

Kingston Fury Renegade G5 im Test: An der Spitze ist es eng

Mit der Renegade G5 lanciert Kingston Fury ihre erste SSD für Consumer mit PCIe 5.0. Im Test überzeugt die SSD durch die geringe Leistungsaufnahme und den daraus resultierenden tiefen Temperaturen.
Nachdem Samsung vor zwei Monaten die erste Consumer-SSD mit PCIe 5.0 veröffentlicht hat, zieht nun auch Kingston Fury nach. Gemäss Hersteller soll die Renegade G5 beim Lesen bis zu 14,8 Gigabbyte pro Sekunde (GB/s) bieten. Zumindest in der 4-Terabyte-Version (TB). Mein 2 TB-Testsample bietet bis zu 14,7 GB/s, was immer noch verdammt schnell ist. Diesen theoretischen Wert übertrifft die G5 im Test sogar, sie kann aber bei vielen praxisnahen Tests nicht ganz mit der Konkurrenz von Samsung und Crucial mithalten.
Die technischen Daten
Pro TB Speicher ist ein Gigabyte (GB) low power DDR4 DRAM verbaut. Auf diesem sind etwa die Datenzuordnungstabellen gespeichert, die logische Blöcke und ihre Positionen im Speicher festhalten. Kaufst du dir also eine andere Speichergrösse, kann es bei den Spezifikationen Unterschiede geben.
Beim Controller setzt Kingston auf den SM2508 von Silicon Motion. Die meisten anderen Hersteller setzen auf den E26-Controller von Phison. Der Vorteil von Kingstons Wahl liegt in der Effizienz der Steuerungseinheit: Mit maximal 9,5 Watt bei der 4-TB-Version, ist sie deutlich weniger hungrig als jene von Phison mit 12 Watt.
Beim Flash setzt Kingston auf Kioxia BiCS8 TLC NAND. NAND ist eine nichtflüchtige Speichertechnologie, die keinen Strom benötigt, um Daten zu speichern. TLC steht für «Triple Level Cell». Pro Speicherzelle sind somit 3 Bit möglich, die in 218 Lagen übereinander geschichtet sind.

Pro TB-Speicher verspricht Kingston 1000 Terabytes Written (TBW). Dabei handelt es sich um die Anzahl TB, die eine SSD in ihrer Lebenszeit schreiben kann. Das sind konservative Werte, in der Regel schaffen die Laufwerke mehr. Bei meinem Testsample könnte ich während über drei Jahren 1 TB Daten pro Tag schreiben. Das ist aber ein unrealistisches Szenario. Die Herstellergarantie beträgt fünf Jahre.
Lesen: in der Mitte
Die Lesegeschwindigkeit messe ich mit dem Programm CrystalDiskMark. Hier zeigt sich, dass die Unterschiede zwischen den PCIe-5.0-SSDs gering sind. Beim zufälligen Lesen sind die Unterschiede hingegen grösser. Die Kingston-SSD endet zweimal auf dem zweiten Platz.
Der erste Wert in der Grafik bezieht sich auf das sequenzielle Lesen, der zweite auf das zufällige Lesen und Schreiben. Arbeitest du mit grossen Dateien, ist der erste Balken für dich relevant, mit kleinen Dateien der zweite.
Schreiben: einmal top, zweimal flop
Beim Schreiben sieht es anders aus als beim Lesen. So setzt sich die G5 beim sequentiellen Schreiben an die Spitze, zieht aber beim zufälligen Schreiben den letzten Platz ein. Dazu muss ich erwähnen, dass PCIe-5.0-SSDs in meinen Tests generell beim zufälligen Schreiben langsamer sind als solche im PCIe-4.0-Standard, die scheinbar besser mit kleineren Dateien umgehen können.
In einem praxisnahen Test kopiere ich eine 10 Gigabyte grosse Datei von einer RAM-Disk auf die SSD. Durch die RAM-Disk ist sichergestellt, dass die SSD der Flaschenhals ist, da die Disk eine viel höhere Schreib- und Leserate erreicht. Hier muss sich die G5 mit dem letzten Platz begnügen. 5000 MB/s sind aber dennoch verdammt schnell. In der Regel merkst du erst ab grossen Datenmengen von 100 GB oder mehr einen Unterschied im Alltag.
Um zu testen, wie sich die SSD beim Dauerschreiben von Daten verhält, schreibe ich die 10-GB-Testdatei aus der RAM-Disk mittels Batch-Befehl immer wieder auf die SSD. So kann ich feststellen, ab wann sie runterdrosselt. Die G5 steht bereits nach 20 GB geschriebener Daten zum ersten Mal auf die Bremse: Statt 5000 Megabyte pro Sekunde (MB/s) liegen nur noch 4500 MB/s drin. Nach 600 GB geschriebener Daten drosselt sie erneut auf durchschnittlich 1500 MB/s.
Dass die SSD so schnell drosselt, ist enttäuschend. Immerhin kann sie dann die 4500 MB/s lange aufrechterhalten. Das gelingt weder Samsung noch Crucial. Ersteres drosselt nach 100 GB geschriebener Daten auf 3000 MB/s und letztere nach 200 GB auf 3500 MB/s.
Kopieren: Sieg für Kingston
Beim Kopieren, also dem gleichzeitigen Lesen und Schreiben auf die SSD, dupliziere ich die 10 GB grosse Datei. Hier kann sich die G5 von den beiden anderen absetzen.
Office: Die G5 bleibt zurück
In Office-Anwendungen liegt die G5 hinter den Konkurrenzmodellen zurück. Hierbei solltest du bedenken, dass alle SSDs in solchen Anwendungen pfeilschnell sind. Du wirst die Benchmark-Unterschiede in der Realität kaum spüren.
Gaming: wieder nur Zweiter
Immerhin muss sich die G5 im Gaming-Benchmark von 3DMark nur der T705 geschlagen geben. Diesen Wert habe ich aufgrund des Ergebnisses beim PCMark erwartet. Ich erkläre es mir mit den schwächeren Werten bei den zufälligen Zugriffen, die im Alltag eine grosse Rolle spielen.
So verhält sich die SSD, wenn sie zu 80 Prozent voll ist
Alle vorherigen Tests habe ich mit leerer SSD durchgeführt. In der Regel füllst du dein Laufwerk aber mit der Zeit. Bei 80 Prozent Füllstand büsst die SSD in jedem Fall an Leistung ein. Beim Lesen sind es etwa acht Prozent weniger MB/s. Beim praxisnahen Schreiben zehn Prozent. Mit rund fünf Prozent ist der Verlust beim Kopieren am geringsten. Beim Office-Test wiederum messe ich eine Leistungseinbusse von rund 13 und beim Gaming elf Prozent. Das sind alles Werte, die ich in ähnlichem Rahmen auch bei anderen SSDs feststelle.
Temperaturen: bleibt kühl
Zuletzt überzeugt die G5 bei den Temperaturen: Selbst im Dauerschreib-Test wird sie nicht über 63 Grad Celsius warm. Das sind zwar drei Grad mehr als die Samsung-SSD, aber 23 Grad weniger als die von Crucial. Das liegt an der geringeren Leistungsaufnahme von maximal sieben Watt meines 2-TB-Testsamples. Da sich die 4-TB-Version 2,5 Watt mehr gönnen darf, ist bei dieser mit etwas höheren Temperaturen zu rechnen.
Fazit
Schnelle SSD, die derzeit noch zu teuer ist
Die G5 platziert sich beim theoretischen, sequentiellen Schreiben an der Spitze der bisher getesteten PCIe-5.0-SSDs. Dass Theorie nicht mit der Praxis gleichzusetzen ist, zeigen die weiteren Tests: Ausser beim Kopieren muss sich der neue Massenspeicher von Kingston Fury immer mindestens von einem Konkurrenzprodukt geschlagen geben. Die SSD überzeugt dafür bei der geringen Leistungsaufnahme, die in tiefen Temperaturen resultiert.
Als neueste SSD im Bunde kostet die SSD derzeit noch mehr als die Konkurrenz von Samsung und Crucial. Persönlich würde ich derzeit zu letzterer greifen: Sie wird zwar am heissesten, bietet aber das beste Preis-Leistungs-Verhältnis. Im Grossen und Ganzen nehmen sich die SSDs kaum etwas. Falls sich preislich etwas ändert, würde ich zum günstigsten Produkt greifen.
Pro
- hohe Geschwindigkeiten
- geringe Leistungsaufnahme und dadurch tiefe Betriebstemperatur
Contra
- hoher Preis



Technologie und Gesellschaft faszinieren mich. Die beiden zu kombinieren und aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten, ist meine Leidenschaft.