

1000 Raspberry Pi (und warum das 7”-Display ausverkauft war)

Bei Digitec Galaxus machen wir Dinge gerne selbst. Dass man dabei manchmal einen langen Atem braucht, beweisen die Showroom-Displays. Eine Geschichte über Engineering bei Digitec Galaxus und hunderte Raspberry Pi.
8 Filialen mit Showroom. Jede Filiale braucht 105 Stück. Versenkt in den Tischen, auf denen die ausgestellten Produkte liegen, sollen die Showroom-Displays mehr Informationen zum Produkt anzeigen. Sämtliche 840 (bitte gerngscheh) Bildschirme haben wir kürzlich aufgerüstet.
Zu sehen gibts darauf: dasselbe wie zuvor. Keine Sensation. Sorry. Nur ein Erfahrungsbericht, wie man mit Tatendrang und Ausdauer gute Lösungen findet.
Wenn du einen Blick hinter die Kulissen von Digitec Galaxus werfen möchtest und wissen willst. was das alles mit dem Raspberry Pi zu tun hat, dann bist du bei Cornelia Hauri richtig. Cornelia ist Projektleiterin bei Digitec Galaxus und lacht zufrieden, als ich sie auf das Projekt anspreche. Nach über zwei Jahren ist es erfolgreich abgeschlossen. Aber der Reihe nach.
Erster Anlauf: Tablets
Am Anfang stand vor einigen Jahren das neue Showroom-Konzept. Auf massgeschneiderten Tischen werden Geräte zum Anfassen ausgestellt. Nebst den Ausstellungsstücken sollte auf jedem Tisch ein Display aktuelle Informationen, Preise und Bewertungen aus der Community anzeigen.
In jedem Tisch wurde ein Tablet untergebracht. Es handelte sich um Geräte der ersten Generation. Das funktionierte erstaunlich gut. Leider nur etwa ein Jahr lang: die Tablets waren nicht für den Dauerbetrieb ausgelegt. Bei einem nach dem anderen blähte sich der Akku auf. Die Geräte gaben reihenweise den Geist auf.
In der Zwischenzeit gab es Shops mit Showroom in acht Städten. Und mit mehr Filialen mehr Ausstellungstische. Die Anschaffung von an die tausend Tablets war nicht praktikabel. Eine andere Lösung musste her.
Zweiter Anlauf: ePaper
Es wurde beschlossen, auf ePaper-Displays umzusteigen. David Creel und Tudor Zaharia (Engineering) schufen dafür eigens ein Interface-Board für den Raspberry Pi. Mit zwei Boards konnte ein einzelner Raspi einen Cluster von sechzehn Displays ansteuern.
Das ursprüngliche UI-Konzept sah vor, dass man – wie auf dem Smartphone – per Wischbewegung im Text scrollen konnte. Leider sind ePaper-Displays (genauer: die Flash-Chips zur Steuerung) nicht für häufige Bildwechsel ausgelegt. Eine Überschlagsrechnung ergab, dass sie nach spätestens vier Monaten allesamt kaputt gewesen wären. Ein neues, statisches Design musste entwickelt werden: Wenn nur alle paar Minuten ein Bildwechsel erfolgen würde, hielten die Displays lange genug.
Die Software wurde angepasst und ein Prototyp entwickelt. Bald wurde im ersten Shop hoffnungsvoll ein Pilotversuch gestartet. Die Freude währte nur kurz: binnen einer Woche wurden fünf Geräte von Kunden zerstört – unabsichtlich, natürlich. Es reichte schon, wenn eine ausgestellte Spiegelreflex-Kamera auf dem Display abgelegt wurde. Wie sich herausstellte, waren die eigens angefertigten Plexiglasrahmen zu schwach. Sie gaben bei kräftigem Druck nach und liessen die Displays bersten.
Es folgte eine Durststrecke. Von ePaper ging es zurück zu Paper. Tönt lustiger, als es war: Die Shop-Mitarbeiter mussten wieder jeden Tag aktuelle Informationen und Preise ausdrucken und auf den Tischen verteilen. Der Druck auf das Projektteam stieg gewaltig. Jetzt musste es schnell gehen, sonst durften sie im Shop nicht mehr aufkreuzen.
Dritter Anlauf: Raspberry Pi
Zunächst musste eine neue Halterung entwickelt werden, die stabiler war. Diesmal überliess David nichts dem Zufall: Es kam Metall zum Einsatz und das Design im Simulator getestet. Zur selben Zeit, im September 2015, lancierte Raspberry ein passendes Display zum Pi. Es war mit 7” genau richtig gross, hatte eine gute Auflösung und ein Touch-Interface – perfekt. Zusammen mit der neuen Halterung müsste es diesmal klappen!
Ganz alles ging nicht reibungslos über die Bühne. Der Passepartout – die Plastik-Abdeckung zwischen Tisch und Display – musste aus einem kratzfesten und widerstandsfähigen Kunststoff sein. Insgesamt 5 Anläufe waren notwendig, um das perfekte Material zu finden. Tiefpunkt war für Cornelia, als sie das Päckli mit 1000 Stück öffnete, die durch den Transport allesamt zerkratzt waren. Eine Schweizer Firma lieferte schliesslich die Teile in der gewünschten Qualität.
Im Pilotbetrieb bewährte sich die neue Lösung optisch und technisch: An jedem Tisch werkeln ein Raspberry Pi Model 2, ein 7”-Display und ein 5V-Netzteil. Im Test-Shop gab es innert eines halben Jahres nur einen einzigen Defekt. Obendrein schalten sich die Raspberrys abends selbständig aus und wachen pünktlich zur Ladenöffnung wieder auf. Solide, wartungsarm und günstig – so mögen wirs. Die Lösung konnte in alle Filialen ausgerollt werden.
Zusammengesetzt und installiert wurden die Geräte übrigens von den Shop-Mitarbeiten selbst. Nebst dem Tagesgeschäft wurden in jeder freien Minute alle Tische ausgerüstet. Danke, Leute!
PS: Jetzt wissen die Raspberry-Pi-Fans auch, weshalb das 7”-Display bei digitec.ch monatelang nicht lieferbar war: Wir haben die Bildschirme für die Shops gebraucht. Es tut uns leid! ;)
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Ich bändige das Editorial Team. Hauptberuflicher Schreiberling, nebenberuflicher Papa. Mich interessieren Technik, Computer und HiFi. Ich fahre bei jedem Wetter Velo und bin meistens gut gelaunt.