Smart Home: Wie nahe sind wir am automatisierten Zuhause und wann nimmt man den Staubsauger lieber selbst in die Hand?
Produkttest

Smart Home: Wie nahe sind wir am automatisierten Zuhause und wann nimmt man den Staubsauger lieber selbst in die Hand?

Philipp Rüegg
02.05.2016

Was wäre, wenn man mit der Fernbedienung nicht nur den Fernseher, sondern das ganze Haus bedienen würde? Und was wäre, wenn man statt der Fernbedienung das Smartphone benutzen könnte, um beim Zugfahren den Backofen aufzuheizen und den Kühlschrank zu konsultieren, was mit den vorhandenen Zutaten Leckeres zu zaubern ist? Darin steckt der Traum vom Smart Home, dem vollautomatisierten, vernetzten Zuhause – mit Betonung auf Traum.

Was heute bereits möglich ist

Relativ ausgereift ist die simple Fernsteuerung von Lampen, Storen, Heizung etc. Bei günstigen Startersets mit integriertem Smart Plug kann man Stehlampen einfach einstecken und fernsteuern. Bei komplexeren Lösungen ruft man lieber den Elektriker, wenn man nicht will, dass die Storen mitten in der Nacht Push-Ups machen. Die Einsatzmöglichkeiten sind bereits beachtlich. Wer wie «Kevin – Allein zu Haus» Einbrecher abschrecken will, richtet die Steuerung so ein, dass das Licht nach vordefinierten Abläufen in unterschiedlichen Zimmern ein und aus geht.

Apropos Sicherheit: Natürlich kann man sich auch Alarmanlagen mit Kameras und Bewegungssensoren wie das D-Link mydlink Home Security Starter Kit installieren und sie nach seinen Wünschen konfigurieren. Der Videofeed ist per Smartphone einsehbar. Unerlaubte Hauspartys, wenn die Eltern mal wieder weg sind, werden damit allerdings schwieriger. Ist man nicht Zuhause und jemand steht vor der Tür, kann man sich ein Bild des Besuchers zusenden lassen und per Knopfdruck die Tür aufschliessen. Sogar automatische Gesichtserkennung ist möglich beispielsweise mit dem Netamo Welcome.

Fernzugriff auf Alarmanlage, Küchengeräte oder Lampen sind kein Problem.

Du lässt gern dein Auto vorheizen, damit es im Winter schön wohlig warm ist? Das gleiche ist auch Zuhause möglich, so dass die Heizung beispielsweise immer eine Stunde vor Ankunft ihre Arbeit aufnimmt – bequem gesteuert per Smartphone.

Kein einheitlicher Standard

Für die Steuerung und Vernetzung bei der Heimautomatisierung existieren eine Vielzahl unterschiedlicher Technologien wie Z-Wave, EnOcean oder ZigBee. Die Übertragung findet dabei entweder über Funk oder über die Stromleitung statt. Die Standards sind in der Regel nicht untereinander kompatibel, das heisst, man kann die Produkte nicht mischen. Abhilfe schaffen Geräte wie Zipato, die mit mehreren unterschiedlichen Technologien kommunizieren und sie steuern können. Windeln wechseln sich noch nicht von selbst

Aber wie sieht es mit Haushaltsgeräten aus? Der Herd oder der Backofen lässt sich fernsteuern, damit die Pizza schön knusprig ist, wenn man mit Kohldampf heimkommt. Das gleiche gilt für den Roboterstaubsauger wie den Samsung POWERbot Wifi VR9200 oder Mähroboter. Mehrere Abläufe lassen sich auch kombinieren. Wacht das Baby auf, wird das von einem Sensor wahrgenommen und ein Befehl in die Küche geschickt damit die Kaffeemaschine aufstartet und die Gipfeli gebacken werden. Die Windeln muss man vorläufig leider noch selber wechseln.

Intelligenter geworden sind auch der Kühlschrank und die Waschmaschine, obwohl ersterer ein bisschen zum Running Gag der smarten Zukunft geworden ist. Seit auf Technik-Messen das intelligente Zuhause angepriesen wird, sind Kühlschränke das Aushängeschild von lauwarmen Versprechungen. Einige praktische Tricks haben sie dennoch auf Lager. Sie überwachen und verwalten per Kamera das Inventar und per Touchscreen lassen sich fehlende Produkte bestellen. Oder man schaut darauf durch tränende Augen vom Zwiebelschneiden die neuste Folge «Big Bang Theory». Die Waschmaschine lässt sich ebenfalls mit dem Smartphone überwachen und so programmieren, dass sie nur bei Niedertarif wäscht. Ist der Tumbler zu laut? Wie wärs, wenn er erst rumort, wenn man das Haus verlässt? Ganz ohne Zutun.

Zukunftsmusik

Noch vernetzter und revolutionärer ist Sonys Xperia Agent, ein persönlicher Assistent, den man mit der Stimme steuern kann. Der süsse kleine Roboter reagiert auf Fragen und Befehle wie: «Spiel ein Song von Rage against the Machine» oder «wie wird das Wetter morgen?». Antworten und Nachrichten projiziert er auf den Tisch oder an die Wand. Der Xperia Agent kontrolliert zudem Lampen, Schalter und Thermostat sofern das Produkt unterstützt wird.

Wie praktisch ist das Ganze?

Viele der aufgeführten Funktionen fallen unter den Punkt: Nice to Have. Zudem ist längst nicht alles Plug and Play. Bei der Steuerung von Licht, Heizung und Alarmanlage ist das Smart Home schon sehr weit fortgeschritten. Je nach Person und Situation kann das intelligente Eigenheim also durchaus zu einer Bereicherung und Entlastung führen. Solange der Roomba-Staubsauger jedoch nicht mit der Einkaufsliste vom Kühlschrank bei der Migros vorbeifährt und dabei noch die PET-Flaschen entsorgt, bleiben die aufregendsten Sachen Wunschdenken. Mehr als eine Spielerei, aber immer noch in Kinderschuhen Vom voll automatisierten Zuhause sind wir noch weit entfernt. Selbst wenn man sich ein teures Luxushaus baut, vollgestopft mit modernster Technik, wird man immer noch selbst aufstehen müssen, um zu kochen oder sich die Zähne zu putzen. Wenn wir nicht enden wollen wie die kugelrunden Kolonisten aus dem Trickfilm «Wall-E» ist das vielleicht auch ganz gut so. Gefährlich wird es, wenn der Google-Roboter mit künstlicher Intelligenz unseren Haushalt schmeisst. Die nächste Station heisst dann: Skynet.

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Als Game- und Gadget-Verrückter fühl ich mich bei digitec und Galaxus wie im Schlaraffenland – leider ist nichts umsonst. Wenn ich nicht gerade à la Tim Taylor an meinem PC rumschraube, oder in meinem privaten Podcast über Games quatsche, schwinge ich mich gerne auf meinen vollgefederten Drahtesel und such mir ein paar schöne Trails. Mein kulturelles Bedürfnis stille ich mit Gerstensaft und tiefsinnigen Unterhaltungen beim Besuch der meist frustrierenden Spiele des FC Winterthur. 


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