Produkttest

Ray Danz im Test: TCLs 3.1-Soundbar mit Dolby Atmos

Luca Fontana
19.8.2020

Der chinesische Tech-Gigant TCL will sich auch mit Soundbars in Europa breit machen. Ihr Sound-Flaggschiff: Die Ray Danz, ein gelungener Spagat zwischen Preis und Leistung – auch dank Dolby Atmos, wie der Test zeigen wird.

Schreie. Janes Schreie. Irgendwo in der Ferne des Dschungels. Tarzan hört sie, weil er am Abgrund jener Schlucht steht, in deren Dschungel die Schreie zu hören sind. Der Mann, der mit Affen redet, springt.

Der Ton setzt aus. Tarzan im Sturzflug.

Dann, als er die Kronen der Baumwipfel durchbricht und eine Liane packt, setzt sie wieder ein, die Musik. Wuchtig. Ich spüre die Vibration des Basses in meinem Brustkorb. Tarzan schwingt von Ast zu Ast. Schwerer Regen prasselt auf die grossen Blätter. Oder auf mein Gesicht? Der Fahrtwind zischt. Affenschreie und Gewehrschüsse donnern bedrohlich in der Ferne. Tarzan muss sich beeilen.

Gänsehaut.

Der Test der Ray-Danz-Soundbar beginnt.

Soundbar mit Flügeli und Ehrlichkeit

Auffällig ist das Design. Vor allem das Design, würde ich sagen. Denn TCLs Ray Danz ist nicht einfach nur ein breites Stück Balken mit Stoffbezug; links und rechts der Lautsprecher kommt je ein gebogenes Stück Plastik dazu, eingefasst von zwei Kunststoffplatten. Seltsam. Sowas habe ich noch nie gesehen. Sehen wie Flügel aus. Sie sorgen aber dafür, dass die Soundbar wunderbar klingt. Auch dank Dolby Atmos.

Dolby Atmos in einer Soundbar, die weniger als 500 Franken respektive 400 Euro kostet? Das ist selten. Auch bei uns im Shop. Und dann noch mit 540 Watt Ausgangsleistung und einem 3.1-Kanalsystem; der Bass kommt von einem separaten Subwoofer.

Ja, TCL, das Techunternehmen aus China, hat da was ganz Feines auf den Markt gebracht: Eine Kampfansage in Richtung Konkurrenz. Samsung und LG, zum Beispiel. Und klobig wirkt die Ray Danz nicht. 105 Zentimeter sind da in der Breite. Damit ist sie knapp breiter als ein 48-Zoll-Fernseher. Geht noch.

Konkret:

Breite: 105 cm
Höhe: 5.5 cm
Tiefe: 11 cm

Okay, stell dir jetzt bitte kein echtes Orchester vor. So gut ist die Soundbar auch wieder nicht. Aber wenn du die Idee hinter «breit» und «raumfüllend» verstanden hast, bin ich zufrieden.

Sicher, Soundbar-Hersteller versprechen ständig grosse, breite Klangbühnen – darum die Orchester-Analogie. Klangbühnen mit ausgeklügelten 3D-Soundeffekten, die ohne zusätzliche Lautsprecher auskommen, die seitlich oder hinter dem Zuhörer platziert werden müssten. Sogenannte Satelliten. Sowas geht nur, wenn der von einer Soundbar ausgehende Ton manipuliert wird. Das hat einen Namen:

Digital Signal Processing. Kurz: DSP.

Geht das überhaupt?

Die innovative RAY-DANZ-Technologie schafft eine natürliche, immersive und breite Klangbühne mit einem grösseren Sweet-Spot für optimalen Genuss.
TCL Homepage, Stand 17. August 2020

Sowas ändert meine ganze Test-Herangehensweise. Würde TCL hier seinen Mund so voll nehmen wie andere Hersteller, würde ich ihre Marketing-Versprechen entsprechend herausfordern und resümieren, dass die Ray Danz kein Surround Sound kann und ihr Geld nicht wert ist.

So aber teste ich die Soundbar auf das, was sie effektiv verspricht: Sehr gut klingender Sound mit geringem Anschaffungsaufwand.

Filmegucken: Kein digitaler Chabis

Also. Womit genau haben wir es zu tun?

Die Ray Danz ist eine 3.1-Kanal-Soundbar. Da ist also je ein Lautsprecher für Sound von links und von rechts. Und eben: Ihre Treiber strahlen nicht nach vorne, sondern auf die gekrümmten Flügel, von wo aus der Schall im Raum verteilt wird. Dazu der mittige Center-Lautsprecher. Der sorgt sich vor allem um die Höhen, was der Klarheit von Dialogen zugutekommt. Das «0.1» in «3.1» schlussendlich steht für den separat mitgelieferten Bass.

Apropos: Die Soundbar hat zwei HDMI-Eingänge. Einen davon mit HDMI-ARC. So kann einerseits Sound direkt vom Fernseher an die Soundbar geschickt werden, andererseits kann ich externe Soundquellen direkt an die Soundbar anschliessen, von wo aus das HDR-Bild – auch Dolby Vision – via HDMI-ARC zum Fernseher geschickt wird. Alternativ gibt’s auch noch einen Toslink-Eingang, USB und AUX.

Schreie. Janes Schreie. Irgendwo in der Ferne des Dschungels...

Die Ray Danz macht einen guten Job. Wie gesagt: Da ist kein Ton von der Decke. Aber die Soundkulisse ist breit, füllt mein Schlafzimmer ohne Probleme auf und wirkt dabei nie überfrachtet. Genau das ist mir wichtig. Genau darum habe ich mir ausgerechnet diese Szene ausgesucht: Billige Soundbars – oder schlecht eingestellte – zerbrechen nämlich oft an ihr.

Du hast das bestimmt auch schon mal bemerkt. Im Laden zum Beispiel. Oder an einer Messe. Wenn du da eine Soundbar gehört hast, und dir dachtest:

«Die Soundbar ist laut, ja, aber irgendwie gefällt mir deren Ton nicht. Der hört sich… falsch an.»

Die Ray Danz klingt nicht falsch. Wirklich nicht. Klingt sie aber so gut wie eine Sonos Arc? Bestimmt nicht. Die Arc ist in ihrer Wirkung noch breiter. Wärmer. Organischer. Entfaltet Klang und Musik noch facettenreicher und brummt selbst dann einen mächtigen Bass, wenn du keinen separaten Subwoofer dazu kaufst.

Gegen ähnlich günstige Soundbars gewinnt die Ray Danz darum.

Musik hören: Anständig, aber nicht so kraftvoll

Die Ray Danz lässt sich dank integriertem Google Chromecast auch als Multiroom-Speaker nutzen. Das Einbinden ins Heimnetzwerk geht über die Google-Home-App. Alternativ kannst du deine Abspielgeräte auch via Bluetooth mit der Soundbar verbinden.

Der Song fängt mit bedächtig vor sich hin grummelnden Blechinstrumenten an. Sie spielen das Thema von Berk, das Wikingerdorf des Films. Bei der Sonos Arc klingen die Posaunen – oder Tubas? Egal – stark und voluminös. Bei der Ray Danz weniger. Dann setzen die Streicher an. Irgendwo meine ich, eine Klarinette zu hören. Ganz so klar wie bei der Arc hebt sie sich aber nicht von den Trommeln im Hintergrund ab, die sachte und leise den Takt angeben.

Minute 1:10. Die Action-Passagen. Stark und Voluminös. Denn die Percussion setzt zum Crescendo an. Der Ray-Danz-Bass auch. Im Film fliegt die imaginäre Kamera gerade über das Dorf der wahnwitzigen, bald schon Drachen reitenden Wikinger. Die Soundbar füllt den Raum gut aus. Erinnert mich daran, wieso ich diesen Part so mag.

Nur die Streicher in den Höhen klingen etwas gar mittig. Beim Film- und Seriengucken habe ich keine Probleme damit. Im Gegenteil. Aber beim Musikhören ist mir zu jeder Zeit bewusst, dass der Ton aus der Soundbar vor mir kommt und nicht von einem Live-Orchester in meinem Schlafzimmer gespielt wird. Von mir aus dürfte auch der Bass noch etwas kraftvoller sein, ohne dass ich mit der mitgelieferten Fernbedienung selber nachjustieren müsste.

Da, die Ray Danz stosst an ihre Grenzen. Ein komplexer, schwieriger Übergang. Für viele Soundbars herausfordernd. Genau darum ist die Musik aus Berk so perfekt für solche Tests.

So darf eine mittelteure Soundbar gerne klingen

Alles in allem bin ich zufrieden mit dem, was die Ray Danz aus Musik und Ton macht. Die von TCL im eigenen Hause entwickelte Ray-Danz-Technologie mit den gekrümmten Schallführungen ist massgeblich dafür verantwortlich. Dank ihr kriegt die Soundbar eine angenehm breite Klangbühne hin, auch in der Vertikalen, ohne auf übertriebene digitale Tricks zurückgreifen zu müssen. Das zahlt sich aus: Ähnlich teure Soundbars klingen selten gleich gut.

Schön zu hören ist auch Musik, selbst wenn da der Rückstand zu einer Soundbar wie der Sonos Arc deutlicher zu hören ist. Kein Wunder: Sonos ist in Sachen Multiroom-Speaker-System einer der führenden Anbieter. Und die Sonos Arc, das Flaggschiff, etwa doppelt so teuer wie die Ray Danz. Da darf es auch einen gewissen Rückstand geben.

Zum Schluss noch eines: TCL lässt kein Marketing-Geschwurbel auf seine Kunden los, um sie mit falschen Versprechungen zu locken. Versprechungen wie das Imitieren von Satelliten-Lautsprechern durch den blossen Einsatz von DSP-Technologien. Aber weisst du was? Das können die anderen Soundbars in TCLs Preisklasse auch nicht. Darum: Danke TCL, dass du’s gar nicht erst versuchst.

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Ich schreibe über Technik, als wäre sie Kino, und über Filme, als wären sie Realität. Zwischen Bits und Blockbustern suche ich die Geschichten, die Emotionen wecken, nicht nur Klicks. Und ja – manchmal höre ich Filmmusik lauter, als mir guttut.


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