Produkttest

HTC Vive Pro: Diese Pixelpracht kommt dich teuer zu stehen

Mehr Pixel, mehr Komfort, mehr Geld. Letzteres kriegst du leider nicht mit der HTC Vive Pro, sondern musst du hinblättern. HTC und Valve verlangen ein stolzes Sümmchen für ihr VR-Upgrade. Ob sich das Investment lohnt?

Zwar nicht Version 2.0, aber doch ein klarer Entwicklungssprung ist die neue HTC Vive Pro. Für ein rundum überarbeitetes Modell war es offenbar noch etwas zu früh, trotzdem dürften viele VR-Fans sehnlichst auf dieses Upgrade gewartet haben. Leider müssen Early Adopters wie schon beim ersten Modell tief in die Tasche greifen.

Der wichtigste Unterschied zwischen der Pro und der Standard-Version ist die höhere Auflösung. Jeder, der zum ersten mal irgendeine der verschiedenen VR-Lösungen probiert, beklagt sich in der Regel über das verpixelte Bild. Ganz verschwindet dieses Problem auch mit dem neuen Modell nicht. Zwar kriegst du mit 2880×1660 Pixel statt 2160×1200 Pixel satte 78 Prozent höhere Auflösung, das Pixel-Raster ist damit aber weiterhin erkennbar. Dafür kannst du nun Schrift deutlich besser lesen, was zuvor eine echte Zumutung war. Mit 1440×1600 Pixel pro Auge ist die Auflösung nun sogar etwas höher als Full HD. Die Linsen besitzen ansonsten immer noch das gleiche Fresnel-Design. Das heisst, nur die Mitte deines Sichtfeldes ist richtig scharf. Die Wiederholrate von 90 Hz und das Sichtfeld von 110 Grad bleiben ebenfalls unverändert.

Die Vive Pro ist mit den bestehenden Vive-Controllern und dem Lighthouse-Tracking-System kompatibel. Allerdings hat die Linkbox andere Anschlüsse. Daher kannst du nicht deine bestehenden Kabel weiterverwenden. Die Linkbox wird mit einem proprietären Kabel mit der Vive verbunden und auf der anderen Seite per Mini-Displayport und einem USB 3.0 Type A am PC angeschlossen. Strom benötigt sie ebenfalls. Das sind immerhin zwei Kabel weniger.

Die Kopfhörer liegen angenehm auf den Ohren und besitzen Lautstärkeregler.
Die Kopfhörer liegen angenehm auf den Ohren und besitzen Lautstärkeregler.

Mehr Komfort

Die zweite grosse Neuerung betrifft das Design. Und ich meine damit nicht den blauen Anstrich. Das neue Kopfband sorgt für eine deutlich angenehmere Gewichtsverteilung. Auch bei schnellen Bewegungen hatte ich nie Angst, das Headset zu verlieren. Dazu trägt auch die zusätzliche flexible Hinterkopfstütze bei, die per Drehverschluss bequem angepasst werden kann – genau wie bei der PSVR. Wohl auch bei Sony abgeguckt, hat man sich das per Knopf vor- und zurückschiebbare Display, das vor allem Brillenträgern hilft. Zu guter letzt kannst du noch den Abstand der Linsen zueinander (IPD) mit einem Rädchen am Display verändern. Einen grossen Unterschied habe ich dabei nicht bemerkt und ich habe sogar extra wie von HTC beschrieben, meinen Augenabstand mit dem Lineal gemessen. Sah garantiert nicht blöd aus ;). Die Vive Pro ist ausserdem an der Nase besser abgedichtet, wodurch praktisch kein Licht mehr einfällt.

Die Design-Änderungen sind insgesamt ein willkommenes Upgrade. Nach längeren Zock-Sessions wirst du aber immer noch ein zerdrücktes Gesicht haben. Auch das grössere Gewicht (555 g statt 470 g) macht sich irgendwann bemerkbar. Spielzeiten wie sitzend vor dem PC erreiche ich damit nicht annähernd.

Wie beim Velohelm kann per Drehverschluss das Headset enger gemacht werden.
Wie beim Velohelm kann per Drehverschluss das Headset enger gemacht werden.

Die Vive Pro besitzt nun wie die Oculus Rift integrierte Kopfhörer, die sich hochklappen, verschieben oder bei Bedarf ganz abnehmen lassen. Auf der linken Seite kann zudem die Lautstärke geregelt sowie der Ton stumm gestellt werden. Die Soundqualität ist solide. Sie kann nicht unbedingt mit einem Highend-Kopfhörer mithalten, aber die Qualität überzeugt und der 3D-Sound funktioniert ebenfalls gut. Da es sich um Over-Ear-Kopfhörer handelt, schirmen sie nur wenig gegen aussen ab. So kriegt man aber wenigstens noch etwas von der Aussenwelt mit. Auch nach längerer Benutzung haben sie mir nicht unangenehm auf die Ohren gedrückt.

Zu guter Letzt hat HTC der Vive Pro noch zwei stereoskopische Front-Kameras spendiert. Der Vorgänger besass eine solche Kamera, die als Fenster zur Aussenwelt diente. Die Verzögerung war aber dermassen hoch, dass du besser einfach das Headset abgezogen hast. Abgesehen davon gab es praktisch keine Anwendungen, die von der Kamera Gebrauch machten und anders als bei Microsofts Mixed-Reality-Headsets dienen sie nicht zum Tracking. Die Lighthouse-Satelliten benötigst du also weiterhin.

Über dieses Rädchen kannst du den Linsenabstand einstellen.
Über dieses Rädchen kannst du den Linsenabstand einstellen.

Lass uns spielen

Mir stand für den Test unser neuer selbstgebauter Pracht-PC zur Verfügung mit einer GTX 1080Ti, Intel i7 8700k und Wasserkühlung. Diese Maschine liefert deutlich mehr Leistung als die Mindestvoraussetzung von einer GTX 1060.

Die gesteigerte Auflösung macht sich in praktisch allen Anwendungen unmittelbar bemerkbar. Das Bild ist zwar immer noch Meilenweit vom gestochen scharfen Auftritt eines PC-Monitors entfernt, aber auch fast so weit vom körnigen Anblick, den die alte VR-Generation an den Tag legt. Schrift ist klarer lesbar und Details generell viel besser auszumachen. «Doom VR» ist dafür ein gutes Beispiel, das mit der Vive Pro länger spielbar wird.

Die beiden Kameras erfüllen derzeit noch keinen Zweck.
Die beiden Kameras erfüllen derzeit noch keinen Zweck.

«Superhot VR», eines der besten VR-Spiele überhaupt, macht durch die höhere Auflösung Schüsse klarer erkennbar und lässt die minimalistische Grafik im Polygon-Stil noch besser zur Geltung kommen. 10 Sekunden dauerte es dabei übrigens, bis Kollege Martin Jud eine Schachtel umboxte und den dahinter stehende Monitor auch gleich umnietete. Das war zwar eher seinem Übereifer, als dem neu entdeckten Realismus zuzuschreiben, aber ich wollte es dennoch erwähnt haben ;).

«Thumper» ist ein weiterer Paradetitel, der in 2880×1660 Pixel wortwörtlich zu glänzen beginnt. Das abgespacte Design kommt so viel mehr zur Geltung und das Rhythmus-Action-Game wird so noch mehr zum Trip.

SteamVR passt seit dem letzten Update die Auflösung selbständig an die GPU an (manuell lässt sie sich selten anpassen), um die optimale Mischung zwischen Qualität und Leistung zu erbringen. In den meisten Fällen funktioniert das einwandfrei und gibt keinen Grund zur Klage. In «Fallout VR» allerdings triffts du damit selbst für einen Bethesda-Titel auf verwaschene Texturen. Das Deaktivieren der automatischen Auflösung bringt zwar ein schöneres Bild, dadurch wird das Spiel durch ständige Ruckler aber fast unerträglich. Hier muss wohl noch etwas nachgepatched werden.

Fazit: Viel Geld pro Pixel

Sieht zwar monströs aus, aber sitzt erstaunlich gut.
Sieht zwar monströs aus, aber sitzt erstaunlich gut.

Die Vive Pro birgt nicht viele Überraschungen. Du kriegst genau das, was du erwartest. Die höhere Auflösung ist ein klarer Mehrwert, der jedes VR-Erlebnis deutlich aufwertet. Die intergrierten Kopfhörer sind eine praktische Ergänzung und das neue Design sorgt für wesentlich besseren Komfort. Auch das Setup wurde etwas vereinfacht. Das aktuell beste VR-Headset auf dem Markt kostet allerdings auch einen Premium-Preis. Für annähernd 1000 Franken kriegst du nur die Brille. Controller und Tracking-System sind dabei nicht enthalten – und ein leistungsfähiger PC bleibt auch weiterhin voraussetzung. Wer das Geld hat, der wird sich über den Kauf freuen. Die breite Masse muss zur PSVR greifen oder auf eine Preissenkung warten.

Hinweis: Die erste Ladung der Vive Pro ist bei uns bereits ausverkauft. Die nächste Charge sollte aber bald eintreffen. Danach wird die Vive Pro nur noch als Bundle verfügbar sein.

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Als Kind durfte ich keine Konsolen haben. Erst mit dem 486er-Familien-PC eröffnete sich mir die magische Welt der Games. Entsprechend stark überkompensiere ich heute. Nur der Mangel an Zeit und Geld hält mich davon ab, jedes Spiel auszuprobieren, das es gibt und mein Regal mit seltenen Retro-Konsolen zu schmücken. 


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