
Meinung
Das iPad wird 10: Das nutzloseste Stück Technologie feiert sich
von Dominik Bärlocher
Unnütz? Von wegen! Digitec User mögen ihre iPads. Sie erzählen von ihrem Leben mit dem Gerät, das sich innerhalb von zehn Jahren einen festen Platz in der Welt erobert hat.
Es ist der 3654. Tag der Menschheitsgeschichte nach der Vorstellung des iPads. Gestern hat das Tablet seinen zehnten Geburtstag gefeiert.
Mein Vorwurf der Nutzlosigkeit des iPads und Tablets ganz allgemein hat hohe Wellen geschlagen. Die Kommentarspalte hat Leute aus dem Unterholz gelockt, die eines deutlich gesagt haben: Ich brauche ein iPad und will es nicht missen.
Daher: Das haltet ihr vom iPad.
Ich arbeite in der Baubranche. Ohne iPads würde bei uns nichts mehr funktionieren. Alle Pläne und 3D-Modelle immer auf dem aktuellsten Stand zu haben, ist einfach ein Muss für unsere Arbeiter.
Es sind Menschen wie Anonymous, die unsere Welt bauen.
Dank dem iPad spart die Firma, für die Anonymous arbeitet, Geld. Mit dem iPad können Bilder geschossen, Pläne vor Ort angepasst und Mails versendet werden. Früher musste sich die Baubranche auf lange Kommunikationswege verlassen. Jemand hat das Büro verlassen, ging auf die Baustelle, hat sich eine Situation angeschaut, diese im Bild oder Text dokumentiert, ging wieder ins Büro, hat dort die Daten ausgewertet, dann mit anderen besprochen, dann eine Lösung gefunden.
Heute: Fahrt auf Baustelle, Bild mit iPad, Anpassungen per Stylus, Daten synchronisieren ins Büro, Freisprechanlage im Auto – das Problem ist auf der Rückfahrt gelöst. Weniger Aufwand, mehr effiziente Zeitnutzung, mehr Freizeit für Hobbies und Familie.
Sehe ich auch so... sehr befremdlich. Mir als Käufer noch das Gefühl geben, etwas Schlechtes gekauft zu haben, ist unnötig und einfach unprofessionell. Wenn ihr einfach etwas schreiben müsst, dann in Zukunft lieber etwas übers Wetter.
User Gintoxin spricht damit einen Aspekt an, den ich – mal abgesehen vom iPad – ansprechen möchte. Wenn du dich vom Internet – sei das digitec.ch, Blick, The Verge, Facebook oder Instagram – so beeindrucken lässt, dass du eine mündige Entscheidung deinerseits hinterfragen musst, dann bist du zu tief im Netz.
Die Entscheidung, ob du etwas Gutes kaufst oder tust, die liegt bei dir. Du führst dein Leben nicht nach externer Validation, hoffe ich. Keiner muss das mögen, was du magst, auch wenn deine Filterblase dich stets bestätigt. Eine der wichtigsten Fähigkeiten in unserer Welt des informationellen Überflusses ist es, Informationen qualifizieren und gewichten zu können. Sonst zerschellst du an dir selbst und das will keiner.
Selbst wenn du etwas kaufst, dass objektiv nicht «verhebet», so zählt am Ende eines: Hast du Freude daran? Wenn du die Frage mit «Ja» beantworten kannst, dann hoffe ich, dass dir keiner ein schlechtes Gefühl einreden kann. War es zu teuer? Gegenfrage: Wie teuer ist Freude?
Auch Apple will nicht, dass du am digitalen Überfluss und der Meinungen anderer zerschellst, übrigens. Denn meine Screen Time zeigt mir doch recht erschreckend, wie viel Zeit ich auf Social Media verbringe.
Ich selber bin digitaler Künstler ich zeichne Portraits und Illustrationen und muss sagen, es gibt zu diesem Preis kaum was Besseres und ich bin echt kein Apple-Fanatiker.
Das iPad hat die Kreativbranche massgeblich beeinflusst. Fabio.Simeoli gehört zu denen, die ihre Kunst auf dem hochaufgelösten Display des iPad machen. Wo ich halbwegs schlecht Cartoon-Otter zeichne, machen Fabio und andere mit dem iPad und einem Stift Karriere.
Ein Beispiel: Der Zürcher Tätowierer Maurizio Feraco alias Mau Dit zeichnet im Studio Hautrock seine Tattoo Designs in der Regel nur auf dem Tablet. Ihm fehlt zwar das leicht kritzelige Gefühl, auf einem Stück Papier zu zeichnen, aber er will trotzdem nicht ohne iPad:
«Ich habe einfach alles dabei: Stifte, Pinsel, Leuchtpult, Farben... das musste ich vor dem iPad immer mitschleppen», sagt Maurizio, «Aber jetzt kann ich, so lange der Strom gewährleistet ist, meiner Kreativität ungehindert freien Lauf lassen. Und Bäume sterben auch keine mehr, das ist auch ganz nett.»
Fabio, du bist ein Held! Hier zwei Bilder, die mir Fabio über Mittag per Mail geschickt hat. Gute Arbeit!
Ein richtig trauriger Apple-Hasser-Beitrag.
und
Wir sollten nun langsam wissen, dass Herr Bärlocher keine Apple-Produkte mag.
Apple polarisiert. Ynckk und SwissCrow85 springen zum Schluss, dass der Autor des Beitrags, den er gerade gelesen hat – ich, in dem Falle –, Apple hasst. Woher wisst ihr das?
Ein Blick in die Trickkiste eines Journalisten: Entweder schreibe ich meinen Lesern aufs Maul und bekomme keine grossartigen Kommentare wie den von Anonymous aus der Baubranche. Schreibe ich aber eine kleine Polemik, so werden sich die Leser ihrer selbst etwas bewusster. Sie bemerken das iPad, mit dem sie Tag für Tag arbeiten oder auf dem sie auf dem WC Youtube schauen. Eine Polemik kann dazu dienen, etwas Alltägliches ins Rampenlicht zu rücken.
Wie oft denkt eine Servicefachkraft «Ach, wie nützlich ist mein iPad?», wenn da zehn Tische sind, die Durst und Hunger haben? Da provoziere ich doch lieber den Gedanken «Hey, ich arbeite jeden Tag mit dem Ding und ich find's gut!» auf dem Nachhauseweg.
In eigener Sache: Heute Morgen sah es bei mir zu Hause auf der Werkbank so aus. Das sind die Geräte, die im Moment meinen Alltag bestimmen.
Waaass? Also ich find's praktisch zum Zeitung lesen und surfen im Bett. Viel angenehmer als mein Handy, auf dem ständig Whatsapp und Mails piepst.
Es sind die kleinen Dinge, die den Alltag ausmachen. User Anonymous will dann und wann abschalten. Macht sie oder er mit iPad. Gute Arbeit.
Genau darum hat Apple Dinge wie Screen Time eingeführt. Das Projekt, genau wie Googles Digital Wellbeing, versucht, dir bewusst zu machen, wie du die Zeit am Bildschirm verbringst und dir so etwas Lebensqualität im Zeitalter von niemals enden wollenden Notifications zurückzuerobern. Denn das Leben spielt sich nicht nur am Bildschirm ab. Und manchmal ist das Leben eines ohne Notifications. Im Bett. Mit Zeitungen.
Tipp in eigener Sache: Versuch mal, die Notifications deiner Arbeits-Mail-Adresse abzuschalten. Das hat bei mir Wunder für mein Wohlbefinden gewirkt.
Performance vom iPad Pro ist besser als iPhone 11 Pro. Zudem hat das iPad nun eine eigene Software → iPadOS.
Ein wichtiger Aspekt der Menschheit ist der, dass wir nicht immer das Beste am besten finden. Nichts zeigt das besser als die von alemilano angesprochene Performance des iPads. Ist das iPad besser als das iPhone? Ja? Nein? Spielt es eine Rolle? Nein, denn die Welt ist offensichtlich den iPhones zugetaner als dem iPad. Das zeigt die Pornhub-Statistik, die besagt, dass nur gerade 7.1 Prozent der Nutzer mit dem Tablet auf die Seite zugegriffen haben. Zum Vergleich. Das Smartphone herrscht da: 76.6 Prozent der User haben ein Smartphone genutzt, um ihre Sexfilmchen zu schauen. Übrigens sticht Apple iOS Android auf Pornhub aus. 52.8 Prozent der User nutzen das Apple-Betriebssystem, 46.6 Prozent Android.
Es spielt keine Rolle, was denn nun performanter ist. Bei alemilano vielleicht, aber die Welt scheint sich eher auf Praktikabilität und Vorhandensein zu verlassen als auf Performance. Um einen Spruch aus der Fotografie zu entlehnen: Die beste Kamera ist immer die, die du dabei hast.
Wir leben im modernen Zeitalter, in welchem die Hausfrau zum Kochen noch etwas Wilma-TV schaut, der Handwerker in seinem Bastelraum seinen Lieblingsradiosender übers iPad und etwas besseren Lautsprechern hört - oder noch bessser: sein SONOS-System bedient, Kinder in einer (zumindest teilweise) gesicherten Umgebung erste Schritte im Bereich Internet unternehmen können und für Kinder geeignete Apps nutzen, Aussendienstler haben ihre Rapporte und Kundendaten ohne grosse Fachkenntnisse bei sich.... diese Liste würde sich noch lange ergänzen lassen…
Der Fachmann spricht. PC-Doc kennt die Nutzer der iPads besser, als es digitec.ch je könnte. Indem er andern den Zugang zum Internet ermöglicht, eröffnet er ihnen eine ganz neue Welt.
Tablets, selbst wenn die Produktivität leidet, ermöglichen denen Zugang zum Internet, die das Netz sonst meiden würden. Smart-Tech wie Speaker sind auf einmal nicht mehr das, was andere Leute haben, sondern im eigenen Haushalt vertreten. Das Tablet verkürzt die Informations- und Dienstwege auf Baustellen oder allgemein bei denen, die dezentral arbeiten. Es spart Geld und Nerven.
Lieber Herr Bärlocher, bitte lösen sie das Rätsel auf und geben sie zu, dass sie doch ein, sei es vielleicht auch nur heimlicher, Fan der sündhaft überteuerten Apfel-Produkte sind.
Okay. Aber mit einem bin ich nicht einverstanden. Dem Wort "heimlich". Heimlich? Rookiecookie, ich bin schamlos Fan von Macbooks. Ich will nie wieder ein Laptop, das kein Macbook ist. Mein iPhone ärgert mich zwar an zwei bis drei Stellen, aber es ist ein schönes Gerät. Das iPad sammelt als Home Hub Staub, liefert mir aber jeden Morgen den Wetterbericht per Siri. Sie spricht Englisch mit irischem Akzent und das amüsiert mich jeden Morgen.
Also nix da von wegen heimlich.
Darum nochmal: Happy Birthday, iPad! Here's to ten more years!
Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.