
Essential PH-1: Das Phone, das nie langweilig wird

Das Essential PH-1 sei der neue Standard der Mobiltelefonie, verspricht der Hersteller. Doch hält die Firma, die von Android-Mitbegründer Andy Rubin gegründet wurde, was sie verspricht? Ich habe Antworten.
Apropos, ich weiss nicht, ob du das schon weisst, aber ich brauchte viel zu lange, bis ich das geschnallt habe: Der Name des Phones ist ein Wortspiel.
- PH-1
- PH-One
- Phone
Tut nichts zur Sache, aber ich schätze gute Wortspiele.
Die unbesiegbare Software, mit einer Ausnahme
Auf dem Essential PH-1 läuft zu weiten Teilen Stock Android, also die reine Version Androids, die von Google zur Verfügung gestellt wird. Mit einer Ausnahme, zu der ich gleich komme. Im Gesamtüberblick hat sich Essential im Kontext ihres PH-1s wirklich nur auf essentielle Dinge beschränkt. Schnickschnack suche ich vergebens.
Das ist dahingehend nett, als so die ganze Rechenpower des Phones auf wenig Software verwendet wird. Das heisst, dass ich als User dem Phone weit mehr zumuten kann als anderen. So kann ein Hersteller theoretisch – Nokia macht das mit seinen neuen Phones gut vor – auf weniger starke Prozessoren und weniger RAM setzen, ohne die Geschwindigkeit des Natelszu beeinträchtigen.
Die Crux mit der Kamera
Bis hier ist ja noch alles gut. Dann probiere ich die Kamera aus. Ich habe schon von der internationalen Presse gehört, dass die Kamera Müll sein soll. «Kann ja nicht sein», habe ich mir gedacht, weil mit einer 13MP Dual-Cam hinten kann es gar nicht sein, dass die Schrott ist. Vor allem auch darum nicht, weil alles andere am PH-1 bis ins Letzte durchdacht, präzis genau geplant und verbaut wurde. Warum sollte Andy Rubins Firma bei der Kamera sparen?
Die ersten Fotos mit dem Essential PH-1 sind wirklich nicht beeindruckend. Warum? Das passt so gar nicht zum Rest des Geräts. CPU, RAM und Software sind stark und schlank gehalten, der Code so optimiert, dass der 3040mAh-Akku geradesogut ewig halten könnte. Was stimmt hier nicht?
Redaktionsmaskottchen Horny mit dem Essential PH-1 aufgenommenHorny mit dem Samsung Galaxy Note 8Für Hochinteressierte: hochaufgelöste Bilder
Bei Testabschluss am 27. Oktober 2017 ist die Kamera-App auf der Version 0.1.073. Das ist knapp an einer funktionalen Demo vorbei, wenn ich gängige Versionierungskonventionen anschaue. Hätte so nie veröffentlicht werden dürfen, aber ich denke, Essential war scharf auf den Weihnachtsmarkt. Daher hat die App eine Anzahl Macken.
- Meine Einstellungen werden nicht gespeichert. Jedes Mal, wenn ich die Kamera-App aufmache, muss ich HDR manuell wieder einschalten
- Die App ist übel langsam. Praktisch nichts geht ohne Wartezeit
- Bilder abspeichern dauert ewig, also etwa zwei Sekunden, und es ist immer so
- Die App stürzt selten ab, aber sie stürzt ab
Mist, oder?
Nicht ganz. Weil hier wird es wieder seltsam. Wenn du Videos aufnehmen willst, dann ist die Kamera wieder vergleichsweise gut. Nach wie vor steht sie hinter anderen Flaggschiffen zurück, aber die Videoaufnahmefunktion funktioniert gut.
Hier ein Video mit dem Essential PH-1 und unserem Maskottchen.
Hier der selbe Shot noch einmal zum Vergleich mit der Sony a7s ii und einem 24-70mm-Objektiv.
Warum du das Phone trotzdem nicht abschreiben solltest
So, wir kommen so langsam zum Ende. Aber bei «alles gut, ausser Kamera» will es nicht belassen. Denn Essential hat im Laufe der Testphase wiederholt bewiesen, dass die Entwicklung ihrer Software noch im Gange ist. Beim Aufsetzen habe ich 90 Minuten damit verbracht, Updates und Upgrades einzuspielen und während dem Test kam immer mal wieder ein Bugfix oder etwas Ähnliches rein.
Alles in allem gehört das Essential Phone in Punkto Handling und Hardware zu den besten Phones des Jahres, hinterlässt aber einen etwas bitteren Nachgeschmack wegen der Kamera-App.
Aber Essential, als neuer Hersteller auf dem Markt, legt ordentlich vor. Wenn Essential so weiter macht, dann ist der Markt um einen Anbieter von gut designten, eleganten Phones reicher und die Konkurrenz hat jemanden mehr, wegen dem sie sich Sorgen machen müssen.


Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.
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