Hintergrund

Sind temperaturregulierende Handschuhe fürs Zocken sinnvoll?

Kevin Hofer
9.4.2024

Bald soll der Magma Glove herauskommen. Dabei handelt es sich um einen beheizbaren Kompressionshandschuh des Unternehmens Gamertech. Der Hersteller verspricht mehr Leistung beim Zocken und geringeres Risiko für Verletzungen.

Nein, der Power Glove feiert kein Comeback. Im Gegensatz zum Datenhandschuh von 1989 für das NES steuerst du mit dem Magma Glove kein Spiel. Das Produkt von Gamertech nutzt dünne Heizelemente, die deine Hand wärmen und für optimale E-Sport Performance sorgen sollen.

Das bietet der Handschuh

«Thin Film Thermal Regeneration» nennt der Hersteller die Technologie, die aktiv bestimmte Regionen der Hand und des Handgelenks wärmt. Dabei stehen drei Temperatureinstellungen zur Verfügung, die in bestimmten Abständen aktiviert werden. Eine Gleitauflage soll zudem die Reibung des Handschuhs auf der Unterlage – in den meisten Fällen die Mausmatte – reduzieren.

Weiter bietet der Handschuh Öffnungen für die Fingerkuppen. So sollst du wie gewohnt präzise klicken und scrollen. Wie Kompressionssocken erzeugt er Druck auf das Gewebe der Hand und des Unterarms. Dadurch sollen Venen- und Lymphsystem entlastet werden.

Bringt das tatsächlich was?

Gamertech schreibt, dass in klinischen Tests mit dem Handschuh akuter und chronischer Schmerz um die Faktoren 1,5 und 1,7 reduziert werden konnte. Der Magma Glove solle das Warm-up vor dem Zocken nicht ersetzen, sondern unterstützen. Der Hersteller hebt die Wichtigkeit des Aufwärmens hervor. Ob dieses bei den klinischen Studien auch gemacht wurde und ob sich die Probandinnen und Probanden vor der Studie ans Warm-up gehalten haben, verschweigt der Hersteller in seinem Blog. Auch einen Link zur Studie bleibt er schuldig.

Andere Studien belegen etwa die Wichtigkeit der Temperatur auf die Leistung beim Zocken. Alles unter 5 und über 21 Grad Celsius mindert die Leistung. Optimal sollen 16 Grad Celsius sein. Diese Temperatur gilt aber nicht nur für die Hand, sondern für den ganzen Körper. Auch die Konzentrationsfähigkeit – welche ebenfalls grossen Einfluss auf die Leistung beim Zocken hat – sei in dieser Temperaturspanne am besten. Ähnliche Angaben finden sich auch für andere Sportarten. Sie unterscheiden sich also kaum vom E-Sport. Die Idee des Handschuhs ist nett, aber wenn die Umgebungstemperatur nicht optimal ist, dürfte auch der Effekt des Handschuhs begrenzt sein. Die Wahrscheinlichkeit ist zudem gross, dass es an den meisten E-Sport-Events über 5 Grad Celsius warm ist.

Es stellt sich zudem die Frage, ob der Handschuh an Wettkämpfen überhaupt zulässig ist, sollte man sich dadurch tatsächlich einen Vorteil verschaffen können. Nicht erst seit E-Sport vom Internationalen Olympischen Komitee als Sport anerkannt ist, wird er reguliert. Mit der Anerkennung werden regulatorische Massnahmen eher noch zunehmen und Hilfsmittel wie der Handschuh während des Wettkampfs eventuell verboten.

Neues Hilfsmittel, zweifelhafter Wert

Mit der stetig steigenden Popularität von E-Sport wächst auch der Markt an Hilfsmitteln und Geräten. Der Magma Glove zeigt, dass nicht nur Mäuse oder Tastaturen die Aufmerksamkeit von Herstellern auf sich ziehen. Vieles am Magma Glove scheint jedoch schlicht Marketing, das mit nicht referenzierten Studien belegt wird.

Es dürfte sich mit dem Magma Glove wohl ähnlich verhalten wie mit Gaming Brillen: Der Effekt ist minimal, wenn überhaupt vorhanden. Immerhin die Kompression, wenn sie beim Handschuh denn gut funktioniert, dürfte einen positiven Effekt haben. Das müssen aber erst unabhängige Tests zeigen. Wie bei den Brillen wird Gamertech aber bestimmt einige Modelle verkaufen. Der Hersteller plant derweil bereits das nächste Produkt: die Sub-Zero Gloves. Klingt nach Eisbaden für die Hände nach dem Zocken.

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Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.


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