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Condor am MWC: China in Afrika?

Eine Marke aus Algerien präsentiert am Mobile World Congress in Barcelona ein Smartphone, das etwas mehr als ein durchschnittlicher Monatslohn im Land kostet. Das stösst sauer auf und zeigt ein recht hässliches, wenn auch unscharfes Bild der algerischen Wirtschaft. Zudem kommt der Verdacht auf, dass China involviert ist.

Der Stand sieht schick aus. Weiss mit grau, eine grosse Videoleinwand und nett aussehende Attendants. Das ist der Stand des algerischen Smartphone-Herstellers Condor, der vor wenigen Tagen sein neues Flaggschiff vorgestellt hat.

Das ganze lässt aber einen etwas schalen Nachgeschmack.

Die demokratische Volksrepublik Algerien ist nicht als Technologiemetropole bekannt. Algerien exportiert Gas nach Europa und verfügt über das 16.-grösste Erdölvorkommnis auf der Welt. Smartphones passen da nicht so recht rein.

Der algerische Hersteller Condor will das ändern. Mit seinen Android-Smartphones will Condor die Welt erobern. Derzeit macht Condor Geschäfte in einigen afrikanischen Ländern wie Benin, Marokko und Tunesien. Dazu noch Frankreich. Damit will sich Condor aber nicht zufrieden geben. Der Besuch am Mobile World Congress mit schickem Stand soll das Tor zur Welt öffnen.

Das Gerät, das es Condor erlauben soll weitere Länder zu erschliessen ist das Allure M2. Am Stand wird das Phone, das sowohl in schwarz, wie auch gold kommt, prominent ausgestellt. Im hinteren Bereich stehen noch andere Phones, aber die werden kaum beachtet. Die grosse Videowand am Stand zeigt ein kleines Fimenprofil und viel vom Allure M2.

Das Hands-on: Das ist nicht Algerien, oder?

Die Specs des Condor Allure M2 klingen gut:

  • 6 Zoll Bilddiagonale
  • Doppelkamera hinten: 13 Megapixel und 5 Megapixel
  • Doppelkamera vorne: 20 Megapixel und 8 Megapixel
  • F-Stop vorne: f/2.0 und f/2.4
  • MediaTek Helio P25 Octa Core System-on-a-Chip
  • 4 oder 6 GB RAM
  • 64 oder 128 GB interner Speicher
  • 4010 mAh Akku

Bei der Durchsicht der Specs fällt auf, dass es sich kaum von den etwas prestigeträchtigeren No-Name-Phones aus Shenzhen unterscheidet. Krass klingende Kamera-Specs, verhältnismässig durchschnittliche RAM, grosser Akku und vor allem ein MediaTek-Prozessor. Es gibt nicht das eine Feature, das irgendwie nach China zeigt, aber das Paket ist generisch genug, dass der Verdacht aufkommt, dass da nicht viel Algerien drinsteckt.

Bei der Nutzung des Geräts wird das noch klarer. Die Android-Distro auf dem Allure M2 ist so generisch, wie sie nur werden können. Mit all den pastellfarbenen und iPhone-inspirierten Elementen, die in generischen Shenzhen-Distros gefunden werden können.

Auch wenn die Videowand am Stand glückliche algerische Arbeiter in einer Condor-Fabrik zeigen, so bezweifle ich stark, dass Research und Development in Algerien passieren. Es ist möglich, dass die Geräte in Algerien gebaut werden. Doch alles andere riecht stark nach China.

Das Problem mit dem Allure M2

Das Condor Allure M2 ist eigentlich unbemerkenswert

Aber: Das Lohnniveau hat sich stark verbessert. Kein Wunder, denn 2002 noch befand sich das nordafrikanische Land im Bürgerkrieg, was der Wirtschaft ausserhalb des Militärsektors – der immer noch 32 Prozent der Arbeiter im Land beschäftigt – wohl nicht gerade dienlich war.

Alle diese Rechnungen sind überschlagsmässig angestellt und daher so Handgelenk mal Pi korrekt. Aber das Bild ist klar. Das Allure M2 ist nicht für jeden Algerier gemacht. Oder für jeden Menschen in Benin, da das Land regelmässig auf den Listen der ärmsten Länder der Welt auftaucht.

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


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