Produkttest

Pixel-Buds-Review: Hier muss noch ordentlich nachgebessert werden

Google will mit seinen Wireless-Kopfhörern hoch hinaus und stolpert dabei über die eigenen Ambitionen. Lohnt sich der Kauf der Pixel Buds trotzdem?

Google beschränkt sich nicht mehr nur aufs Software-Geschäft. Nach Smartspeaker, Smartphones und Laptops folgen die smarten Kopfhörer: Die Pixel Buds. Die Wireless-Kopfhörer lassen sich mit Berührungen oder der Stimme steuern, besitzen einen integrierten Google Assistant und können Simultanübersetzen. Zumindest in der Theorie. Der Praxistest zeigt, dass Google noch einige Arbeit vor sich hat.

Aller Anfang ist schön

Am Auspackerlebnis gibt es zumindest nichts zu kritisieren. In der kleinen Schachtel findest du neben Anleitung und einem USB-C-Ladekabel ein süsses graues Böxchen. Darin schlummern die Pixel Buds. Die Box dient als Verstaumöglichkeit und gleichzeitig als Ladestation. Die Pixel Buds gibt es in drei Farbvarianten. Ich hab mir die weissen für den Test bestellt und muss sagen, optisch treffen sie genau meinen Geschmack. Auch im Ohr sitzen sie relativ gut. Ich musste mich aber anfangs erst wieder etwas eingewöhnen, da ich seit Ewigkeiten auf Bügelkopfhörer setze.

Das Etui dient gleichzeitig als Ladestation.
Das Etui dient gleichzeitig als Ladestation.

Die Pixel Buds sind streng genommen nicht komplett kabellos. Beide Kopfhörer sind durch eine dicke Schnur miteinander verbunden. Vor dem Durchschneiden rate ich aber dringend ab, denn das Kabel überträgt sowohl Ton als auch Strom. Die Schnur dient ausserdem dazu eine Art Schlaufe zu Formen, die die Kopfhörer davon abhält aus dem Ohr zu fallen. Sie lassen sich so problemlos an verschiedene Ohren anpassen. Da es sich bei den Pixel Buds nicht um In-Ear sondern wie es der Name vermuten lässt um Earbuds handelt, stecken sie nicht im Ohr drin. Sie sitzen eher etwas lose, aber dank des Schlaufensystems halten sie auch, wenn ich den Kopf zum Headbangen wild schüttle. Ich ziehe diese Schnur wirklich kabellosen Kopfhörern eindeutig vor, da ich beim Velofahren oder auch sonst ständig Angst hätte, sie zu verlieren

Das richtige Einpacken will gelernt sein.
Das richtige Einpacken will gelernt sein.

Einrichtung, Soundqualität und Google Assistant

Wenn du ein Smartphone mit Android 6.0+ besitzt, dann reicht es, das Ladeeteui aufzuklappen und schon poppt auf deinem Display die Frage auf, ob du dich mit den Pixel Buds verbinden möchtest. Ein Klick darauf und schon beginnt die kurze Einrichtung. Bist du allerdings nicht der Besitzer der Pixel Buds, so wie meine Kollegin Livia, wirst du dich Anfangs vermutlich ein paar mal über dieses Popup nerven. Denn es erscheint bei jedem kompatiblen Android-Gerät mit aktiviertem Bluetooth in der Nähe. Das Etui besitzt einen integrierten Akku und kann die Pixel Buds mehrmals aufladen, so dass laut Google eine totale Wiedergabezeit von bis zu 24 Stunden möglich sein soll. Mit einer Ladung halten sie rund fünf Stunden, was ohne Hülle in der Nähe nicht sehr viel ist. Aber hier bin ich wohl wieder verwöhnt von den acht Stunden meiner JBL Everest 100 oder den über 20 Stunden der Sennheiser Momentum, die zugegeben auch mehr Platz für den Akku haben.

Klappt man das Etui auf, verbinden sich die Pixel Buds automatisch.
Klappt man das Etui auf, verbinden sich die Pixel Buds automatisch.

Die Audioqualität hat mich dafür positiv überrascht. Zwar sind sie im Vergleich zum Sennheiser etwas auf der dumpfen Seite, da die Momentum aber einen sehr neutralen Klang besitzen, kann dieser Eindruck auch etwas subjektiv gefärbt sein. Abgesehen davon habe ich mich quer durchs Musikband über satten Sound und besonders erstaunlich kräftige Bässe gefreut.

Öv-Benutzer dürfte es zudem freuen zu hören, dass nur wenig Musik nach aussen dringt, selbst wenn ihr mal etwas aufdreht. Du hörst dafür relativ gut, was draussen vor sich geht. Das ist praktisch, wenn man auch mal mit dem Velo unterwegs ist und kann zum Nachteil werden, wenn die Sitznachbarn im Zug eine Boombox dabei haben. Immerhin haben die Pixel Buds genug Power, dass du das meiste übertönen kannst, ohne dass der Sound sich überschlägt.

Der rechte Kopfhörer besitzt eine berührungsempfindliche Oberfläche. Ein Swipe nach vorne oder hinten regelt die Lautstärke. Kurz draufdrücken dient als Play/Pause-Button. Drückst du lange, aktivierst du den Google Assistant. Durch kurzes zweimaliges Drücken erfährst du die Uhrzeit und Benachrichtigungen, die noch in der Benachrichtigungszentrale sind. Sind die meisten Nachrichten auf Schweizerdeutsch wie bei mir, bringt dir das herzlich wenig. Immerhin kannst du ein paar Sekunden nachdem du eine Benachrichtigung erhalten hast, durch langes Drücken eine Antwort diktieren – halt nur Deutsch/Englisch etc.

Das Schlaufensystem ist ziemlich clever, aber noch nicht ganz ausgereift.
Das Schlaufensystem ist ziemlich clever, aber noch nicht ganz ausgereift.

Das integrierte Mikrofon dient ausserdem dazu, mit dem Google Assistant zu quatschen. Du kannst ihn beispielsweise deine letzten Nachrichten vorlesen lassen. Allerdings beschränkt sich diese Möglichkeit bisher auf SMS. Whatsapp, E-Mail etc. kann der Google Assistant nur vorlesen, wenn sie gerade angekommen sind.

Hinter den Kulissen bröckelt es gewaltig

Sobald sich allerdings die erste Neuprodukt-Euphorie gelegt hat, stösst man auf mehr und mehr Mängel. Da wäre zum einen das Schlaufensystem. Zwar bietet es viel Flexibilität – nur leider rutscht das Kabel immer wieder nach hinten, so dass man ständig nachjustieren muss. Das Ladeeteui sieht zwar schick aus, aber die meisten Menschen (zumindest in unserem Büro) brauchen eine Anleitung, um die Kopfhörer richtig zu verstauen. Etwas vom aller nervigsten ist allerdings, dass sich die Pixel Buds nicht ausschalten lassen. Die einzige Möglichkeit ist, sie in den Standby-Modus zu schicken in dem du sie im Etui verstaust. Eigentlich habe ich aber keine Lust, sie jedes mal wenn ich sie absetze, verstauen zu müssen. Das heisst nämlich auch, dass ich das Etui überall mitschleppen muss. Klar, es hat ja auch einen Akku verbaut und bringt dir damit einen echten Mehrwert, nerven tut es trotzdem. Es ist ja nett, dass sie sich direkt wieder verbinden, sobald man sie aus dem Etui nimmt, ein Ein/Aus-Button wäre mir trotzdem lieber gewesen. Alternativ kannst du auch die Bluetooth-Funktion auf deinem Smartphone deaktivieren. Wenn du aber ein anderes Gerät wie zum Beispiel eine Smartwatch besitzt, dann hast du Pech gehabt. Ausserdem werden die Pixel Buds offenbar auch dann wach gehalten, wenn andere Bluetooth-Geräte in der Nähe sind. Anders lässt es sich nicht erklären, dass sie nach zwei Tagen Nichtgebrauch plötzlich leer waren.

Der rechte Kopfhörer lässt sich per Touch steuern.
Der rechte Kopfhörer lässt sich per Touch steuern.

Die Kopfhörer sitzen zwar tendenziell locker, aber mit der Zeit fing mir trotzdem manchmal das rechte Ohr an zu drücken. Kein Riesenproblem aber halt doch etwas störend.

Die Touchbedienung funktioniert zwar einwandfrei, allerdings nicht mit Handschuhen. Ausserdem ist sie zu empfindlich, so dass die Pixel Buds fast bei jedem An- und Ablegen aus Versehen betätigt werden. Das ist bei Musik weniger schlimm, aber gerade bei Podcast verliert man so ständig die richtige Position.

Ein weiteres kurioses Phänomen ist mir aufgefallen, als ich die Sprache von englisch auf deutsch (Deutsch/Deutschland, sonst funktioniert der Assistant nicht) gewechselt habe. Die Bedienung mischt plötzlich beide Sprachen. So kriege ich nun zwar Benachrichtigungen etc. auf Deutsch vorgelesen, allerdings folgt anschliessend irgendein englisches Kauderwelsch. Erst mein Kollege Raphi fand des Rätsels Lösung. Der Google Assistant versucht auf englisch «Du hast keine Benachrichtigungen» zu sagen – und scheitert kläglich. Selbst ein Reset der Pixel Buds beziehungsweise des Etuis haben keine Besserung gebracht. Wenn ich wieder alles auf englisch stelle, dann verstehe ich zwar wieder alle Aussagen, nur bleibt die Zeitansage auf deutsch. Hier muss definitiv noch gepatched werden.

Das Vorzeigefeature, das keines ist

Google hat besonders für ein Feature die Werbetrommel gerührt: Echtzeit-Übersetzung. Den rechten Kopfhörer drücken und mit «Übersetze Chinesisch für mich» wird der Konversationsmodus von Google Translate gestartet. Anschliessend kannst du mit jemandem in 40 verschiedenen Sprachen eine Unterhaltung führen. Wenn du etwas sagen willst, hältst du den Kopfhörer gedrückt. Anschliessend übersetzt die App deine Aussage in die entsprechende Sprache und gib sie über den Lautsprecher deines Smartphones wieder. Dein Gegenüber kann darauf in seiner Sprache antworten und du hörst die Übersetzung direkt in deinem Ohr. Das funktioniert eigentlich gar nicht mal so schlecht wie unser Video oben zeigt (wo ich mir umsonst eine bescheuerte Frisur gemacht habe, die Pixel Buds werden immer noch von meinem Moos bedeckt). Google Translate übersetzt zwar selten perfekt, aber meist gut genug, dass eine Unterhaltung möglich ist – wenn auch etwas stockend.

Mit dem neusten Android siehst du auch endlich den Akkustand.
Mit dem neusten Android siehst du auch endlich den Akkustand.

Allerdings wirst du dich vermutlich zu Recht fragen, warum du dafür die Pixel Buds brauchst. Google Translate ist schliesslich auf jedem Smartphone verfügbar – inklusive iPhones. Ich bin sogar der Meinung, dass die App ohne Pixel Buds besser funktioniert, weil dann nämlich beide Teilnehmern immer alles hören. Mit den Pixel Buds hörst nur du die Übersetzung deines Gesprächspartners, was die Gesprächsdynamik stört. Ausserdem funktionierte der ganze Prozess ziemlich inkonsistent. Mal konnte ich frei sprechen, mal musste ich den Knopf gedrückt halten. Einmal musste ich gar das Smartphone neustarten, weil die Sprechtaste für die Fremdsprache keine Eingabe mehr zuliess.

Abschliessend kann gesagt werde, dass Google Translate erstaunlich gut funktioniert. Die Pixel Buds hingegen sind dabei eher hinderlich und bringen keinen echten Mehrwert.

Fazit: Ich würde sie gerne mögen, aber...

Schick, aber zu viel passt noch nicht zusammen.
Schick, aber zu viel passt noch nicht zusammen.

Die Pixel Buds sind ein eigenartiges Produkt. Sie machen den Eindruck, als wären sie noch ein zwei Iterationen vom finalen Produkt entfernt. In vielen Bereichen können sie bereits überzeugen. Das Design ist elegant und dank Farbvarianten angenehm abwechslungsreich. Der Sound hat mich richtig beeindruckt: Wuchtige Bässe, klare Klangqualität und ordentlich laut. Der Sitz ist meistens recht angenehm und das Schlaufensystem ist ein interessanter Ansatz. Das Etui sieht elegant aus und dient gleichzeitig als Battery Pack. Leider muss ich fast jedes Lob mit einem «aber» quittieren. Die Schlaufe im Ohr muss regelmässig nachgestellt werden, die Kopfhörer lassen sich nicht ausschalten, die Touchbedienung ist zu empfindlich, die Sprachsteuerung zu eingeschränkt und Google Translate funktioniert besser ohne Pixel Buds. Ich würde sie wirklich gerne mögen, denn die meisten Ansätze gefallen mir. Aktuell fällt es aber verdammt schwer, Kopfhörer zu empfehlen, die über 200 Franken kosten, zwar schick aussehend und guten Sound liefern, aber sonst fast überall ihr Ziel verfehlen. Da warte ich lieber auf die nächste Version.

Google Pixel Buds (5 h, Kabellos)
Kopfhörer
167.– CHF

Google Pixel Buds

5 h, Kabellos

Google Pixel Buds (5 h, Kabellos)
167.– CHF

Google Pixel Buds

5 h, Kabellos

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Als Game- und Gadget-Verrückter fühl ich mich bei digitec und Galaxus wie im Schlaraffenland – leider ist nichts umsonst. Wenn ich nicht gerade à la Tim Taylor an meinem PC rumschraube, oder in meinem privaten Podcast über Games quatsche, schwinge ich mich gerne auf meinen vollgefederten Drahtesel und such mir ein paar schöne Trails. Mein kulturelles Bedürfnis stille ich mit Gerstensaft und tiefsinnigen Unterhaltungen beim Besuch der meist frustrierenden Spiele des FC Winterthur. 


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