Produkttest

DJI Mavic Air: Geflogen über den Fjorden Norwegens

Manuel Wenk
4.5.2018

Frühling in der Schweiz: Wiesen gedeihen, Blüten in allen erdenklichen Farben hängen an Bäumen, Insekten schlüpfen aus ihren Löchern und Drohnen bewegen sich surrend über Hausdächer, Wald und Wiesen - ich hab die Mavic Air im norwegischen Winter steigen lassen.

Tourenskifahren in Breitengraden weit nördlich der Schweiz. Aussichten von Gipfeln über schönste Fjorde und Abfahrten direkt ans Meer. Dazu Sonne von morgen früh bis spät abends. Bricht die Nacht ein, liegt auch mal ein Nordlicht drin. Das muss festgehalten werden.

Mit dabei, auf dem Skitouren-Trip nach Norwegen waren neben Beni, der die ganze Zeit irgendwo auf der Welt unterwegs ist, auch zwei ehemalige Studienfreunde - Leoni und Marius. Beide technologie verrückt wie ich. Deshalb durfte nebst der neuen Sony A7 III und der alten a7 II, Objektiven in allen Zoombereichen, GoPro und Gimbal auch eine Drohne nicht fehlen. Da wir sowieso einen kurzen Highlight-Clip produzieren werden, lag es auf der Hand die Drohne sogleich im «Ferienalltag» zu testen.

DJI Mavic Air Fly More Bundle Onyx Black (21 min, 430 g, 12 Mpx)
Drohne

DJI Mavic Air Fly More Bundle Onyx Black

21 min, 430 g, 12 Mpx

Fliegen über die tiefen des Ozeans

Eines kann ich vorweg nehmen - die Mavic Air hat mich fast in jeder Situation überzeugt. Nicht nur ist sie so klein und leicht, dass ich sie in der praktischen Verpackung im Tourenrucksack kaum bemerkt habe. Auf langen Touren zählt jedes Gramm, das du mit dir rumträgst. Die Fernsteuerung findet wegen der abnehmbaren Joysticks ebenfalls in einer kleinen Ecke Platz. In der Luft bist du nach zwei bis drei Minuten. Smartphone etwas mühsam in die Fernbedienung gesteckt, Arme der Drohne ausgeklappt und den praktisch konzipierten Gimbalschutz entfernt, kanns auch schon losgehen.

Steile Grate, Wechten, so gross das sie mich erschaudern lassen, halbwüchsige Birkenbäume bis ungefähr 200 Meter über Meer, endlose Landschaften sind nur einige Motive, die wir mit der kleinen Air einfangen. Immer auch auf der Suche nach einem speziellen Winkel und Kamerafahrten. Sei es, dass wir die Drohne direkt über uns platzieren und die Kamera nach unten richten oder wir sie nur wenige Zentimeter über unseren Köpfen schweben lassen um danach unten durch zu marschieren. Auch die eigentlich beeindruckende Tracking-Funktion setzen wir ein. Auf einem breiten Hang gehen wir mit Fellen unter den Skiern hoch und lassen die Drohne um uns kreisen, verfolgen oder vor uns her fliegen. Im Tracking-Modus aber macht die Drohne etwas ruckartige Bewegungen, die das Bild bei genauerem Hinschauen leicht ruckeln lassen. Da wird die Drohne unseren recht hohen Ansprüchen nicht zu 100% gerecht.

Im RAW-Format aufgenommen und etwas nachbearbeitet, liegen solche Fotos drin

Fernbedienung fest in beiden Händen und die Drohne auf der flachen Hand eines Mitreisenden startest du das Gerät am einfachsten über das Smartphone Display. Meist haben wir Wetterglück. Auf den Gipfeln braucht's trotzdem eine Windjacke, denn der Höhenwind ist unser steter Begleiter. Und die Drohne schwebt trotzdem stabil in der Luft. Ich bin erstaunt. Fliegst du sie bei stärkeren Windstärken kanns schon mal vorkommen, dass du eine Windwarnung angezeigt bekommst. Handelt es sich um eine massivere Drohne wie die Mavic Pro oder Phantom, passiert's später.

Nicht nur über hohe Felskanten, sondern auch über dem Meer gelingen uns einzigartige Aufnahmen. Anfänglich traue ich mich kaum, damit über den endlos tiefen Ozean zu fliegen. Skipper Thomas aus Tschechien macht mir etwas Angst, wenn er von miterlebten Drohnen-Wasserausflügen erzählt: «Ach, wäre nicht die erste Drohne auf dem Meeresgrund, die mit mir in See gestochen ist.»

Mit der Zeit aber gewinne ich so starkes Vertrauen in das Gerät, dass auch das kein Problem mehr darstellt. Einzig bei fahrendem Katamaran entscheide ich mich dagegen, die Drohne steigen zu lassen. Einige Gedanken zum per GPS festgesetzten Start und Landepunkt sowie dem sich bewegenden Schiff bringen mich dazu, die Drohne auf sicherem Untergrund stehen zu lassen. Zu gross das Risiko und meinem Chef wollte ich eine versenkte Drohne nicht beichten.

Bildqualität

Meist ist die Bildqualität der DJI-Drohnen out of the box nicht die beste. Zu satte Farben, hohe Kontraste und ein überschärftes Bild. Gerade in Norwegen angekommen beziehen wir eine Lodge. Später gehts zu acht auf den Katamaran. Während Leoni und Beni Abendessen einkaufen, langweilen Marius und ich uns und spielen mit der Drohne. Nach einigen Tests und Vergleichen von Profilen, empfehlen wir dir diese Einstellungen:

  • 4k 25fps
  • D-Cinelike Farbprofil (D-Log ist bei der Air leider nicht verfügbar)
  • Sharpnes -2 (Im Menu als weisses Dreieck dargestellt)
  • Kontrast -1 (Im Menu als Schwarz/Weisser Kreis dargestellt)
  • Sättigung 0 (Im Menu als Viereck mit Schwarz/Weiss Verlauf dargestellt)

Hältst du dich an diese Einstellungen und bearbeitest die Videos anschliessend in einem Farbbearbeitungsprogramm, liegen qualitativ gute Videos drin. Falls dir das alles zu viel Aufwand ist, und du deine Clips sowieso nur für Instagram und co. verwendest, ist auch das Standardprofil ganz ok. Qualitätsunterschiede zur Mavic Pro oder der noch teureren Phantom 4 Pro mit grösserem Sensor sind aber deutlich sichtbar.

Schöne Aussichten

Mit 70 km/h über die Berge

DJI gibt eine Flugzeit von 21 Minuten an. Das scheinen Laborwerte zu sein. Der längste Flug in Norwegen hat sich um die 15 Minuten bewegt. Danach musste ich landen. Die doch grosse Differenz ist sicher auch den kühlen Temperaturen im Norden zu verschulden. Akkus verlieren an Kapazität, wenn es kalt ist. Die Viertelstunde reicht uns aber meist und mit insgesamt drei Akkus im Fly-More Bundle kommst du auch so auf 45 Minuten.

Auf der Fernbedienung findest du einen mit «Sport» bezeichneten Schalter. Legst du diesen um, geht die Mavic Air ab wie eine Rakete. Schöne Aufnahmen liegen nicht mehr drin, dafür steuerst du schon fast eine Race-Drohne über die Fernbedienung. Ich habe bei günstigen Verhältnissen 69.1 km/h erreicht. Flugspass ist garantiert und Vögel die keine freude an der Drohne haben, kann ich so auch entkommen.

Gibt es denn da auch Mängel?

Ja, wenn ich auf hohem Niveau klage, gibt es einige Mängel.

Daten können vom 8GB grossen internen Speicher oder der SD-Karte direkt von der Drohne über einen USB-C-Anschluss auf den PC übertragen werden. Die Fernbedienung wird aber über einen Micro-USB-Anschluss geladen. Hä? Wieso nicht einfach ein paar Dollar mehr für den neuen Standard ausgeben und USB-C, den Einer-für-Alles-Anschluss gleich überall verwenden? Jetzt hat DJI einfach einen Dongle beigelegt, der schnell verloren geht. #donglelife.

Der Hersteller gibt eine maximale Reichweite von 4 Kilometer an. In Norwegen haben wir 2.6 Kilometer geschafft. Auf offenem Feld geht das gerade noch so. Sobald ein Hügel oder ein anderes Hindernis im Weg ist, kommt es zu Verbindungsabbrüchen. Nicht selten tritt die Drohne dann den Heimflug an. In der Schweiz, mit mehr Hindernissen, dürften Verbindungsunterbrüche zunehmen. Wenn du den Vorgang nicht abbrichst, landet sie an der per GPS festgesetzten Startposition. Da hast du mit der Mavic Pro den treueren Begleiter.

Keine Ausreden

Hast du schon immer mit dem Kauf einer Drohne geliebäugelt und wusstest nicht welche? Die Mavic Air kann ich jedem Empfehlen, der ein fortgeschrittenes Fluggerät will, mit guter Bildqualität. Und die Ausrede sie nicht dabei zu haben, gilt nicht. Zu handlich ist die kleine Air aus dem Hause DJI.

Möchtest du aber doch lieber noch etwas mehr Zeit in die Farbbearbeitung stecken und nochmals deutlich bessere Videoqualität haben, lohnt sich ein Blick in Richtung DJI Phantom 4 Pro oder das warten auf eine Mavic Pro II. Gerüchte versprechen viel. Ich behaupte aber, dass die allermeisten Hobbypiloten mit der Air glücklich werden. Formfaktor, Flugeigenschaften und eine für die Grösse gute Kamera sind ein super Paket.

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Als Multimedia-Produzent ist es für mich eine Selbstverständlichkeit, Inhalte auf vielfältige Art und Weise aufzubereiten. In meiner Freizeit zieht es mich in die Berge, sei es zum Skifahren, Mountainbiken oder Wandern. Und natürlich habe ich meine Kamera immer griffbereit, genauso wie meine FPV-Drohne. 


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