. Dabei gäbe es noch so viel zu tun. Ich kann es kaum erwarten, im nächsten Jahr weiterzuspielen. Dann soll «The Lift» erscheinen – immerhin direkt als 1.0-Version ohne Early Access. Die gemütliche Mischung aus Reparatur, Renovation und Rätseln ist unglaublich motivierend. Es gibt keinerlei Zeitdruck oder Bedrohungen durch fiese Monster.Nur mich, meinen Lift und meinen Schraubenzieher. Was will ich mehr?
«The Lift: Supernatural Handyman Simulator» erscheint 2026 für PC.
Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken.
Interessantes aus der Welt der Produkte, Blicke hinter die Kulissen von Herstellern und Portraits von interessanten Menschen.
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