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Ein Kinderstuhl mit Hand und Fuss? Meine Tochter testet den Håg Capisco Puls

Wenn neun Jahre Lebens- auf mehrere Jahrzehnte Designerfahrung treffen, prallen Welten aufeinander. Passen sie zusammen und kann ein Kind vom «kleinen» Håg Capisco Puls profitieren? Es ist ein Modell, das mit seinen Aufgaben wachsen soll. Genau wie meine Tochter.

Abwarten? No way!

Kann der Klassiker auch Kinderzimmer?

Wo ein Hebel ist, da wird gezogen

Als ich zum ersten Mal nachschaue, macht meine Tochter das, womit ich als Kind auch viele Stunden verbracht habe: Sie fährt den Stuhl rauf und wieder runter. Rauf, runter. Rauf, runter. Zumindest versucht sie es, denn das «runter» ist mit ihren 25 Kilogramm gar nicht so leicht zu bewerkstelligen. Die kurze Gasdruckfeder leistet erheblichen Widerstand. Mehr als ihr bisheriger Stuhl.

Der kommt dorther, wo ganz viel Kinderzimmer-Kram herkommt: von Ikea. Für um die 100 Franken und mit einem Grundgedanken beim Kauf: Der wird schon halten, bis er zu klein ist. Bislang tut er das und seine Feder ist leichtgängiger, ohne dass ich als Erwachsener damit kriminell schnell nach unten sausen würde. «Mit meinem komme ich leichter runter», sagt die Tochter, und wirft sich wieder auf den Puls.

Warum geht das beim Capisco so schwer? Absicht, erfahre ich von Flokk. Kinder könnten sich die Finger einklemmen, wenn es zu rasant auf- oder abwärts gehe. Allerdings gehe der Hersteller davon aus, dass die Eltern beim Einstellen des Stuhles einmalig helfen würden.

Das mache ich ein-, zwei-, dreimal. Die Sitzfläche muss weit nach hinten und die Rückenlehne nach unten. Über den Drehknopf an der Unterseite verstelle ich den Widerstand der beweglichen Lehne, die sich über den Hebel an der rechten Seite arretieren lässt. Ich könnte den Stuhl hundertmal einstellen.

Am Ende ist es so: Wo Hebel sind, da wird gezogen. «Er hat viele coole Möglichkeiten, ich bin ganz oft hin und her gerutscht», sagt meine Tochter ein paar Wochen später und zieht zur Demonstration den Hebel links hinten, um die Sitzfläche vor- und zurückzuschieben. Für sie ist der Stuhl eher Abenteuerspielplatz als Arbeitsgerät. Und das ist im Sinne des Erfinders.

Bewegung im Sitzen

«Manchmal habe ich mich sogar auf die Lehne gestellt, um auf mein Hochbett zu klettern», erfahre ich ausserdem. Jetzt bin ich froh um das ausladende Fusskreuz aus Aluminium und die Stabilität, die es verleiht. Nicht nur dem Stuhl, sondern auch meiner Tochter, die im Sitzen ganz automatisch die Füsse bei den geriffelten Flächen ablegt.

Beim Ufzgi machen oder Schreiben nimmt sie Haltung an und sitzt fest im Sattel. Da Reiten zu ihren Hobbys zählt, kennt sie sich aus und erkennt durchaus Ähnlichkeiten: «Man sitzt auch so», demonstriert sie, zentriert sich und positioniert die Beine seitlich. «Aber die Steigbügel fehlen!» Stimmt. Für die höheren Varianten des Capisco gibt es dafür einen Fussring, der zusätzliche Stabilität verleihen kann.

Für mich, der schon einige Zeit damit zugebracht hat, Bastel-Glibber und Kaugummi von der Sitzfläche ihres Stuhls zu kratzen, ist das ein praktischer Vorteil. Aus Kindersicht zählen andere Dinge: Meine Tochter würde den Puls direkt ganz umgestalten. Die Farbkombination des Testmodells ist ihr zu trist.

«Ich fänd’s schon, wenn man die Farben etwas mischen würde. Blau und Gelb zum Beispiel. Ich fühle mich auf einem bunten Stuhl anders.» Hätte sie die Wahl, stünde hier weniger Grau und mehr Papagei. Es gibt verschiedene skandinavisch-geschmackvolle Farbvarianten. Vielleicht nicht ganz das, was meiner Tochter im Moment vorschwebt, aber auf lange Sicht wäre das wohl eine weise Wahl. Eine dezente Kombination gefällt auch noch mit 16. Oder mit 66.

Weg mit der Lehne?

Fazit

Mit neun Jahren darf die Welt alles, nur nicht grau sein. Mit mehr Farbe wäre die Begeisterung meiner Tochter exponentiell gestiegen, aber auch so hat sie den Stuhl gerne genutzt und sich intuitiv darauf bewegt. Nur die Gasdruckfeder hat ihr das Leben etwas schwer gemacht, ausserdem braucht das Fusskreuz etwas mehr Platz zum Manövrieren. Aus ihrer Sicht sind vier Sterne fair für den Stuhl.

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Einfacher Schreiber, zweifacher Papi. Ist gerne in Bewegung, hangelt sich durch den Familienalltag, jongliert mit mehreren Bällen und lässt ab und zu etwas fallen. Einen Ball. Oder eine Bemerkung. Oder beides.


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