

Die Fussball-EM: 11 Spieler, 11 Typen – 11 Produkte

Da das (Sport)Jahr 2016 vor den olympischen Sommerspielen in Rio voll im Fokus der Fussball-Europameisterschaft steht, muss ich mich diesbezüglich auch zu Wort melden. An alle faulen Anti-Sportler, keuchenden Fitness-Hater und Vollblut-Gegner von bewegungsintensiven Freizeit-Aktivitäten: Gebt mir eine Chance, euch literarisch zu fesseln. Also, bitte nicht wegklicken, sondern weiterlesen.
Was haben Elektronik-Artikel und Fussballer gemeinsam? Beide haben einen On-Off-Button und sind ohne Fernbedienung kaum zu gebrauchen. Sorry, kleiner Scherz – lockert die Stimmung. In diesem Blog möchte ich euch mithilfe der nachfolgenden Zeilen illustrieren, wie das digitale Zeitalter die menschliche Rasse nach und nach erfolgreich ersetzen und zu ganz und gar nutzlosen Marionetten verkommen lassen wird.

Als Sportler, Fussball-Aficionado und passionierter (Unihockey-)Coach entscheide ich mich in diesem Falle für den Rasenballsport als taktisches Erläuterungs-Hilfsmittel und den «Tannenbaum», d.h. ein klassisches 4-3-2-1, als Basis. An die geschätzten Damen (ohne euch geht – wie immer – nichts): Das ist eine Aufstellung bzw. ein Spielsystem im Fussball und leider nicht der Countdown zum nächsten Zalando-Sale.
Torhüter: «The Wall»
An diesem Monstrum kommt keiner vorbei: Beinahe zwei Meter Bilddiagonale lassen die Ronaldos und Messis dieser Welt verzweifeln. Ich musste drei- bis viermal hinsehen, um erkennen zu können, dass es sich hierbei tatsächlich um ein elektronisches Gerät zur Darstellung und Wiedergabe von Video- und Audio-Inhalten handelt und nicht um eine Torwand. Die gibt's übrigens bei Galaxus.

Linker Innenverteidiger: «Die Blutgrätsche»
Dank dem knallharten Innenverteidiger und angsteinflössenden Linksfuss wird der eben erwähnte Goalie per se überflüssig: Die Grätsche haut nämlich selbst die bodenständigste Eiche gnadenlos um! Die Over-Ear-Kopfhörer stehen dem in nichts nach und pusten mit fetten Beats und markerschütternden Klängen jeden Angreifer vom Feld. Oder frei nach Gandalf, dem Grauen: «You shall not pass!»
Rechter Innenverteidiger: «Der Schrank»
Misst sage und schreibe 195 Zentimeter und ist schlichtweg unüberwindbar: Da nützt auch das ausgeklügeltste Passspiel nichts, Tiki-Taka am Ar***! Steht ausserdem grundsolide und fest verankert. Vielleicht erinnerst du dich an den ersten Abschnitt dieses Artikels? Beinahe unmöglich zu erkennen, ob ich hier nun vom kalten, reglosen Produkt oder dem sensiblen, menschlichen Wesen spreche.
Linker Aussenverteidiger: «Der Flügelflitzer»
Schnell wie der Wind spurtet er an dir vorbei – leider, leider nicht derart leise. Nein, eher laut und unüberhörbar, wie ein schnaubendes Pferd kurz vor dem letzten Abendmahl. Nebst der überragenden Geschwindigkeit sind auch die inneren Werte von einem anderen Stern: Speicherplatz ohne Ende, damit jede geniale Flanke, jeder Rush und jedes Dribbling sorgfältig archiviert und für die Nachwelt aufgehoben werden kann.
Rechter Aussenverteidiger: «Der Analytiker»
Dieser Mann hat ein Auge für jedes Detail – er erkennt Gefahren, bevor sie entstehen und hat für jede noch so aussichtslose Situation eine Lösung in petto. Experten berichteten bereits davon, dass da etwas sehr Merkwürdiges vorgehe – sein Blick sei wie kein anderer. Das Ganze wurde umschrieben, als stünde man mitten in einem James-Bond-Streifen: Begriffe wie Laser-Augen, Scanner-Blick oder Google-Glaser fielen des Öfteren.
Linker Mittelfeldspieler: «Die Niete»
Ja, leider gibt es ihn auch, sogar in den allerbesten Mannschaften. Seine durchsichtigen Pässe wirken mehr als nur telefoniert und können vom Gegner problemlos gelesen und abgefangen werden. Er besitzt ausserdem die Aufmerksamkeitsspanne einer Fliege, hängt in den Trainings ständig am Smartphone und befindet sich mental meist in einer völlig anderen Sphäre. Die Vereinsführung wird ihn trotz täglicher Anrufe nicht mehr los.
Defensiver Mittelfeldspieler: «The Brain»
Das Zentrum der Macht, Schaltzentrale und Herr der Stadien: Ohne ihn läuft gar nichts. Er verteilt die Bälle wie kein Zweiter und ist als Kern der ganzen Mannschaft schlichtweg unerlässlich. Egal, wo's brennt, er ist da und hilft. Ackert, rennt und kämpft wie ein Stier, defensiv wie offensiv. Eigentlich hat ein Fussball-Team ja 11 Spieler – dank ihm sind es oft noch zwei bis drei weitere Akteure.
Rechter Mittelfeldspieler: «Der Hitzkopf»
Wer kennt ihn nicht? Den Typen, der im falschen Moment etwas Falsches sagt oder macht. Er provoziert und polarisiert, wann immer möglich. Aufbrausend, leicht reizbar und im Besitz eines unflätigen Wortschatzes, der seinesgleichen sucht, ist er für alles zuständig, was nicht direkt mit Fussballspielen zu tun hat. Nichtsdestotrotz ist er immer genau dann zur Stelle, wenn die eigenen Spieler niedergestreckt oder vom Unparteiischen schlecht behandelt werden – ein echter Goldschatz eben.
Linker offensiver Mittelfeldspieler: «The Tank»
Ihm stellt man sich besser nicht in den Weg, denn rücksichtslos und auf eine äusserst brutale Art und Weise mäht er alles nieder. Ein Hüne, der technisch meist etwas weniger versiert ist als andere Protagonisten auf dem Platz, aber dennoch zu begeistern weiss. Seine gefährlichen Attacken direkt auf den Mann lassen den Zuschauern das Blut in den Adern gefrieren und die Gegenspieler vor Ehrfurcht erstarren. Ein Must-have für jede Equipe!
Rechter offensiver Mittelfeldspieler: «Der Panzerknacker»
Die Offensive in Person – Angriffsfussball in seiner schönsten Form, praktiziert und perfektioniert vom absoluten Topcrack. Dieses Genie knackt mit seinen präzisen Pässen, den pfeilschnellen Antritten und den hammerharten Abschlüssen auch die sattelfesteste Abwehr. Kompromisslos, elegant und überragend sind nur einige wenige Attribute, die diesen Spezialisten zu umschreiben vermögen.
Stürmer: «Der Vollstrecker»
Der Tod auf zwei Beinen: Er verkörpert diejenige Person, die man sich entweder in die eigene Mannschaft oder ans andere Ende der Welt wünscht. Schafft es der Ball bis zu ihm, ist das Ende nah und die Katastrophe unausweichlich. Zu umsichtig agiert er, um gefoult werden zu können, zu präzise sind seine Schüsse, um dagegen zu halten und zu gutaussehend präsentiert er sich, um ausser Acht gelassen zu werden.
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Wenn ich nicht gerade haufenweise Süsses futtere, triffst du mich in irgendeiner Turnhalle an: Ich spiele und coache leidenschaftlich gerne Unihockey. An Regentagen schraube ich an meinen selbst zusammengestellten PCs, Robotern oder sonstigem Elektro-Spielzeug, wobei die Musik mein stetiger Begleiter ist. Ohne hüglige Cyclocross-Touren und intensive Langlauf-Sessions könnte ich nur schwer leben.