

Huawei Emui 9.1: Ausbruch aus dem Smartphone

Huawei hat die Features und Specs ihrer jüngsten Android-Version, Emui 9.1, veröffentlicht. Sie macht dein Handy zu einem Autoschlüssel. Unter anderem.
Huawei ist einer der Kandidaten, der die Benutzung seiner Geräte gerne mit Software verhunzt. Die vom chinesischen Konzern hinzugefügte Benutzeroberfläche heisst Emotion UI, kurz Emui, und weckt all die falschen Emotionen: Statt Freude ist da Frust.
Auf dem Huawei P30 Pro und der kleineren Schwester, dem P30, läuft die neuste Version Emuis, passenderweise Emui 9.1 genannt. Die News Site GizChina hat gestern die ersten Features entdeckt, die Huawei zu diesem Zeitpunkt nicht offiziell kommuniziert hat. Der Konzern hat in der Nacht auf heute nachgezogen und die Version kurz vor dem offiziellen Launch der P30-Serie vorgestellt.
Mehr Speicher, mehr Fitness, mehr Internet of Things
Die mit Abstand interessantesten Änderungen sind hinter dem sichtbaren geschehen, denn statt auf EXT4 setzt Huawei auf EROFS. Das sind zwei Filesystems, die diktieren, wie Applikationen auf den Speicher des Gerätes zugreifen. EXT4 stammt aus der Linux-Welt und hat dort seit Kernel 2.6.28, Release-Datum 25. August 2008, einen Platz im offenen Betriebssystem. EROFS steht für «Extendable Read-Only File System», also «Erweiterbares, Read-Only Dateisystem». Es hat in Labortests Huaweis 20 Prozent schneller auf Daten zugegriffen als EXT4 und geht effizienter mit dem Speicher um. Laut Huawei soll es so möglich sein, dass du mit EROFS bis zu 1000 Bilder à je 2MB Dateigrösse oder 500 Songs à je 4MB mehr speichern kannst als unter EXT4. In etwas mehr Tech-Sprech: Du kriegst also unter Laborbedingungen 2000MB mehr Speicher, den das System nicht als Arbeitsplatz braucht.
Dazu bricht die P30-Serie aus. Die Geräte liefern dir unter Emui 9.1 Features, die dir im Alltag helfen sollen und nicht nur die Benutzung deines Smartphones vereinfachen, verschnellern oder verbessern. Da ist die App AR Measure, die mit dem P30 Pro einfache Messungen hinkriegt. Dies, da nur das P30 Pro eine Time of Flight Camera (TOF) verbaut hat, die für die Distanzmessung gebaut wurde.
Sharing zwischen den Geräten Huaweis wird einfacher. Via NFC kannst du einige Dateitypen zwischen den P30-Geräten und denen der Matebook-Serie austauschen. Hier wird es aber spezifisch. Das NFC Sharing mit dem Namen OneHop funktioniert bis Redaktionsschluss laut Angaben Huaweis nur auf folgenden Geräten.
Dazu geht das nur mit folgenden Dateitypen und Office 2016, 365 und darüber.
- PPT
- DOC
- DOCX
- XLS
- XLSX
- TXT
Damit zielt Huawei zwar auf effizienteres Arbeiten und die Bürowelt, aber so alltagstauglich scheint das im Zeitalter von Cloud-Diensten wie Google Docs etwas altbacken. Dennoch, ein erster Schritt in Richtung Aufhebung der Grenze zwischen PC und Smartphone ist getan. Damit steht Huawei nicht alleine da, da Samsung auch schon an einer solchen Lösung arbeitet, aber es ist gut zu sehen, dass da nicht nur ein Hersteller auf weiter Flur bastelt.
Wenn du nicht gerade arbeitest, dann kannst du dein Smartphone mit einem Laufband verbinden, sofern sie die Marken Precore oder Core Health haben. Weitere Hersteller sollen dazukommen.
Aus dem zehnsekündigen Werbeclip mit dem Dateinamen videoPerfectPartner_long.mp4 – wie lange ist da die Kurzversion? – erfährst du nur wenig. Fakt ist aber, dass das System deine Bewegungen und Schritte aufzeichnet und mit mindestens einem Musikdienst interagieren kann. Darauf weist das Musik-Icon oben rechts auf dem Bildschirm hin.
GizChina glaubt zudem zu wissen, dass das Smartphone Autotüren öffnen kann. Das funktioniere nur bei der A7-Serie des deutschen Herstellers Audi. Doch weder Huaweis Website noch die Audis bestätigen das. GizChina gibt zudem keine Quelle für das Bild an.

Quelle: GizChina
Der Text kann in etwa so übersetzt werden.
Neue Reiseerfahrung
Das Smartphone wird zum Autoschlüssel
Das Reisen wird einfach. Let's go.
Die Übersetzung ist meine und daher nicht zwingend 100 Prozent korrekt, aber sie sollte sinngemäss hinkommen. Obwohl die Marke Audi nicht erwähnt wird, sehen die Scheinwerfer des Autos so aus, wie die des Audi A7.
Benutzeroberfläche optional
Emui 9.1 kommt mit einem Werbespot.
Zum Glück musst du nicht mit einer Benutzeroberfläche arbeiten, die irgendwie bitzli iOS sein will, aber androidbedingt Kompromisse eingehen muss. Launcher wie Nova Launcher schaffen da Abhilfe.
Wenn Hersteller eine Android-Version für die eigenen Geräte erstellen, dann geht das meist schief. Denn selten werden sie der Performance der Hardware gerecht und oft machen sie Dinge schlimmer, als dass sie sein sollten. Meist klatscht ein Hersteller einfach nur eine neue Bedienoberfläche über Android und dann sieht das, vor allem bei chinesischen Geräten, so aus, als ob Android und Apples iOS sich eines betrunkenen Nachts in einer Gasse näher gekommen sind und neun Monate später dann gibt es eine neue Benutzeroberfläche.
Doch wenn Emui 9.1 eines beweist, dann, dass Android-Versionen eines Herstellers nicht zwingend nur die Benutzeroberfläche verhunzen müssen. Samsung hat zwar mit One UI so halb einen Zufallstreffer gelandet, aber es sind die Funktionen hinter den Kulissen, die eine Herstellerversion zu etwas richtig interessantem machen kann. In diesem Fall ist das Huawei gelungen.
So. Fertig. Ich bau mein Huawei P30 Pro jetzt trotzdem um. Kannst du auch. Mein Kampf gegen Emuis graphische Grausamkeiten dauert an.


Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.