Produkttest

Sonos Ray im Test: Die Einstiegsdroge funktioniert

Luca Fontana
31.5.2022

Für wen die Sonos Ray bestimmt ist? Das frage ich mich auch. Schliesslich kann sie nichts, was die anderen Sonos-Soundbars nicht auch können. Aber: Sie ist viel günstiger. Und gar nicht mal so schlecht.

Dann ist die Ray also fürs kleine Wohnzimmer? Oder fürs Schlafzimmer? Fürs Büro?

Eben. So viel kann ich vorwegnehmen: Die Sonos Ray taugt. Kommt hinzu, dass sie immer noch zu einem der besten Multiroom-Systeme auf dem Markt gehört.

What’s in the box?

Ich werde dir gleich beschreiben, wie die Ray klingt. Aber zuerst musst du wissen, was überhaupt in der Ray steckt. Das ist wichtiger Kontext. Schliesslich sind es die meist ellipsenförmigen Treiber, die die Luft zum Schwingen bringen und damit Ton von der Box zu deinem Ohr transportieren. Wie sonst willst du meine blumigen Beschreibungen richtig einordnen, gerade bei etwas, das so subjektiv wahrgenommen wird wie Ton?

Die Ray ist also kompakt und bietet für Treiber nur wenig Platz. In nackten Zahlen bedeutet das:

  • Höhe: 71 mm
  • Breite: 559 mm
  • Tiefe: 95 mm
  • Gewicht: 1,95 kg

Das sind beinahe identische Masse wie bei der etwa 40 Prozent teureren Sonos Beam, die ich in meinem Test als «qualitativ hochwertige Soundbar für die kleine (Stadt-)Wohnung, fürs Schlafzimmer oder für den Hobbyraum» bezeichnet habe. Das drückt sich auch darin aus, was unter der Haube der Ray zu finden ist:

Kein Drama, finde ich. Wer im heimischen Wohnzimmer tatsächlich den Unterschied zwischen Atmos und 5.1-Surround heraushört, hört auch, wenn in der Wohnung nebenan die Bettmilbe Schnupfen hat. Solch audiophilen Menschen eine Soundbar anpreisen zu wollen, wäre ohnehin Majestätsbeleidigung an dessen Ohren. Darum: Liebäugelst du mit der Ray, ist der Verzicht auf Atmos ein Abstrich, mit dem du leben kannst.

Filmegucken mit der Ray ist: okay

Zuerst versuche ich die Ray in meinem Wohnzimmer. Das ist recht gross; etwa 35 Quadratmeter. Um zu hören, wie die Ray klingt, habe ich mir eine Szene aus «Ford vs Ferrari» angeschaut. Jene, in der Fahrer Miles auf der Ford-Teststrecke seinen Rennboliden bis an dessen Grenzen bringt – und darüber hinaus.

Ich muss den Test nach 30 Sekunden abbrechen.

Um mein grosses Wohnzimmer ordentlich mit Sound auszufüllen, muss ich die Ray so laut einstellen, dass die ganze Klangkulisse zu einer unerträglichen Lärm-Kakophonie verkommt. Das ist keine Bankrotterklärung Sonos’. Es ist einfach eine Bestätigung, dass die Ray nicht in zu grosse Zimmer gehört. Also neuer Test. Diesmal im etwa halb so grossen Schlafzimmer.

Getestet mit UHD-Blu-Ray, englische Dolby-Atmos-Tonspur. Sämtliche «Ford vs. Ferrari»-Clips kann man leider nur direkt auf Youtube schauen. Sorry für die Unannehmlichkeit.

Das klingt besser. Viel besser sogar. Der Unterschied zu meiner eigenen Sonos Beam, die normalerweise da steht, ist für mich kaum hörbar. Erst, wenn ich zwischen den beiden Boxen hin- und herwechsle, spüre ich bei der Ray etwas weniger «Rumms» als bei der Beam. Kein Wunder: Die Beam hat mehr Treiber, die sich um die mittleren und unteren Frequenzen – dort wo der Bass ist – kümmern. Was die Ray da leistet, kann sich trotzdem hören lassen.

«Okay», denke ich mir, «nicht schlecht.»

Aber: Das sind eben diese Abstriche, die den Preisunterschied rechtfertigen. Es wäre unfair von mir, ein Audio-Wunder zu erwarten. Und es wäre schlecht für Sonos, wenn ich die 700 Franken Preisunterschied zwischen dem Einsteiger- und dem Flaggschiff-Modell nicht hören würde.

Musikhören mit der Ray ist: Oh, richtig gut!

Spoiler: Die Ray übertrumpft die Sonos One.

Ich fange mit Bob Marley an. Der Legende. Niemand hat den Reggae einem weltweiten Publikum so nahe gebracht wie er. Auch, weil seine Plattenfirma stets auf Hi-Fi-Sound-Qualität pochte, um das traditionell eher raue Genre den Massen leichter zugänglich zu machen. «Turn Your Lights Down Low» ist ein perfektes Beispiel dafür. Hör mal:

Achte auf die wunderbar räumliche Aufnahme. Jedes Instrument auf der Klangbühne hat seinen Platz. Seinen Raum. Das Schlagzeug. Die akustische Gitarre im Hintergrund. Der Bass. Die Keys. Marleys Stimme… Die Ray beschreibt all das ohne Probleme, auf gewohnt hohem Sonos-Niveau. Schlechte Lautsprecher können das nicht. Für mich ist das ein Qualitätsmerkmal Sonos’.

Zum Schluss dann noch die volle Dröhnung: «B.Y.O.B.» von System of A Down. Der Song eignet sich vor allem deshalb zum Testen, weil er zahlreiche Passagen hat, in denen er von «sehr laut» auf «sehr leise» wechselt. Eine Herausforderung für die meisten Lautsprecher. Die Ray hat das aber gut im Griff.

Zuerst: Die E-Gitarre. Alleine. Hat fast schon was Bedächtiges. Dann: «You!» Die ganze Band setzt ein. Die Ray lässt Co-Sänger Daron Malakian aus voller Lunge seinen Unmut gegenüber der Welt rausposaunen. Dann kommt Lead-Sänger Serj Tankian dazu. Das Schlagzeug hämmert darauf rein. Der Bass auch. Die Kommode bebt. Ich headbange.

Und plötzlich, bei Minute 0:52: Ruhe. Serj und die restliche Band besingen die Ignoranz der Gesellschaft. Die Töne werden leiser. Die Ray nimmt sich zurück und beweist damit eine gute Balance. Sehr gut.

Fazit: Wer mal Sonos «ausprobieren» will

Und so weiter, und so fort.

Wie gesagt, die günstige Soundbar als Einstiegsdroge. Cleveres Marketing.

56 Personen gefällt dieser Artikel


User Avatar
User Avatar

Ich schreibe über Technik, als wäre sie Kino, und über Filme, als wären sie Realität. Zwischen Bits und Blockbustern suche ich die Geschichten, die Emotionen wecken, nicht nur Klicks. Und ja – manchmal höre ich Filmmusik lauter, als mir guttut.


Audio
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

TV
Folge Themen und erhalte Updates zu deinen Interessen

Produkttest

Unsere Expertinnen und Experten testen Produkte und deren Anwendungen. Unabhängig und neutral.

Alle anzeigen

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren

  • Produkttest

    Sonos Beam Gen 2 im Test: Hat sich das lange Warten gelohnt?

    von Luca Fontana

  • Produkttest

    Der Sonos Move 2: Schwer, aber auch schwer beeindruckend

    von Florian Bodoky

  • Produkttest

    Mein erstes Multiroom-System: One, Move und Beam von Sonos im Test

    von Daniel Ramm