Shift Up
Kritik

«Stellar Blade» im Test: ein fulminantes Action-Feuerwerk in einem einzigartigen Sci-Fi-Setting

Mit «Stellar Blade» ist dem kleinen koreanischen Studio Shift Up der ganz grosse Wurf gelungen. Das bis anhin für Mobile-Games bekannte Unternehmen liefert ein fulminantes Action-Feuerwerk ab, das sich vor den grössten und teuersten AAA-Games nicht verstecken muss.

Solche nervenaufreibenden Kämpfe erlebe ich in «Stellar Blade» am laufenden Band. Mit der übermenschlichen Protagonistin Eve metzle ich mich in knappen Kleidern und mit stylischen Moves durch Horden von Alien-Monstern. Das spektakulär inszenierte PS5-Exklusivspiel hat dank zahlreicher Inspirationsquellen aber weit mehr zu bieten als nur Gewalt und nackte Haut.

Eine ästhetische Sci-Fi-Welt mit melancholischer Atmosphäre

Ich liebe die Sci-Fi-Welt, die Shift Up in «Stellar Blade» erschaffen hat. Das Spiel erzeugt eine spezielle melancholische Atmosphäre und fasziniert mich durch grosse stilistische Kontraste.

In der fernen Zukunft lebt die Menschheit – oder das, was von ihr übrig ist – nicht mehr auf der Erde. Stattdessen haben sich die Überreste der menschlichen Zivilisation in einer Weltall-Kolonie niedergesetzt. Der Grund dafür sind menschenfressende Monster, Naytibas genannt, die sich auf der Erde verbreitet haben. Ein kleiner Teil der Menschheit wurde zurückgelassen und hat sich in der letzten verbliebenen Stadt der Erde, Xion, verschanzt.

Die Protagonistin Eve wird von der Kolonie als Teil einer Armee von übermenschlichen Kriegerinnen auf die Erde geschickt. Das Ziel: den blauen Planeten von der monströsen Invasion befreien.

Begleitet wird Eve auf ihrer Reise durch die postapokalyptische Welt von Adam und Lily, zwei Bewohnern Xions. Die Dialoge und Interaktionen zwischen den drei Protagonisten sind bisweilen etwas hölzern und fühlen sich erzwungen an. Auch die Story haut mich, bis auf ein paar Plot-Twists, nicht vom Hocker. Das stört mich aber nicht. Die Stärken spielt «Stellar Blade» nicht im Storytelling, sondern im Worldbuilding aus.

Ich bin immer wieder überrascht, mit welch kreativen und ungewöhnlichen Settings mich das Spiel konfrontiert. Die Spielumgebungen strotzen nur so vor Atmosphäre und Geschichte. An jeder Ecke erfahre ich etwas mehr über die Welt. Mal durch auf Memory-Sticks gespeicherten Erinnerungen gefallener Soldaten und mal durch beiläufige Gespräche mit Adam und Lily, die mich via ferngesteuerter Drohne begleiten.

Schöne Menschen und hässliche Monster

Passend zu den ästhetisch ansprechenden Spielumgebungen punktet das Game mit wunderschönen Charaktermodellen, die wie eine Mixtur aus verschiedenen Inspirationsquellen aussehen.

Besonders beeindruckend sind die kleinen Details. In Nahaufnahmen sehe ich Unebenheiten auf der Haut, kleinste Härchen und realistische metallische Texturen.

Die reizvolle Darstellung von Eves Körper erzeugt einen interessanten Kontrast zu den unglaublich grotesken Naytiba-Monstern, die ich in «Stellar Blade» niedermetzle. Die hässlichen Viecher erinnern mit ihrer blassen Haut und den roten Innereien an den Demogorgon aus «Stranger Things». Sie wirken in der ultra-ästhetischen Welt von «Stellar Blade» wie Fremdkörper.

Die Naytibas kommen in vielen Formen. Mal kämpfe ich gegen verrottete Zombie-Wesen, mal gegen riesige, mutierte Insekten oder hässliche Tentakel-Monster mit Tausenden von Zähnen. Wenn Eve in ihrem hautengen Outfit vor wunderschöner Kulisse ein solches Scheusal zu Matsch verarbeitet, verschmelzen diese widersprüchlichen Elemente zu einem stimmigen Gesamtbild.

Kampfsystem von Soulslikes inspiriert

Insgesamt ist das Kampfsystem sehr gelungen. «Stellar Blade» erfindet das Rad nicht neu. Stattdessen bedient es sich bei Systemen bekannter Genre-Grössen und fusioniert diese zu seiner ganz eigenen Mixtur zusammen. Besonders beeindruckt bin ich von den spektakulär inszenierten Bosskämpfen. Aber auch das Niedermetzeln von kleineren Naytibas macht nach dem gefühlt tausendsten Mal immer noch Spass.

«Stellar Blade» mutiert zu einer wilden Genre-Mixtur

Auch das Leveldesign in «Stellar Blade» bedient sich Ideen anderer Games. Den Grossteil meiner Spielzeit verbringe ich in relativ linearen, aber spannend designten Levels, in denen es viel zu entdecken gibt. Versteckte Areale mit spannenden Lore-Infos, seltenen Items und sammelbaren Gegenständen motivieren mich, jeden Quadratmillimeter gründlich zu untersuchen. Eine praktische Scan-Funktion von Adams ferngesteuerter Drohne hilft mir beim Erforschen der Umgebungen.

In den Levels grosszügig verstreut sind zudem Lagerfeuer, an denen ich mich erholen und mein Inventar, namentlich Tränke und Munition, nachfüllen kann. Wie in Soulslike-Games typisch, respawnen alle Gegner im Level, nachdem ich ein Lagerfeuer aktiviert habe. Die Camps dienen auch als Checkpoints, an denen ich nach einem Ableben einen neuen Versuch starte.

Ebenfalls mittelmässig spannend sind die meisten Nebenquests, die ich in Xion annehmen kann. Diese führen mich oftmals in die zwei offenen Spielgebiete und funktionieren nach dem Schema: gehe zu Standort X und bring mir Item Y zurück. Schade, hier wäre mehr drin gewesen.

Die Musik, oh mein Gott, die Musik!

Besonders loben muss ich den Soundtrack des Spiels, der irgendwo zwischen K-Pop und Elektro zu verorten ist. Auch hier sind Parallelen zu «Nier: Automata» deutlich spürbar – kein Wunder, denn Game Director Kim Hyung-Tae ist bekennender Fan von Yoko Taros Werken.

Die Musik unterstreicht die einzigartige Atmosphäre des Spiels perfekt. Beim Erkunden der Spielwelt werde ich von angenehm ruhigen Ambient-Liedern mit Pianoklängen begleitet, auf denen eine sanfte Frauenstimme melancholische Melodien singt. In Kämpfen gegen die Naytiba eskaliert die Hintergrundmusik mit härteren elektronischen Klängen und hektischerem Gesang. Achtung, Ohrwurmgefahr:

Bei Bosskämpfen werde ich mit völlig unerwarteten Genre-Mixen überrascht. Mal pumpt epische Orchester-Musik Adrenalin durch meinen Körper und mal entzückt mich das Game mit absolut verrückten Rock-Opera- und Hip-Hop-Beats. Ich kann mich nicht erinnern, wann mich ein Soundtrack eines Games das letzte Mal so begeistert hat.

«Stellar Blade» erscheint am 26. April für die PS5. Das Spiel wurde mir zu Testzwecken von Sony zur Verfügung gestellt.

Fazit

Ein Action-Feuerwerk mit aussergewöhnlichem Setting

Mit «Stellar Blade» zündet Entwicklerstudio Shift Up ein fulminantes Action-Feuerwerk. Es vermischt zahlreiche Elemente anderer Genrevertreter und genrefremder Werke zu einem einzigartigen Gesamtkunstwerk. Die Ästhetik der Sci-Fi-Welt und der übersexualisierten Protagonistin wird mit ultrahässlichen und visuell hervorragend designten Gegnern kontrastiert. Der traumhafte Soundtrack unterstreicht die melancholische Atmosphäre der desolaten Sci-Fi-Welt perfekt. Grafisch sieht das Game mit ein paar wenigen Ausnahmen exzellent aus und gehört zu den hübscheren Spielen auf der PS5.

Das Kampfsystem ist schnell, flüssig und intuitiv. Auch abseits der spektakulär inszenierten Kämpfe gibt es mit Ausflügen in andere Genres viel zu entdecken. Die frustrierenden Plattformer-Passagen, die mässig spannenden Nebenquests und die grösstenteils leeren offenen Spielgebiete trüben den sonst fantastischen Gesamteindruck ein wenig.

Pro

  • Hervorragender Soundtrack
  • Schnelles, flüssiges und intuitives Kampfsystem
  • Wunderschöne Sci-Fi-Welt mit melancholischer Atmosphäre

Contra

  • Mittelmässige offene Spielgebiete und Nebenquests
Titelbild: Shift Up

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Meine Liebe zu Videospielen wurde im zarten Alter von fünf Jahren mit dem ersten Gameboy geweckt und ist im Laufe der Jahre sprunghaft gewachsen.


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