Produkttest

Der Surface-Klon im Test: Dell Latitude 7200

Martin Jud
2.3.2020

Frech kopiert oder gut verbessert? Dell greift mit dem Latitude 7200 das Design von Microsofts Surface Pro auf. Was macht Dell anders?

Mit einem Windows 10 basierten Convertible schlägst du drei Fliegen mit einer Klappe. Du bekommst ein Tablet, das bei Bedarf zum Notebook wird. Ausserdem ist es dank der grossen Software-Kompatibilität, im Gegensatz zu Android oder iOS basierten Systemen, auch für normales Arbeiten im Büro geeignet.

Dell bringt mit dem Latitude 7200 einen Surface-Pro-Klon zum besseren Preis.

Übrigens: Die Anstecktastatur ist bei Dell im Gegensatz zu Microsoft bereits im Preis inbegriffen.

Die technischen Daten:

Design mit Standfuss-Klapp-Mechanismus und Anschlüsse

Das Chassis besteht aus Aluminium und Magnesium und misst ohne Tastatur 29,20 x 20,88 x 0,93 Zentimeter. Damit hat es beinahe die gleichen Dimensionen wie das Surface Pro. Das gilt auch für die Displayränder mit 1,5 Zentimeter Breite. Jedoch wiegt der Dell-Klon mit 851 Gramm im Vergleich zu 770 Gramm etwas mehr.

Zum Auto-Klapp-Mechanismus kann ich sagen, dass wenn du das Convertible nur normal auf den Tisch stellst, dieser meistens nicht funktioniert. Auf den Tisch hämmern funktioniert zwar gut, ist aber nicht ratsam. Die Magie spielt dann, wenn du das Gerät auf den Tisch stellst, dann von oben behutsam drückst und fühlst, wie die Federkontaktstifte sachte runtergehen beziehungsweise die Kante der Tastatur die Tischplatte küsst.

Dell geizt nicht und spendiert dem Latitude an der linken Seite gleich zwei Thunderbolt-3-Anschlüsse, von welchen einer auch zum Laden dient. Weiter finden sich links ein microSD-Slot, eine Lautstärkewippe und ein 3,5-mm-Klinkenanschluss.

An der rechten Seite bekommst du dank USB 3.1 Typ-A auch die Möglichkeit, ältere Geräte ohne USB-C-Adapter anzuschliessen. Ausserdem findet sich da auch ein Kensington-Schloss. Den Powerknopf hat Dell ganz oben rechts am Tablet angebracht.

Display mit niedrigerer Auflösung aber besserer Farbraumabdeckung

Der wohl grösste Unterschied zum Surface Pro ist das verbaute Hochglanzdisplay. Genauer: die Auflösung des 12,3” IPS Multi-Touch-Displays im 3:2-Format. Microsoft bietet 2736 x 1824 Pixel, bei Dell bekommst du 1920 x 1280 Pixel. Das reicht bei der gegebenen Diagonale von 12,3 Zoll zwar, um bei normalem Displayabstand ein scharfes Bild zu erhalten. Arbeitest du mit einem Stift, wirst du die niedrigere Auflösung bemerken, da du mit dem Kopf viel näher am Display bist.

Um herauszufinden, wie gut das Display ausgeleuchtet ist und Farben wiedergibt, vermesse ich es mit dem x-rite i1Display Pro:

Wie die Vermessung zeigt, ist das verbaute Panel mit durchschnittlich 373 cd/m² hell genug, um damit beinahe überall arbeiten zu können. Einzig direkter Sonnenschein führt wegen der Hochglanzbeschichtung zu Problemen. Die Gleichförmigkeit ist auch gut – den maximalen Unterschied von 39 cd/m² sehe ich von blossem Auge nicht. Ziehe ich erneut den Vergleich zum Surface Pro 7, leuchtet das Microsoft-Convertible im Schnitt 59 cd/m² heller.

Dafür ist die Farbraumabdeckung bei Dell etwas akkurater. Bei sRGB messe ich 98,5 Prozent, 70,5 Prozent bei Adobe RGB und 74,6 Prozent bei DCI P3. Der statische Kontrast des Testmodells beträgt knackige 1313:1, der dynamische 4238:1.

Tastatur und Trackpad

Dank der sehr glatten Oberfläche des Trackpads schubst du den Mauszeiger zielgenau auf dem Bildschirm rum. Am Trackpad habe ich nichts auszusetzen.

Lautsprecher, die keinen Ohrgasmus bieten

Sorry Dell, da müsst ihr nochmal Hand anlegen.

Akkuleistung: Nicht berauschend, doch besser als bei Microsoft

Nun darf der Lithium-Ionen-Akku mit 38 Wh zeigen, wie viel Saft er dem Convertible bringt. Ich messe die Laufzeit beim Dauerstreaming von Youtube-Videos, unter Höchstleistung und bei Office-Arbeiten.

Youtube-Dauerstreaming

Um einen Vergleich zu anderen Notebooks und Convertibles zu ziehen, stelle ich die Helligkeit des Displays auf 150 cd/m² und lasse Musikvideos auf Youtube laufen, bis der Saft ausgeht. Nach 5 Stunden und 49 Minuten ist Schluss. Das ist keine Glanzleistung, aber zumindest mehr, als das Surface Pro 7 mit grösserem Akku geschafft hat. Dieses kommt mit 45 Wh in meinem Test nur auf 5 Stunden und 16 Minuten.

Akkulaufzeit unter Höchstleistung

Akkulaufzeit bei Office-Arbeiten

Falls du das Convertible als mobiles Büro nutzen möchtest, solltest du es nicht auf deinem Schoss betreiben. Der Standfuss dieser Gerätekategorie ist nicht dazu geeignet und klappt dabei oft weg, was im öffentlichen Verkehr zu einem Eiertanz werden kann.

Dafür komme ich im Officebetrieb trotz unterdimensioniertem Akku auf eine Laufzeit von ca. acht Stunden. Während dem Arbeiten habe ich es unterlassen, im Hintergrund Musik laufen zu lassen.

CPU und Grafikprozessor

Der 64-Bit Quad-Core-x86-Mikroprozessor Intel Core i5-8265U kam Ende August 2018 auf den Markt. Er basiert auf einer verbesserten Version der Whiskey-Lake-Mikroarchitektur und wird mit der erweiterten dritten Generation des 14-nm-Prozesses, genannt 14-nm++, hergestellt. Er arbeitet mit einer Taktrate von 1.6 GHz und hat eine TDP von 15 W. Der Turbo-Boost beträgt bis zu 3.9 GHz.

Auf dem Chip steckt auch Intels UHD Graphics 620, welche mit 300 MHz läuft und eine maximale dynamische Frequenz von 1.1 GHz aufweist.

Performance Cinebench R20

Mit Cinebench von Maxon kannst du testen, wie sich dein Prozessor beim Rendern von Cinema-4D-Inhalten schlägt. Falls du Multi-Core-Resultate vergleichen möchtest, geht das nur, wenn beide Prozessoren über gleich viele Threads verfügen.

So schlägt sich das Dell-Convertible:

Vermutlich holt Dell dank der aktiven Kühlung einiges raus: Der Multi-Core-Benchmark dauert unter vier Minuten, weshalb der passiv gekühlte Prozessor des Surface-Convertibles noch nicht heruntergedrosselt wird und das Dell-Gerät abhängt. Dagegen dauert der Single-Core-Benchmark gegen 13 Minuten und scheint den Gegenteiligen Effekt zu haben. Es lebe die Kühlung, welche bei Auslastung übrigens nur durch ein leises Rauschen zu hören ist.

Performance Geekbench 5

Das Resultat des Latitude 7200:

Die CPU- und GPU-Benchmarks dauern bei Geekbench unter drei Minuten, weshalb das Resultat hier erwartungsgemäss ausfällt und der ältere Prozessor von Dell im Vergleich mit dem Surface Pro 7 die schlechteren Resultate liefert.

Falls du dir die Resultate im Detail ansehen möchtest:

Performance: PCMark 10

Dank PCMark 10 von 3DMark lassen sich PCs und Notebooks auf die vielfältigen Aufgaben an einem Arbeitsplatz testen. Er ist ein Office-Benchmark und taugt für alle Geräte, bei denen ein Gaming-Benchmark aufgrund schwacher Hardware keinen Sinn macht.

Das Latitude 7200 holt bei diesem Benchmark 3570 Punkte. Wenn du das Resultat auf der Homepage von 3DMark vergleichst, siehst du, dass das vorliegende Gerät besser abschneidet, als ein durchschnittlicher Office-PC, aber zu wenig gut, um als schwacher Gaming-PC durchzugehen.

Fazit: Interessanter, nicht gänzlich perfekter Klon

Beim Bildschirm verfügt Microsoft über eine höhere Auflösung, was vor allem für die Stifteingabe wichtig ist. Bei der Farbraumabdeckung gehen die Punkte wieder an Dell. Und bei der Akkulaufzeit hat das Latitude trotz kleinerem Akku die Nase minim vorn. Abgehängt wird es allerdings bei der Soundwiedergabe, die grossen Verbesserungsbedarf aufweist.

Betreffend der Leistung hat Dell – trotz dem etwas älteren i5-Prozessor der achten Generation – alles richtig gemacht. Das Gerät verfügt über eine aktive Kühlung, die beispielsweise bei längeren Renderaufgaben wichtig ist.

Dell hat es geschafft, einen interessanten, jedoch nicht perfekten Klon zu schaffen. Falls du auf eine gute Soundausgabe verzichten kannst und eher von einer Stifteingabe absiehst, kann ich das Gerät empfehlen.

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Der tägliche Kuss der Muse lässt meine Kreativität spriessen. Werde ich mal nicht geküsst, so versuche ich mich mittels Träumen neu zu inspirieren. Denn wer träumt, verschläft nie sein Leben.


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