Produkttest

Ein Dumbphone mit WhatsApp – das Smilyphone im Test

David Lee
28.6.2018

Auf WhatsApp wollen auch viele Fans von einfachen Mobiltelefonen nicht mehr verzichten. Smilyphone füllt diese Marktlücke. Doch das Gerät hat ein paar üble Nachteile.

Das Smilyphone der Schweizer Firma Movigo ist, zumindest auf den ersten Blick, ein klassisches Handy mit Zahlenblock, das aber WhatsApp beherrscht. Damit unterscheidet es sich von anderen Handys dieser Art. Der Slogan des Herstellers: «Connected. Not addicted.» Das klingt für mich nach einer sehr guten Idee. Ich melde mich freiwillig zum Testen.

Erster Eindruck

Auch die Feature Phones werden immer grösser. Das Smilyphone ist fast so gross wie mein 4,5-Zoll-Smartphone. Es hat eine recht klobige Kunststoffschale und ist damit dicker als mein Samsung Galaxy. Aber immerhin schmaler und leichter. Die Kunststoffschale und das leichte Gewicht machen das Gerät für Sturzschäden relativ unempfindlich.

Es wird sehr schnell klar, dass dieses Gerät kein Dumbphone im klassischen Sinne ist. Es beherrscht WLAN und GPS. Neben WhatsApp ist auch Facebook Lite installiert. Der 1.2-GHz-Dual-Core-Prozessor passt auch nicht so recht zu einem simplen Telefon, auch wenn heutige Smartphones natürlich mehr Leistung haben.

Das Telefon benutzt Micro SIM (mit dem heute gebräuchlichen Nano SIM brauchst du einen Adapter) und MicroSD. Angeblich bis 128 GB. Meine 64-GB-Karte von Transcend wurde aber nicht erkannt. Ein zweiter Versuch mit einer älteren 16-GB-Karte war erfolgreich.

Betriebssystem

Der Hersteller gibt als Betriebssystem auf der Webseite «Open source OS» und in den Spezifikationen «Proprietary OS» an. Ich habe bei Movigo nachgefragt, was das genau bedeutet, aber keine befriedigende Antwort erhalten. Es sei ein Open Source OS mit einem eigenen Overlay, das sie zusammen mit MobiWire (dem Hersteller aus Frankreich) entwickelt hätten. Mehr dürften sie nicht sagen.

Natürlich mussten für dieses Android-Derivat einige Dinge in der Bedienung angepasst werden, da das Telefon keinen Touchscreen hat. Genau hier hat das Gerät aber seine grössten Schwächen.

Die Bedienung per Zahlenblock

Erinnerst du dich noch an das Tippen von SMS per Zahlenblock? Und die Leute, die immer auf Schweizerdeutsch schreiben wollten, wo die T9-Wortergänzung nicht funktioniert? Wie mühsam das war?

WhatsApp funktioniert bekanntlich auch am Computer über den Web-Browser – aber nur, wenn das Telefon über die App verifiziert ist. Das ist hier der Fall und es funktioniert. Natürlich hast du nicht immer gleich einen PC zur Hand, aber immerhin – ein in vielen Fällen sehr nützlicher Workaround.

Es zeigt sich auch an anderen Stellen, dass das System zu wenig auf die Bedienung ohne Touchscreen angepasst wurde. Zum Beispiel gibt es in der Foto-Galerie keine Möglichkeit, in ein Bild reinzuzoomen. Normalerweise machst du das über Pinch-and-Zoom. Hier machst du es gar nicht. Dabei wäre es im Prinzip ganz einfach mit den Tasten nach oben/nach unten realisierbar – die haben nämlich in der Fotoansicht keine Funktion.

In der Musik-App ist die Bedienung okay. Hier lässt sich alles über die vorhandenen Tasten bedienen. Verlasse ich den Player und gehe zurück zum Home-Bildschirm, kommt ein Hinweis, dass ich mit der Taste oben links lauter und leiser machen kann. Spezielle Lautstärketasten auf der Seite hat das Gerät nicht.

Und sonst so? Nicht viel.

Fazit

Ich finde die Idee gut, die Umsetzung weniger. Das System ist in der jetzigen Form zu wenig auf die Zahlenblock-Bedienung angepasst – eine Wortergänzung bei der Texteingabe wäre das Mindeste. Auch sind die typischen Vorteile eines Dumbphones wie Miniformat und besonders lange Akkulaufzeit beim Smilyphone nicht gegeben.

Wenn du ein simples, billiges Telefon mit WhatsApp willst, schau dich mal bei den Touchscreen-Phones mit Android Go um. Android Go ist ein abgespecktes Android für einfache Smartphones. Da in Ländern wie Indien ein riesiger Markt dafür besteht, wird diese Idee wahrscheinlich noch länger intensiv weiterverfolgt.

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Durch Interesse an IT und Schreiben bin ich schon früh (2000) im Tech-Journalismus gelandet. Mich interessiert, wie man Technik benutzen kann, ohne selbst benutzt zu werden. Meine Freizeit ver(sch)wende ich am liebsten fürs Musikmachen, wo ich mässiges Talent mit übermässiger Begeisterung kompensiere. 


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