
Nokia 8110: Klein, unsmart, gelb, grossartig

Wo andere Stände am Mobile World Congress auf seriös und futuristisch machen, feiert Nokia sich selbst und zeigt, dass aus der Vergangenheit nach wie vor extrem gute Dinge kommen können. Heute: Das Nokia 8110 in bananengelb.
Der schlechte Witz bietet sich förmlich an. Das macht ihn so schlecht. Neben dem knallig gelben Nokia 8110 am Mobile World Congress liegt eine Schale voll Bananen. Gut, dann halt. Videoproduzentin Stephanie Tresch und ich lassen uns nach einem poetischen Singsang-Soundcheck zum Witz mit der Banane hinreissen. Wir behaupten kurzerhand, dass es das Nokia 8110 ist. Haha. Witzig. Wir schämen uns. Ein bisschen.

Nicht weil der Witz so schlecht ist, sondern weil wir einen schlechten Witz über ein ziemlich grossartiges Feature Phone machen. Feature Phone ist der Fachbegriff für unsmarte Phones. Im Volksmund werden die Teile manchmal Dumbphone genannt. Denn die Phones wie das neu aufgelegte Nokia 8110 wollen gar nicht irgendwie alles für jeden können. Sie wollen ein verlässlicher, stabiler und langlebiger Partner für all die sein, die auf modernen Schnickschnack verzichten können. Aber nicht auf Snake.
Mal ernsthaft: Das Nokia 8110 im Überblick
Wir können uns während dem ganzen Dreh am ständig überfüllten Stand Nokias das Grinsen nicht verkneifen. Zu lustig ist das Phone, zu absurd sein Konzept und zu grossartig die Umsetzung. Das alles kombiniert führt dazu, dass wir lachen. Wir verhauen den ein oder anderen Take weil entweder ich oder Stephanie von der ansteckend guten Stimmung am Stand mitgerissen werden.
Das Nokia 8110 kann wenig, das dafür gut. Die 2 Megapixel starke Hauptkamera hinten läuft um einiges flüssiger als die des Nokia 3310 vom vergangenen Jahr. Keine Ahnung wieso, weil die 0.5 GB RAM lassen nicht wirklich viel zu. Andererseits muss das Phone auch keine Android- oder iOS-Distro laufen lassen, sondern KaiOS.
Viel zum 8110 gibt es nicht zu sagen, denn es kann eigentlich nicht wirklich viel und die Zeit am extrem gut besuchten Stand fehlt. Es liegt extrem leicht und gut in der Hand und macht irgendwie glücklich. Wir wollen etwa vier davon. Andere am Stand auch. Wir werden beim filmen gefilmt. Eine amerikanische Kamera-Crew klaut unseren «Banana Banana»-Singsang. Ich kann nicht aufhören, Knöpfe zu drücken.
Neu ist auch die Tatsache, dass das Phone mit dem Schieber vorne 4G-fähig ist. Das ist besonders für Smartphone-Muffel in der Schweiz interessant, denn 2G wird demnächst abgeschaltet. Wenn du dir also ein Nokia 3310 Dumbphone wünschst, aber das noch einige Jahre brauchen willst – höchstwahrscheinlich ohne das Ding jemals aufladen zu müssen – dann guckst du beim 2G-Tod in die Röhre. Mit dem 8110 aber nicht. Das bleibt noch auf unbestimmt.
Denn das 8110 mit seinen 117 Gramm Gewicht und seinem sich recht stabil anfühlenden Plastikcase scheint, genau wie der Feature-Phone-Trend, nirgendwo hin zu gehen.
Eine Marke feiert sich weiter
Mit der ausgelassenen und familiären Stimmung am Stand steht Nokia so ziemlich alleine da. Andere Stände machen auf ernst oder futuristisch und Nokia macht einen auf «Yo, wir sind wieder da». Am Stand herrscht mehr Party als Neugierde. Denn hier leben Totgeglaubte.
Auf dem Nokia 8110 läuft KaiOS, ein Betriebssystem, das auf der Basis des mittlerweile toten und begrabenen Firefox OS gebaut wurde. Das Operating System aus dem Hause Mozilla sollte bis 2015 ohne grossen Schnickschnack, schwere und teure Betriebssysteme alle modernen Inhalte auf einem Dumbphone darstellen können. Das hat nicht funktioniert und vor drei Jahren hat Firefox aufgegeben.
Doch genau wie Nokia nicht aufgegeben hat und als einziges weltbekanntes Produkt des Lizenznehmers HMD Global Oy wieder aus der Versenkung aufgetaucht ist, hat sich KaiOS aus der Asche des Feuerfuchses erhoben. KaiOS scheint zu funktionieren. So gut sogar, dass es im Ultrakurztest am MWC sich nicht wirklich gross von Symbian OS unterscheidet. Weder optisch noch von Handling her.
Kurz: Nokia sollte tot sein, lebt aber besser denn je. Firefox OS sollte tot sein, lebt aber besser denn je. Und die ganze Sache macht auch noch Spass.
Gut so.


Journalist. Autor. Hacker. Ich bin Geschichtenerzähler und suche Grenzen, Geheimnisse und Tabus. Ich dokumentiere die Welt, schwarz auf weiss. Nicht, weil ich kann, sondern weil ich nicht anders kann.