Jan Johannsen
Produkttest

Fairphone (Gen. 6) im Test: Schöne neue Nachhaltigkeit

Das Fairphone (Gen. 6) bleibt auch mit neuem Design ein nachhaltiges und leicht zu reparierendes Smartphone. Von anderen Mittelklasse-Smartphones hebt es sich zudem durch Zubehör, einen Switch-Schalter zum Schieben sowie den Fairphone Moments ab.

Das Fairphone 5 war für mich das erste Modell des Herstellers, bei dem die Nachhaltigkeit nicht zulasten der Nutzbarkeit ging. Dies gilt weiterhin für das Fairphone (Gen. 6). Mit einem neuen Design, anschraubbarem Zubehör und den Fairphone Moments – einem neuen Personalierungsmodus, der das Smartphone zum Dumbphone macht – will der Hersteller sich neue Zielgruppen erschließen. Nachhaltigkeit ist immer noch wichtig, aber nicht mehr das einzige Argument, sich das Smartphone zu kaufen.

Neues Design soll Nachhaltigkeit weiter verbreiten

Optisch bedeutet das Fairphone (Gen. 6) eine große Änderung. Mein Testgerät ist zwar immer noch waldgrün, aber es gibt auch eine weiße und eine schwarze Variante. Zudem hat sich die Form so stark verändert wie bei keiner anderen Fairphone-Generation. Anders als beim Vorgänger benötige ich aber einen Schraubendreher, um den Akku zu tauschen. Beim Fairphone 5 lässt sich die Rückseite ohne Werkzeug öffnen. Beim neuen Fairphone dienen die Schrauben zusätzlich zur Befestigung von Zubehör – zu dem ich später komme.

Mit Schalter an der Seite.
Mit Schalter an der Seite.

Das Fairphone (Gen. 6) ist jetzt nach IP55 vor Spritzwasser geschützt und hat Falltests nach verschiedenen Standards aus 1,5 und 1,8 Metern Höhe überstanden. Das Display wird von Gorilla Glass 7i geschützt, das doppelt so kratzfest wie das Glas des Vorgängers sein soll.

Am unteren Ende der Rückseite fällt eine leichte Vertiefung auf. Sie ist mit den Fingern spürbar und gibt je nach Griffposition etwas mehr Halt. Zudem sticht ein farblich abgesetzter Schieberegler, den Fairphone «Switch» nennt, an der rechten Seite oberhalb des Power-Buttons ins Auge. Standardmäßig aktiviert er die Fairphone Moments. Alternativ kann er den Flugmodus, die Taschenlampe, den Energiesparmodus oder «Bitte nicht stören» einschalten sowie zwischen dem Hell- und Dunkelmodus der Ansicht wechseln.

Der Fairphone-Schriftzug befindet sich in der Vertiefung auf der Rückseite.
Der Fairphone-Schriftzug befindet sich in der Vertiefung auf der Rückseite.

Das Smartphone, das sich deinen Bedürfnissen anpasst

Mit den Fairphone Moments bietet das Smartphone die Option, sich für verschiedene Anlässe anzupassen. Ich kann unterschiedliche Profile oder Szenarien, beispielsweise für Arbeit, einen ruhigen Abend oder den Urlaub, anlegen. Dabei kann ich jeweils auswählen, welche Apps mir zur Verfügung stehen und welche mir Benachrichtigungen schicken dürfen. Zudem kann ich festlegen, wer mich anrufen darf und innerhalb welches Zeitraums Anrufer beim zweiten oder dritten Versuch doch zu mir durchkommen. Mit individuellen Hintergrundbildern verpasse ich den Moments jeweils ein eigenes Erscheinungsbild.

Fairphone Moments helfen dabei, das Smartphone weniger zu benutzen.
Fairphone Moments helfen dabei, das Smartphone weniger zu benutzen.

Ab Werk läuft Android 15 auf dem Fairphone (Gen. 6). Neben den Fairphone Moments ist die Fairphone-App die einzige Ergänzung. Über sie lassen sich zum Beispiel Ersatzteile bestellen oder Anleitungen für die Reparatur finden. Wie schon beim Vorgänger gibt Fairphone weiterhin das längste Update-Versprechen. Bis 2033 und damit acht Jahre lang sollen Aktualisierungen für das Fairphone 6 erscheinen. Bei den Top-Geräten anderer Hersteller wie Samsung oder Google sind es nur sieben Jahre und die hier später erwähnten CMF Phone 2 Pro und Nothing Phone (3a) erhalten nur drei Jahre Android- und immerhin sechs Jahre lang Sicherheitsupdates.

Ich bestimme, welche Apps ich benutzen und wer mich anrufen kann.
Ich bestimme, welche Apps ich benutzen und wer mich anrufen kann.

Fairphone und Murena bieten das Fairphone (Gen. 6) auch wieder mit /e/OS als googlefreies Betriebssystem an.

Reparieren statt neu kaufen

Trotz neuem Design bleibt es dabei, dass auch das Fairphone (Gen. 6) unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt wird. Die Löhne sollen hoch genug sein, dass die Menschen davon leben können. Zudem besteht das Smartphone zu 50 Prozent aus fair gewonnenen oder recyclten Rohstoffen. Vor allem in Sachen Recycling sind seit dem ersten Fairphone viele andere Hersteller nachgezogen, sodass das Fairphone hier gar nicht mehr so besonders ist.

Rückseite abschrauben.
Rückseite abschrauben.

Fairphone bietet auch für sein sechstes Smartphone Ersatzteile an. Insgesamt zehn Komponenten sind für den privaten Austausch zu Hause vorgesehen: Akku, Display, Ohr-Lautsprecher, USB-C-Anschluss, die drei Kameras, die Bottom Unit mit dem Lautsprecher sowie die obere und die untere Hälfte der Rückseite. Prozessor und Speicher sind fest mit dem Gehäuse verbunden und nicht zum Austausch vorgesehen.

Der Akku ist mit vier Schrauben und einer Steckverbindung befestigt.
Der Akku ist mit vier Schrauben und einer Steckverbindung befestigt.

Anders als beim Vorgänger lässt sich die Rückseite des Fairphone (Gen. 6) nicht ohne Werkzeug öffnen. Ich benötige einen kleinen Torx-Schraubendreher, um die zwei Schrauben zu lösen und anschließend den unteren Teil der Rückseite herunterschieben zu können. Der Akku selbst ist mit vier Schrauben befestigt. Eine weitere muss ich lösen, um an die Steckverbindung der Stromversorgung heranzukommen. Beim Fairphone 5 kann ich die Batterie dagegen ohne Werkzeug entfernen und wieder einlegen. Zudem funktioniert sie mit Kontakten ohne Steckverbindung. Für den Akkutausch nach mehreren Jahren ist das aber nicht relevant.

Für den oberen Teil der Rückseite braucht es weitere Hilfsmittel.
Für den oberen Teil der Rückseite braucht es weitere Hilfsmittel.

Um den oberen Teil der Rückseite zu lösen, greife ich zum Opening Pick. Damit hebele ich die Abdeckung aus ihrer Verankerung. Anschließend muss ich acht Schrauben lösen, um an die Bauteile im oberen Bereich zu gelangen. Die untere Einheit ist mit sieben Schrauben befestigt. Um das Display auf der Vorderseite auszutauschen, genügt es, die acht silbernen Schrauben zu entfernen. Die kürzeren, schwarzen Schrauben können in dem Fall an ihrem Platz bleiben.

Über das untere Modul kommt man auch an den USB-C-Anschluss.
Über das untere Modul kommt man auch an den USB-C-Anschluss.

Zwar hat Fairphone den Akkutausch mit insgesamt sieben Schrauben erschwert, aber es bleibt dabei: Kein Smartphone lässt sich privat so einfach reparieren wie ein Fairphone.

Zubehör zum Anschrauben

Für das Fairphone (Gen. 6) steht viel Zubehör zur Auswahl. Ein Flipcase oder eine Schutzhülle sowie zwei Schutzfolien – normal und mit Sichtschutz – sind dabei nichts Ungewöhnliches. Kein Standard bei anderen Smartphones sind aber die Kartenhülle, der Finger Loop und das Lanyard, die ich auf der Rückseite festschrauben kann. Dabei lassen sich auch mehrere Zubehörteile kombinieren: etwa die Schutzhülle, das Umhängeband und die Halterung für die Finger. Bei den Rückseiten-Elementen sowie dem Lanyard befinden sich ein kleiner Schraubendreher und Schrauben im Lieferumfang.

Das neue Zubehör des Fairphone 6 lässt sich kombinieren.
Das neue Zubehör des Fairphone 6 lässt sich kombinieren.

Die Zubehörmontage mittels Schrauben erinnert mich an das CMF Phone, das nach dem gleichen Prinzip arbeitet. Beim iPhone hält ähnliches Zubehör magnetisch auf der Rückseite.

Viele kleine Verbesserungen gegenüber dem Vorgänger

Mit seinem 6,31 Zoll großen OLED-Display ist das Fairphone (Gen. 6) vergleichsweise kompakt. Mit einer Auflösung von 2484 × 1116 Pixeln und einer manuell auf 60, 90 oder 120 Hertz festlegbaren Bildwiederholrate stellt es meine Augen zufrieden. Die typische Helligkeit von 800 Nits – acht Prozent mehr als beim Fairphone 5 – reicht aus, um das Smartphone bei Sonnenschein gut nutzen zu können.

Mit 6,31 Zoll ist das Fairphone 6 vergleichsweise kompakt.
Mit 6,31 Zoll ist das Fairphone 6 vergleichsweise kompakt.

Mehr Leistung

Im Fairphone 6 steckt der Snapdragon 7s Gen 3. Ihm stehen acht Gigabyte Arbeitsspeicher zur Seite. Gegenüber dem Vorgänger mit dem für Smartphones ungewöhnlichen QCM 6490 ist das eine klar messbare Verbesserung. Auch das CMF Phone 2 Pro mit dem Mediatek Dimensity 7300 Pro 5G lässt das Fairphone 6 deutlich hinter sich. Mit dem Nothing Phone (3a), in dem ebenfalls der Snapdragon 7s Gen 3 steckt, liegt es wenig überraschend gleichauf.

Das neue Fairphone verfügt über 256 Gigabyte Speicherplatz, der sich mit einer microSD-Karte erweitern lässt.

Akku wird größer, bleibt aber klein

Mit 4415 mAh ist der Akku des Fairphone 6 größer als beim Fairphone 5 – 4200 mAh – geworden. Allerdings noch etwa zehn Prozent vom durchschnittlichen Smartphone entfernt. Die haben sich derzeit bei etwa 5000 mAh eingependelt, sind in der Regel aber nicht austauschbar.

Die geringe Akkukapazität macht sich auch bei der Nutzungsdauer bemerkbar. Der Akkutest von PCMark 3.0 ermittelt eine aktive Nutzungszeit von 8:05 Stunden. Das ist alltagstauglich, aber weniger als die meisten anderen Smartphones bieten. Die erreichen in diesem Test inzwischen regelmäßig über zehn Stunden. Hier hat das Fairphone 6 noch Luft nach oben.

Der Akku ist größer als beim Vorgänger, aber hat etwa zehn Prozent weniger Kapazität als üblich.
Der Akku ist größer als beim Vorgänger, aber hat etwa zehn Prozent weniger Kapazität als üblich.

Geladen wird das Fairphone 6 über USB-C. Dabei nimmt es bis zu 30 Watt entgegen. Das ist nicht so schnell wie bei anderen Smartphones, aber gut nutzbar. Bereits nach 25 Minuten ist der Akku zu 50 Prozent geladen. Danach verlangsamt sich das Ladetempo, wie bei allen Geräten, und für den vollen Akku braucht es noch etwa eine weitere Stunde.

Nutzbare Kameras bei Tag und Nacht

Das Fairphone (Gen. 6) verfügt über zwei Kameras auf der Rückseite. Dabei handelt es sich um eine 50-Megapixel-Hauptkamera sowie eine 13-Megapixel-Ultraweitwinkelkamera. Die Frontkamera verfügt über eine Auflösung von 32 Megapixeln. Aufgrund der fehlenden Telekamera gibt es nur einen digitalen Zoom und keine optische Tele-Brennweite.

In der dritten Linse befindet sich nur ein Sensor und keine Kamera.
In der dritten Linse befindet sich nur ein Sensor und keine Kamera.

Auf meinem Testgerät befindet sich noch nicht die finale Kamera-Software. Es liefert aber bereits gut nutzbare Fotos. Die Hauptkamera bietet eine hohe Detailgenauigkeit und eine natürliche Farbwiedergabe. Nur auf wenigen Bildern habe ich das Gefühl, ein wenig zu viel Gelb im Bild zu erkennen.

Natürliche Farbwiedergabe.
Natürliche Farbwiedergabe.

Der in der Kamera-App angebotene zweifache Digitalzoom ist ebenfalls gut nutzbar.

Die Ultraweitwinkelkamera überzeugt mich bei Tageslicht ebenfalls. Bei Dunkelheit führt der Nachtmodus zu größeren erkennbaren Verbesserungen als bei der Hauptkamera.

Die Frontkamera hat mit hellem Sonnenschein noch kleine Probleme. Hier werde ich nach dem finalen Update schauen, ob mir Verbesserungen auffallen und das dann hier vermerken.

Direktes Sonnenlicht stellt die Frontkamera noch vor Probleme.
Direktes Sonnenlicht stellt die Frontkamera noch vor Probleme.

Das Fairphone (Gen. 6) setzt keine neuen Maßstäbe in der Fotografie. Es bietet für Gelegenheitsfotografen aber eine gut nutzbare Bildqualität bei Tag und Nacht.

  • Neu im Sortiment

    Reparierbar und robust: Das neue Fairphone ist ab sofort erhältlich

Fazit

Nichts spricht gegen ein nachhaltiges Smartphone

Das Fairphone (Gen. 6) ist wie sein Vorgänger ein gut nutzbares Mittelklasse-Smartphone. Man muss keine Kompromisse für die Nachhaltigkeit eingehen und das zu einer unverbindlichen Preisempfehlung, die um 100 Euro/Franken gesunken ist. Gegenüber dem Fairphone 5 gibt es zahlreiche Verbesserungen und mit dem festgeschraubten Akku für einige Leute auch eine Verschlechterung.

Mit den Fairphone Moments, dem Switch-Schalter und dem Zubehör setzt sich das neue Fairphone zusätzlich von der Masse an Smartphones ab. Das neue Design gefällt mir ebenfalls.

Im Vergleich zu anderen, in der Regel günstigeren, herkömmlichen Mittelklasse-Smartphones fällt mir vor allem die fehlende Telekamera und die kurze Akkulaufzeit auf. Sie verhindern aber nicht, dass das Fairphone (Gen. 6) für den Alltag gut geeignet ist. Für den höheren Preis gibt es einen sehr langen Update-Zeitraum und über Jahre verfügbare Ersatzteile für den Austausch zu Hause.

Pro

  • leicht zu reparieren
  • Switch-Schalter und Fairphone Moments
  • sehr langer Update-Zeitraum

Contra

  • keine Telekamera
  • mäßige Akkulaufzeit
  • Akku festgeschraubt
Fairphone (Gen. 6) (256 GB, Forest Green, 6.31", Dual SIM, 50 Mpx, 5G)
Smartphone
Neu
Energielabel A
CHF529.–

Fairphone (Gen. 6)

256 GB, Forest Green, 6.31", Dual SIM, 50 Mpx, 5G

Titelbild: Jan Johannsen

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Als Grundschüler saß ich noch mit vielen Mitschülern bei einem Freund im Wohnzimmer, um auf der Super NES zu spielen. Inzwischen bekomme ich die neueste Technik direkt in die Hände und teste sie für euch. In den letzten Jahren bei Curved, Computer Bild und Netzwelt, nun bei Digitec und Galaxus. 


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