Produkttest

Essential am MWC: Endlich das ganze Line Up und in Grün

Das Essential PH-1 ist mit vielen Vorschusslorbeeren auf den Markt gekommen, aber wohl an der Kamera gescheitert. Noch seltener als eine vernünftige Kamera-App ist aber das grüne Modell und das Kamera-Attachment. Am Mobile World Congress konnten wir beides testen.

Es dürfte wohl die Kamera gewesen sein, die dem Essential PH-1 das Genick gebrochen hat. Denn auch wenn die Verarbeitung besser ist als manch ein anderes Phone, so ist es mit einer Kamera-App ausgeliefert worden, die knapp über dem Status einer Demo war.

Das Update kam zu spät. Um wohl den Rest des Rufes der Firma zu retten und um nicht Geräte in den Kübel werfen zu müssen, hat Essential die Preise dramatisch gesenkt. Das Kamera-Add-On des modularen Phones – Ja, Essential gehört auch zu den fast schon esoterischen Smartphone Designern, die an das modulare Konzept glauben – ist rar.

Der nicht eingezogene Schwanz

Die Voraussage von Experten und Szene-Beobachtern war in etwa so: «Essential geht als Kuriosität in die Geschichte der Smartphones ein» und einen Nachfolger des PH-1 wird es nie geben.

Das Kamera-Modul kommt im eigenen knallroten Case
Das Kamera-Modul kommt im eigenen knallroten Case

Doch Essential zieht den Schwanz nicht ein. Essential macht am Mobile World Congress in Barcelona seine Aufwartung an einem kleinen Stand, der ganz in Schwarz/weiss gehalten ist. Mehr aus persönlicher Neugierde als aus professioneller Obligation suchen Videoproduzentin Stephanie Tresch und ich den Stand auf. Da läuft nicht viel. Die Demo Area, wo das eine Gerät des Unternehmens besichtigt werden kann, ist erst dann sichtbar, wenn du weisst, wo sie ist.

Ich blicke in den Raum und weiss: Hier muss ein Video geschehen. Denn ich erspähe zwei Dinge, die Essential damals zu grossem Aufsehen verholfen haben:

  1. Das grüne Phone mit goldenem Rand
  2. Das Kamera-Modul
Etwas blasser als erwartet: Das Essential PH-1 in grün
Etwas blasser als erwartet: Das Essential PH-1 in grün

Das Kamera-Modul ist etwas, das ich damals beim Review gerne getestet hätte, wenn auch nur um zu sehen, wie das modulare System des PH-1 funktioniert. Dass da ein grünes PH-1 rumliegt, ist ein wirklich netter Zufall. Das Grün ist etwas heller und etwas pastelliger als ich das mir von den Bildern erhöfft habe. Ich habe ein sattes, schönes Waldgrün erwartet. Irgendwas wie dichte Tannen.

360 Grad Schuld

Das Kamera-Attachment ist wohl der Grund, weshalb Essential davon abgesehen hat, die Stock Camera Googles zu verwenden. Denn mit einem Attachment muss die Software in der Lage sein, die Bordkamera zu ignorieren und die Signale der externen Kamera zu interpretieren. Bei 360-Grad-Kameras wie der 200 US Dollar teuren Aufsetzbaren Essentials kommt zusätzlich noch die Vereinigung der Bilder aus zwei Kameras zu einem kugelförmigen Bild dazu. Das ganze muss auch noch so nahe an der Echtzeit passieren wie möglich.

  • Produkttest

    Essential PH-1: Das Phone, das nie langweilig wird

    von Dominik Bärlocher

Auf dem Essential PH-1 war die Kamera-App zum Launch Müll. Das Update kam zu spät. Viele geben dem Attachment die Schuld.

Die Gelegenheit ist zu gut: Ich teste das Attachment kurz an. An einer Messe fehlt in jedem Fall die Zeit für einen tiefgreifenden Test, aber so ein bisschen Antesten geht gut.

Klick, Licht, Absturz

Da das Essential PH-1 hinten flach ist und die Kamera auch keine physischen Ein- oder Ausbuchtungen hat, musst du etwas zielen, damit die goldenen Pins des Attachments auf die Konnektoren auf der Rückseite des Phones zu liegen kommen. Das Modul wird magnetisch festgehalten, doch der Magnet ist keine exakte Wissenschaft. Du kannst das Attachment also falsch montieren. Geht ganz leicht. Ich versuche gar nicht erst, die Kamera irgendwie zu befestigen und dann das Attachment in Position zu schieben. Könnte ja verkratzen hinten. Sollte nicht, könnte aber.

Millimeterarbeit: Ich empfehle, basierend auf zehn Minuten experimentieren, die Konnektoren direkt auf die Konnektoren zu legen und das Attachment nicht zu verschieben
Millimeterarbeit: Ich empfehle, basierend auf zehn Minuten experimentieren, die Konnektoren direkt auf die Konnektoren zu legen und das Attachment nicht zu verschieben

Das ganze ist aber eine kleine Sorge, denn schon beim zweiten Mal funktioniert das attachieren des Attachments wesentlich besser.

Sobald die Konnektoren verbunden sind, wird die 360-Grad-Kamera aktiviert. Da die Kamera selbst keine eigene Batterieversorgung hat, wird sie vom PH-1 mit Strom versorgt. Das geht etwas auf die Akkulebensdauer des Geräts, aber eine Repräsentantin Essentials lässt uns wissen, dass es nicht besonders schlimm oder einschränkend sei. Ein blaues LED am Attachment geht an und wieder aus, sobald Hardware und Software sich gefunden haben. Danach wechselt die Kamera-App zwingend in den 360-Grad-Modus.

Aber: Wenn du die Kamera-App offen hast, wenn du das Attachment am PH-1 befestigst, stürzt die App ab. Beim Neustart aber geht dann alles glatt.

Hat Essential aus dem Kamera-Fiasko trotz Update immer noch nichts gelernt?

Ich will das Essential PH-1 wirklich gern haben. Aber hier scheint die Hoffnung auf «Das ganze Kamera-Debakel war nur, weil die 360-Grad-Kamera so super funktionieren muss» zu zerschellen. Ich will das Essential PH-2 oder wie auch immer der Nachfolger des PH-1 heissen wird. Ich will, dass Essential Erfolg hat. Und jetzt das. Die App schmiert ab. Fuck.

Jetzt aber…

Gut, wenn die 360-Grad-Kamera dann läuft, läuft sie ordentlich. Die Welt wird in 360 Grad in Echtzeit und ohne nennenswerte Verzögerung angezeigt. Die Einstellungen in der App sind Essential-üblich minimal gehalten. Du siehst oben rechts eine Art Kompass, der dir sagt, wo in Relation zum PH-1 du dich im Bild gerade befindest und sonst kannst du zwischen 4k und wasauchimmer-die-Standardeinstellung-ist aussuchen. Fertig.

Wenn die Kamera dann mal läuft, dann läuft sie stabil
Wenn die Kamera dann mal läuft, dann läuft sie stabil

Das Stitching, also das Zusammenfügen der Bilder an den Kameragrenzen, ist unbemerkbar, ausser du wischst schnell durchs Bild und drehst die Bildkugel schnell. Das ist schon etwas beeindruckend, aber irgendwie will nicht so recht Begeisterung aufkommen.

Klar, das Essential PH-1 liegt nach wie vor nahezu perfekt in meiner Hand. Das Kamera-Attachment macht da keinen grossen Unterschied auch wenn die perfekte Balance etwas gestört wird, bis du dich dran gewöhnt hast.

Der schale Nachgeschmack aber bleibt. Mir geht so langsam der gute Wille aus. Ein versprochenes Update auf Oreo 8.1 bleibt bisher nur Betatestern wie mir vorbehalten, die 360-Grad-Kamera ist zwar funktional, aber die Kinderkrankheiten, die längst keine Kinderkrankheiten mehr sind, bleiben.

Essential, das müsst ihr besser machen. Echt. Wir sehen uns mit Android 8.1 wieder. Bah.

Essential Ph-1 (128 GB, Black Moon, 5.71", Single SIM, 13 Mpx, 4G)
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Essential Ph-1

128 GB, Black Moon, 5.71", Single SIM, 13 Mpx, 4G

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Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.


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