
Hintergrund
Wie sich Formfaktor und Layout auf die Tastatur auswirken
von Kevin Hofer
Mit der Q1 HE erweitert Keychron die Q-Serie um Hall-Effekt-Switches. Damit eignet sie sich hervorragend zum Zocken und bewahrt gleichzeitig ihre restlichen Qualitäten.
Keychron ist mittlerweile bei uns im Shop eine etablierte Marke. Die Q1 machte 2022 den Anfang. Die hervorragende Verarbeitungsqualität und die Individualisierungsmöglichkeiten waren damals einzigartig. Dass die Tastatur auch im CH-Layout kam, war für viele das Tüpfelchen auf dem i.
Mittlerweile hat die Q1 diverse Neuerungen erfahren. Etwa Bluetooth und bei der Pro-Version standardmässig eine Polycarbonat- statt Stahl-Deckplatte. Die Max-Version fügte Wireless per 2,4-GHz-Funk und zusätzliches Dämmmaterial hinzu. Die neue HE kommt jetzt mit Hall-Effekt-Schalter. Bei diesen kannst du die Auslöse- und Reset-Punkte individuell festlegen. Wenn du zockst, ist das eine hervorragende Neuerung.
In der Q1 HE sind standardmässig Nebula Switches von Gateron verbaut. Die linearen, analogen Schalter lösen magnetisch aus. Das funktioniert so: Unter dem Stem ist ein Magnet platziert. Der nähert sich durchs Herunterdrücken dem leitenden Element, dem Sensor, der sich auf der Platine befindet. Je kürzer die Distanz zu diesem, desto höher die elektrische Spannung. Die wird gemessen, wodurch die Entfernung des Magneten zum Sensor exakt berechnet werden kann. Im Falle der verbauten Switches lässt sich der dafür nötige Tastenhub zwischen 0,2 und 3,8 Millimetern einstellen.
Die Einstellungen nehme ich in der Launcher App vor. Dabei handelt es sich um ein browserbasiertes Programm. Hier stelle ich die Auslöse- und Reset-Distanz ein. Zusätzlich kann ich noch Rapid Trigger aktivieren. Dadurch wird sofort ausgelöst, wenn ich drücke und sofort deaktiviert, wenn ich die Taste loslasse. Das kann dir in Spielen einen entscheidenden Vorteil verschaffen. Weiter lassen sich auch mehrere Befehle pro Tastendruck definieren und verschiedene Empfindlichkeitseinstellungen vornehmen.
Ich habe keine Möglichkeit zu messen, wie exakt die Switches auf den verschiedenen Einstellungen auslösen. Meinem Gefühl nach stimmen sie. Das bestätigen auch Tests von Rtings. Zum Auslösen ist ein Kraftaufwand von 40 bis 60 Gramm nötig.
Insgesamt machen die Schalter einen sehr guten Eindruck. Weil sie geschmiert sind, laufen sie geschmeidig und hören sich gut an.
Wie bereits die anderen Q-Serie-Modelle ist die Q1 HE eine sogenannte Gasket-Mount-Tastatur, oder auf Deutsch: dichtungsmontiert. Dabei wird die Platine inklusive Deckplatte, worauf die Taster stecken, zwischen Ober- und Unterteil des Gehäuses geklemmt. Für Halt und das flexible Tippgefühl sorgen Dichtungen aus Polyurethan-Schaumstoff oben und unten. Bei der Deckplatte setzt Keychron auf Aluminium.
Der Formfaktor der Q1 HE ist 75 Prozent. Gegenüber einer Vollformattastatur verzichtest du auf den Nummernblock und ein paar Navigationstasten.
Wie die meisten Tastaturen aus Aluminium hat die Q1 HE einen fixen Tippwinkel. Der beträgt 5 Grad. Vorne ist die Q1 22,6 Millimeter hoch. Falls du dir flache Tastaturen gewohnt bist, bietet Keychron passende Handballenauflagen.
Ich habe die US-Version der Tastatur zum Testen erhalten. Die CH-Version soll ab November erhältlich sein. Bei den Farben stehen Carbon Black und Shell White zur Auswahl. Die Qualität des CNC-gefrästen Gehäuses sowie des Eloxals sind sehr gut. Aufgrund der verwendeten Materialien wiegt die Tastatur mit Switches und Keycaps etwas über 1700 Gramm. Dank der Einbuchtungen auf der Seite lässt sie sich dennoch leicht anheben und verschieben.
Das Tippgefühl auf der Q1 HE ist sehr gut. Wenn ich die Taster durchdrücke, gibt die ganze Konstruktion leicht nach. So ermüde ich einerseits weniger schnell, andererseits fühlt sich das Tippen dadurch organischer an. Die Tastatur reagiert mit Bewegungen auf meine Eingaben.
Im Gegensatz zur ursprünglichen Q1 passt auch die Akustik. Dies erreicht Keychron einerseits durch mehr Dämmmaterial und andererseits durch Silikon-Dichtungen zwischen Ober- und Unterteil des Gehäuses. Das sogenannte Force Break Mod eliminiert das helle Ping-Geräusch der Q1.
Mehr Arbeit bräuchten weiterhin die Stabilisatoren. Jene Dinger, die dafür sorgen, dass die langen Tasten gleichmässig heruntergedrückt werden. Sie klappern und ticken trotz Schmiere. Immerhin kannst du sie dank Hot Swap einfach modden oder austauschen.
Top sind die Tastenkappen, die im Doppelguss-Verfahren hergestellt werden. Dabei werden zuerst die Beschriftungen aus PBT-Kunststoff gegossen und danach die Kappe selbst. Dadurch verblassen die Legenden nie. Das verwendete PBT scheint qualitativ gut, ich kann die Wände der Kappen kaum zusammendrücken.
Die Tastatur ist mit Mac und Windows kompatibel. Über einen Schalter auf der Rückseite links aktiviere ich das entsprechende System. Gleich daneben befindet sich der USB-C-Port für die Verbindungen mit dem PC. Der Lieferumfang der Q1 HE beinhaltet Tastenkappen für Mac und Windows. Nebst der Tastatur ist ein USB-Kabel zum Anschliessen und Laden, ein Tastenkappen- und Taster-Zieher zum Entfernen der Komponenten sowie Werkzeug zum Aufschrauben im Lieferumfang. Der Dongle inklusive Extender für die Drahtlosverbindung liegt ebenfalls bei.
Einmal voll laden dauert ungefähr fünf Stunden. Bei Betrieb mit Bluetooth und ausgeschalteter Beleuchtung hält der verbaute 4000 mAH Akku bis zu 100 Stunden durch. Bin ich per 2,4 GHz angebunden und habe die Beleuchtung am hellsten eingestellt, sind es um die 30 Stunden.
Tastenkappen-Zieher und Werkzeug erfüllen ihren Zweck. Wenn du planst, die Switches häufiger zu tauschen, würde ich dir aber einen anderen Switch-Zieher empfehlen. Mit dem mitgelieferten ist es ein Graus, die Taster zu entfernen.
Die Q1 HE ist mit der Launcher App und QMK kompatibel. QMK steht für Quantum Mechanical Keyboard. Das ist ein Open Source online Tool, mit dem du Firmware für kompatible Keyboards machst. Vereinfacht gesagt, programmierst du damit Tastenbelegungen, Makros und die Beleuchtung deiner Tastatur. Danach spielst du diese auf die Tastatur mit der neuen Firmware. Die Launcher App macht dasselbe wie QMK, du musst die Firmware aber nicht immer auf die Tastatur spielen.
Neben den bereits erwähnten Einstellungen der Hall-Effekt-Schalter kann ich die Tastenbelegung anpassen, die Firmware aktualisieren und Makros sowie Beleuchtung definieren. Apropos Beleuchtung: Die ist weniger hell als bei Gaming-Keyboards. Das hängt einerseits damit zusammen, dass die Tastenkappen kein Licht durchlassen. Andererseits scheint die Beleuchtung unten an den Switches durch. Bei Gaming-Keyboards ist oben üblich, wodurch das Licht vor allem shine through Keycaps besser ausleuchtet. Dennoch ist die Beleuchtung der Q1 HE befriedigend.
Insgesamt lassen QMK und Launcher App keine Wünsche offen. Sie sind übersichtlich aufgebaut und zuverlässig.
Die Q1 HE verbessert die ursprüngliche Q1 an entscheidenden Stellen und erweitert sie um Hall-Effekt-Switches. Die exzellente Verarbeitungsqualität und die tolle Performance für Office und Gaming machen sie zu einer herausragenden Tastatur. Einziger Wermutstropfen sind die Stabilisatoren, welche unbedingt gemoddet oder ersetzt werden müssen. Sonst klappern sie störend.
Günstig ist die Q1 HE nicht und du musst gewillt sein, so viel Geld für eine Tastatur auszugeben. Sie kostet mehr als die Pro- oder Max-Version, was sich durch die Hall-Effekt-Schalter rechtfertigt. Deshalb finde ich den Preis in Ordnung.
Pro
Contra
Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.